Am 08. Juni 2017 erschien der links untenstehende Artikel unter der Überschrift „Schlingnatter lähmt den Wohnungsbau“ in der FAZ. Daneben finden Sie den am 10.06.2017 an die FAZ versandten Leserbrief in Reaktion auf diesen Artikel, um einige unzureichende Aussagen des Artikels zu korrigieren bzw. zu ergänzen. Sowie ganz am Ende des Beitrages den Original-Leserbrief aus der Veröffentlichung der FAZ vom 19.06.2017 Nr. 139, S. 37.

Am 08. Juni 2017 erschien der Artikel „Schlingnatter lähmt Wohnungsbau“, von Oliver Bock. Er thematisierte eine geplante Änderung des Bebauungsplans (B-Plans) für ein Grundstück, das unmittelbar an Idsteins historische Altstadt grenzt. Die B-Plan-Änderung soll den Weg für die Errichtung zweier Flachdachbauten mit drei Wohnebenen plus Staffelgeschoß ebenen (nicht, wie im Artikel benannt, „zweieinhalb Geschosse“).

Das lokale Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ aus fünf verschiedenen Fraktionen, von denen drei in der Stadtverordnetenversammlung vertreten sind, sieht darin eine Bedrohung der denkmalgeschützten Altstadtsilhouette, die über das rein Ästhetische hinaus weitreichende Folgen haben wird, z.B. hinsichtlich der Stadtbelüftung, der Oberflächenwasserführung in die tallagige Altstadt sowie bzgl. des Wirtschaftsfaktors Tourismus. Diese realistische Befürchtung wird durch die unterstützende Unterschrift von mehr als 1.700 Bürgerinnen und Bürgern bekräftigt.

An dieser Stelle möchte das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ nur am Rande darauf hinweisen, daß der o.g. Artikel zum Teil ungenau recherchiert ist und bestimmte Tatsachen nicht korrekt wiedergibt.

  • Wichtig ist dem Aktionsbündnis allerdings, einige grundlegende Aussagen und ihre Interpretation richtigzustellen:
    Die Schlingnatter, deren Vorkommen in dem betreffenden Areal seit den frühen 1990er Jahren mehrfach in neutralen Datenbanken dokumentiert worden ist, gehört zu einer Gruppe von Tieren, die gemäß geltendem EU-Recht unter besonders strengen Schutz gestellt sind. Dieser gilt in seiner strengen Ausprägung ausdrücklich auch für Situationen der städtebaulichen Innenentwicklung, d.h. unabhängig von etwaigen ausgewiesenen Schutzgebieten.
  • Es ist daher nachgerade skandalös, daß während des nunmehr über zwei Jahre währenden B-Plan-Änderungsverfahrens keine der beteiligten Fachbehörden in den entsprechenden, auch durch sie akzessierbaren Datenbanken die dokumentierten Schlingnatternfunde recherchiert hat. Sie sind damit mindestens dem Sorgfaltsgebot nicht nachgekommen.
  • Die im Artikel benannten Funde von Häutungskleidern der Natternart aus den frühen 2000ern Jahren werden durch dokumentierende Datenbankeinträge, u.a. von Lebendtierfunden, aus den 1990er Jahren weiter in ihrer Brisanz gestützt. Herrn Bocks Feststellung, daß es manchem „merkwürdig“ erscheinen möge, daß die Häutungskleider in einer Zeit gefunden wurden, in der ein nahegelegenes Großbauprojekt umgesetzt wurde, ist nicht stichhaltig. Vielmehr ist es sogar naheliegend und plausibel, daß gerade in dieser Zeit Nattern durch das damalige Bauprojekt aus ihrem Habitat vertrieben wurden, statt ihnen den strengen von Recht und Gesetz geforderten Naturschutz angedeihen zu lassen.

Die Kritik von „Idstein wahrt sein Gesicht“ richtet sich daher eindeutig gegen die Fachbehörden, die hier – womöglich nicht zum ersten Mal – an höchst kritischer Stelle versagt haben; sowie gegen diejenigen Politiker der Stadtverordnetenversammlung, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen, das denkmalgeschützte historische Antlitz Idsteins nicht nachhaltig und schwerwiegend zu beschädigen.

Die Kritik des Aktionsbündnisses richtet sich dagegen ausdrücklich nicht, wie der Artikel suggeriert, gegen den Bauunternehmer Dietmar Bücher. Dieser wünscht zwar an der fraglichen Stelle die Erlaubnis, eine weder altstadtgemäße noch altstadtverträgliche moderne Flachdachbebauung umzusetzen; hat aber nicht die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis.

„Idstein wahrt sein Gesicht“ wird daher nicht nur bei diesem, sondern auch bei jedwedem vergleichbaren künftigen Projektbegehren – unabhängig von der Person des Bauherrn oder Investors – der behördlichen Sorgfaltspflicht genügendes und stadtpolitisch verantwortliches und nachhaltiges Handeln nachdrücklich einfordern.

Dr. Birgit Anderegg & Ursula Oestreich

Idstein