2020 – Ein etwas anderer Volkstrauertag

von 16. Nov 20202 Kommentare

Zu den Ritualen des Volkstrauertags gehört die Zentrale Gedenkstunde des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Bundestag. Ebenfalls werden in allen Bundesländern und den meisten Städten und Gemeinden Gedenkstunden mit Kranzniederlegungen durchgeführt. Das Sprechen des Totengedenkens durch den Bundespräsidenten ist ein elementarer Bestandteil, der auch den Sinn des Volkstrauertages vermittelt:

Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.

Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.

Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern,

und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.

Totengedenken

Nachdem in diesem Jahr alle öffentlichen Gedenkveranstaltungen corona-bedingt abgesagt wurden, entschlossen sich Bündnis90/Die Grünen und die Unabhängige Liste (ULI), in sehr kleinem Rahmen (unter Einhaltung der Corona-Verordnungen)  der Euthanasieopfer des Kalmenhofs während der Zeit des Nationalsozialismus zu gedenken.

Während des Gedenktreffens tauschten sich die Kommunalpolitiker:innen auch über das aus ihrer Sicht Notwendige zur Zukunft des Gräberfeldes und des ehemaligen Kinderkrankenhauses aus. „Auch wenn es keine Hinweise im öffentlichen Stadtbild gibt, so handelt es sich doch um einen Friedhof, an dem wir hier stehen“, stellt Ursula Oestreich (Vorstand der ULI) fest. „Wie soll es weitergehen, nachdem die Untersuchungen durch Georadar und Angrabungen abgeschlossen sind? Welche der Ergebnisse der Zukunftswerkstatt vom August 2019 werden nun realisiert?“, fragt Annette Reineke-Westphal (Bündnis90/Die Grünen).

Beide sind sich einig, dass es nun an der Idsteiner Stadtpolitik ist, aktiv die weitere Zukunft des Gräberfeldes und des ehemaligen Krankenhauses in die Hand zu nehmen. Den bislang nur dem Magistrat vorligende Abschlussbericht der Kalmenhof-Kommission, ist der Idsteiner Öffentlichkeit umgehend zugänglich zu machen, ist eine weitere Forderung der beiden Idsteiner Politikerinnen. „Nicht nachvollziehbar“, so schätzt auch Patrick Schauss (Vorstand Unabhängige Liste) die schon seit Jahren zögerliche Informationspolitik von LWV und Bürgermeister Herfurth ein. Er ergänzt, „dass es an der Zeit ist, dass sich die Stadt Idstein  voll und ganz ihrer geschichtlichen Verantwortung stellt, und sich für die Einrichtung einer eigenen Gedenkstätte in Idstein einsetzt.“ Es könne nicht sein, dass man nach Hadamar fahren müsse, um etwas über dieses politisch offenbar unliebsame Kapitel der Idsteiner Geschichte zu erfahren.

Konsens herrscht zwischen Bündnis90/Die Grünen und der Unabhängigen Liste, dass man sich auch weiterhin überparteilich engagieren wolle, um die notwendige Vergangenheitsbewältigung aktiv an einen nutzenstiftenden Idsteiner Gedenkort zu holen.

 

v.l.n.r.: Ursula Oestreich (Vorstand Unabhängige Liste), Annette Reineke-Westphal (Fraktionsvorsitzende Bündnis90/Die Grünen), Patrick Schauß (Vorstand Unabhängige Liste)