Solidarität und Konsolidierung

ULI hofft auf einen Schuldenabbau für Idstein

 

Der aktuelle Ländervergleich unterstreicht die dramatische Finanzlage der hessischen Kommunen: Knapp die Hälfte der Kommunen im Land sind stark defizitär, was einer Pro-Kopf-Verschuldung entspricht, die in lediglich zwei Bundesländern noch höher ausfällt. Die in der Vergangenheit erfolgten Erhöhungen der kommunalen Steuern haben zwar zu kräftigen Mehreinnahmen, nicht jedoch zu einer Konsolidierung der Haushalte geführt: Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Defizite weiter um EURO 115 Millionen auf nunmehr EURO 18,2 Milliarden. Einhundert Städte, Gemeinden und Landkreise Hessens wurden so bereits unter den Schutzschirm des Landes gezwungen und haben tatsächlich   ihre Schulden seither durch verordnete Ausgabenreduzierung und Umstrukturierungen um 83 % abbauen können.

Der Preis, den die betreffenden Gemeinden zahlen müssen, ist allerdings eine Schutzschirm-bedingte massive Einschränkung selbstbestimmten Handelns.  Die ULI  will weder Zwangsbewirtschaftung noch Verlust von Selbstbestimmtheit für Idstein; sondern undogmatischen Pragmatismus, der die vorhandene Finanzkompetenz nüchtern dem obersten Ziel unterstellt, unsere Freiheit zur Gestaltung des städtischen Lebens Idsteins zu erhalten.

Angesichts des bereits für 2017 prognostizierten ansteigenden Zinsniveaus für kurz- wie langfristige Verpflichtungen ist der möglichst zügige Abbau der Idsteiner Schuldenlast von ca. EURO 80 Millionen oberstes Gebot. Haushaltspolitische Bemühungen, die sich weiterhin darin erschöpfen, über eine strukturkonforme Einnahmepolitik der kleinen Schritte die bestehenden großen Löcher zu stopfen,  können vor dem Hintergrund dieser absehbaren Zinsentwicklung nur scheitern.

Dazu braucht Idstein jedoch zwingend eine deutlich mutigere Haushaltspolitik, die die ausgetretenen und bequemen Wege verlässt und auch womöglich unpopuläre Maßnahmen nicht scheut:  Im Zuge einer überfälligen Strukturreform des Haushaltes darf auch die  Ausgabenseite, inklusive freiwilliger Leistungen der Stadt, nicht sakrosankt sein, sondern Einsparungspotenziale müssen identifiziert und notwendige Kürzungen mutig vorgenommen werden.
Wir Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sind dringend gehalten, solidarisch zu sein und uns unserer Verantwortung zu stellen; auch und gerade im Hinblick auf die junge Generation, der der Schuldenberg in nicht mehr allzu ferner Zukunft auf die Füße fallen wird und die dann wahrscheinlich keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten für unsere Stadt mehr haben wird, sondern übergeordneten Behörden die Entscheidungsbefugnis wird abtreten müssen.

Die Zeit der Geschenke, die wir alle gerne angenommen haben,  ist vorbei. Jetzt müssen wir  gemeinsam überlegen und entscheiden, wie wir die aufgelaufene Rechnung bezahlen können. Als Solidargemeinschaft, die in der Generationenverantwortung steht, werden wir alle uns zumindest von einem Teil der liebgewonnenen Zuwendungen der „fetten Jahre“ verabschieden müssen.

Die Stadtverordneten werden am 08.12.2016 in ihrer letzten Sitzung des Jahres über den Haushaltsplan 2017 entscheiden. Die ULI appelliert an ihre Weitsicht, Kompetenz und Gewissensverantwortung bei den anstehenden Entscheidungen, damit wir unsere schöne Stadt auch in Zukunft noch aktiv steuern und gestalten können.

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Original-Artikel der Idsteiner Zeitung vom 08.12.2016

Agile Verwaltung

Welche Aufgabenstellungen können mithilfe von agilen Ansätzen von den Praktikern in den öffentlichen Verwaltungen gelöst werden? In Zeiten steigender Komplexität, zunehmendem Kostendruck, Krisen wie Finanzkrisen oder Flüchtlingshilfe, Polarisierung der Gesellschaft, Vergreisung, Bürgerbeteiligung und Digitalisierung, ist es für Kommunen essientiell, Antworten zu finden.

Parallel zur in Wirtschaftsunternehmen bereits seit Jahren stattfindenden Demokratisierung und Agilisierung, lassen sich auch im Bereich der öffentlichen Verwaltungen erste Tendenzen erkennen. Im europäischen Ausland, sind die Niederlande und Schweden die beiden Vorreiter in Sachen „Agilität in der öffentlichen Verwaltung“. In Österreich und den Niederlanden beschäftigt man sich zunehmend erfolgreich mit der Soziokratie.

Das „Das Forum Agile Verwaltung“ plant für den Februar 2017 eine Konferenz, auf der Praktiker aus öffentlichen und Kirchenverwaltungen im deutschsprachigen Raum angesprochen werden sollen. Als Konferenzort ist Frankfurt am Main (oder Umgebung)  angedacht. Die Dauer ist auf einen Tag ausgelegt.

Im ersten Schritt geht es um eine Umfrage zu den Themen der Konferenz „Agile Verwaltung 2017“. Hier findet sich Interessantes wie „Selbstorganisation – Mehrwert und Nutzen“, „Silostrukturen:  Welche Transaktionskosten verursachen sie? Wie kann man sie überwinden?“, „Was bringt uns die „Digitale Verwaltung“?“ oder „Vision statt Vorgabe – Spielräume für adaptives agiles Arbeiten in nicht-agilen Umwelten“.

Man darf gespannt sein, ob die Idsteiner Verwaltung dort teilnimmt oder ob es nach dem Motto weitergeht „brauchen wir nicht, das bisherige hat sich bewährt und das haben wir schon immer so gemacht“. Hilfreich ist Horizonterweiterung in jedem Fall, auch im Hinblick auf die Gewinnung kompetenter Mitarbeiter für die öffentliche Verwaltung.

Es ist mehr als an der Zeit, die Dinge kritisch zu hinterfragen und zu verändern, um auch in Zukunft handlungsfähig zu sein – gerade in Idstein.