Idstein, 04. April 2024

 

DS 076/2024 Antrag Machbarkeitsstudie des wirtschaftlichen und energetischen Potenzials bei der Karbonisierung von Biomasse

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Beschluss:

Der Magistrat wird beauftragt, mit Unterstützung eines geeigneten Fachbüros eine Machbarkeitsstudie erstellen zu lassen, die Antworten auf die folgenden sechs Fragen gibt:
  1. Welche Anlagentechnik(en) und Verfahrensarten zur Karbonisierung von Biomasse sind aktuell verfügbar?
    – Beschreibung zum Stand der Technik und Darstellung der einzelnen Verfahren
    – Recherche und Aufstellung zu marktetablierten Anlagen verschiedener Hersteller
  2. Welche nutzbaren Biomassequellen sind vorhanden, und gibt es bereits lokale Akteure?
    – Erhebung und Zusammenstellung möglicher Biomassequellen im Gebiet der Stadt Idstein
    – Abschätzung der freien Stoffströme für eine Karbonisierung
    – Beschreibung möglicher lokaler Akteure
  3. Welche Verwendungsmöglichkeiten von Biokohle sind aktuell und zukünftig vorhanden?
    – Marktrecherche und Aufstellung von Einsatzgebieten der Biokohle
    – Beschreibung der aktuellen Gesetzeslage und geplanter Veränderungen
    – Darstellung möglicher Vertriebswege aus lokalen Produktionsstätten
  4. Welche Möglichkeiten zur Erzeugung von Negativemissionen gibt es?
    – Darstellung der Verfahren zum Generieren von Negativemissionen durch Biokohle
    – Beispielhafte Berechnung des Potentials der CO2-Bindung durch Karbonisierungspyrolyse (C-Senken-Potential)
  5. Welche CO2-Kompensation ist durch regionale Wertschöpfungszertifikate möglich?
    –  Analyse und Beschreibung bereits etablierter CO2-Kompensationszertifkate
    –  Darstellung eines möglichen lokalen Kompensationsmodells
  6. Welche mögliche Anwendungsfälle eröffnen sich?
    – Beschreibung mindestens eines realisierbaren Anwendungsfalls mit einer beispielhaften Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (kommunal oder interkommunal)
Ein Schwerpunktziel bildet dabei die Frage, wie die Karbonisierung von Biomasse die regionale Wertschöpfung stärken und regionale Stoffkreisläufe (ein)schließen kann.
Ein weiteres Ziel der Machbarkeitsstudie soll es sein, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Rheingau-Taunus-Kreis auszuloten.
Zur Finanzierung der Machbarkeitsstudie soll die Möglichkeit der Förderung durch das LEADER-Programm geprüft werden. Weitere benötigte Finanzmittel sollen dem Klimaschutz- und Innovationsfond entnommen werden.

 

Begründung:

Die Karbonisierung von organischem Material stellt einen effizienten Weg dar, um Biomasse wie Grünschnitt, holzige Reststoffe oder auch Haushaltsabfälle biologischen Ursprungs und Tierhaltungsreststoffe (z.B. Pferdedung) energieeffizient zu höherwertigen Produkten wie Torfersatz oder Pflanzen-/Biokohle, auch bekannt unter dem Namen „Terra Preta“,weiterzuverarbeiten.

Diese Produkte können dann wiederum regional vielfältigen Einsatz in der Bodenverbesserung (gerade auch von extensiv genutzten Flächen), im gärtnerischen Bereich oder als Ersatzbrennstoff finden, auch in kommunalen Anlagen grüner Fernwärme, die so einen wichtigen Beitrag zur kommunalen Wärmeplanung liefern können.

Entsprechende Verfahren zur Karbonisierung sind bereits vielfach technisch und im kommunalen Einsatz erprobt. Aufgrund des großen ökologischen wie ökonomischen Potentials („kommunale Wärmewende als Business-Modell“) ist aktuell ein hervorragender Zeitpunkt, um (auch über neuentwickelte Anlagen im Demonstrationsbetrieb) den kommunalen Einstieg in diese Technologie zu sondieren (siehe auch nachfolgende Links).

Gerade im Zuge der Notwendigkeit, Abfälle zu reduzieren, Kreislaufprozesse zu stärken und Abfälle einer stärkeren energetischen Nutzung zuzuführen, bietet die Karbonisierung ein großes Potential. Darüber hinaus können Kommunen eigene grüne Fernwärme sowie CO2-Zertifikate produzieren. Den Strom, den solche Anlagen für die Pyrolyse benötigen, können solche Anlagen dabei selbst herstellen.

Ein wichtiger zukunftsweisender Aspekt ist die Karbonisierung von Biomasse mit Blick auf die Notwendigkeit zur Erzeugung von Negativemissionen, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen und dauerhaft zu binden.

Fraunhofer Umsicht: Forschung und Entwicklung zu Pflanzenkohlen / Biokohlen durch Karbonisierung
Fraunhofer Umsicht: Projekt Interpyro
FR: Darmstadt: 200 Tonnen wertvolle Pflanzenkohle für die Umwelt
Was ist Pflanzenkohle?
European Biochar Certificate (EBC-Certificate): C-Senken (Deutsch)
Die kommunale Wärmewende als Business-Modell

Update KUBA vom 24.04.2024

Beschluss: zurückgestellt bis zum eigenen Wiederaufruf

Update StVV vom 16.05.2024

Beschluss: Nachdem der Antrag der FWG unseren Antrag aufgrund der Stellungnahme des Magistrats für erledigt zu erklären, mit 19 Ja-Stimmen, 22 Nein-Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt wurde, ist der Antrag bis zum eigenen Wiederaufruf vertagt.