Am 19. September 2019 beschloss die Idsteiner Stadtverordnetenversammlung mit 25 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und einer Enthaltung, den Abwägungs- und Satzungsbeschluss des Bauleitplanverfahrens zum Bebauungsplan „Altstadtgärten“, Idstein-Kern.

Was auf den ersten Blick sperrig formuliert daher kommt, bedeutet, daß nun der Weg frei ist, einen Großteil der denkmalgeschützten Altstadtgärten in Parkplätze umzuwandeln in Konsequenz einer erheblichen Vergrößerung des Höerhofs durch einen modernen Erweiterungsbau. Was konkret geplant ist, kann man dem Satzungsentwurf entnehmen.

Das Verfahren zieht sich mehr als 10 Jahre hin. Sie haben am 23. Dezember 2019 Normenkontrollklage beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen den kürzlich gefassten Satzungsbeschluss eingereicht. Was bedeutet das konkret?

Konkret bedeutet dies, dass nun vom Verwaltungsgerichtshof geprüft wird, ob alle rechtlichen Rahmenbedingungen zum Erlass des neuen Bebauungsplans eingehalten wurden und die unterschiedlichen Interessen richtig abgewogen wurden. Wir sind der Meinung, dass dies nicht der Fall ist. Sollte unsere Rechtsposition vor Gericht bestätigt werden, so könnte der neue Bebauungsplan gekippt werden.

Ein solches Normenkontrollverfahren ist nicht nur langwierig, sondern auch mit 5-stelligen Beträgen verbunden. Wie finanzieren Sie sich?

Das ist leider richtig. Wir werden in ein sehr kostenintensives Verfahren gezwungen, um unsere Rechte wahrzunehmen. Nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung hat sich recht schnell eine Initiative von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zusammengefunden, welche bereit ist, mit eigenen privaten Mitteln eine gesicherte Grundfinanzierung zu gewährleisten. Nichtsdestotrotz sind wir auch noch auf weitere Unterstützer angewiesen. Wir sind hier optimistisch, dass weitere Bürgerinnen und Bürger die Klage unterstützen werden. Hierzu haben wir eine Crowdfunding-Aktion gestartet, unter welcher Spenden jeder Größenordnung herzlich willkommen sind.

Unterstützen Sie uns!

Sie beklagen, „dass die Stadt Idstein das Wohl der betroffenen Bürger nicht interessiert. Schriftliche Eingaben werden vom Tisch gewischt, Gesprächswünsche ignoriert.“ Was haben Sie während der Offenlage der Pläne unternommen, um bei den politischen Vertretern und der Stadt Idstein Ihre sicher validen Punkte vorzutragen, Lösungen zu erreichen und mit welchem Ergebnis?

In der Tat haben wir nicht abgewartet, bis Fakten geschaffen wurden. Die Fristen im Rahmen der öffentlichen Auslegung wurden mit fundierten Hinweisen zur Stellungnahme genutzt. Darüber hinaus wurden Gesprächsangebote an alle Fraktionen und involvierte Parteien gemacht. Leider war die Bereitschaft zum Dialog nur bei den Wenigsten vorhanden. Eine ernsthafte Befassung mit den Sorgen der betroffenen Anwohner sowie eine wirkliche Interessenabwägung war aus unserer Sicht nicht zu spüren. Somit sehen wir uns leider gezwungen, den juristischen Weg einzuschlagen.

Mit welchen Konsequenzen, die durch den Hotelneubau zu gewärtigen sind, rechnen Sie?

Es ist eine umfangreiche Erweiterung des bisherigen Hotel- und Restaurantbetriebes in ein Tagungshotel mit einer Verdreifachung der Bettenzahl sowie einer Dachterrasse angedacht. Neben der Zerstörung eines großen Teils der Altstadtgärten für Parkplätze wird die Altstadtsatzung teilweise außer Kraft gesetzt. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass der Neubau sich nicht in die historische Altstadt einfügt und die Sicht auf den denkmalgeschützten Altstadtkern erheblich beeinträchtigt wird. Der erhöhte An-, Abreise und Zulieferverkehr wird darüber hinaus zu einer erhöhten Belastung aller Anwohner führen und gefährdet darüber hinaus die Kinder auf dem Schulweg zur Limes- und Taubenbergschule. Die Umwidmung eines bisher allgemeinen Wohngebietes in ein Mischgebiet erlaubt des Weiteren höhere Lärmgrenzwerte. Hier ist mit einer deutlich erhöhten Lärmbelastung für weite Teile von Idstein zu rechnen.

In den Stellungnahmen zur Offenlage ist u. a. die Rede von „Gefälligkeitsplanung“ und „Etikettenschwindel“. Die Stadt Idstein stellt dazu fest, „Unbestritten sein dürfte ferner, dass auch ein Vier-Sterne-Haus wie der Höerhof eine Mindestbettenzahl benötigt, um im Wettbewerb mit den Beherbergungsbetrieben gehobener Qualität im Großraum Frankfurt-Wiesbaden/Mainz bestehen zu können.?“ Sehen Sie es als Aufgabe einer Kommune an, die Grundlagen für einen wirtschaftlichen Betrieb eines Beherbergungsbetriebes zu schaffen?

Wir bitten unsere Initiative nicht als Kampagne gegen den Höerhof zu verstehen.

Es kann allerdings nicht sein, dass Behauptungen wie „der Hotelbetrieb ist ohne Umbau zum Tagungshotel nicht mehr aufrecht zu erhalten und dadurch wird das historische Gebäude des Höerhofs verfallen“ oder „eine Tiefgarage ist aufgrund des Felsuntergrunds nicht möglich, da zu teuer“ ungeprüft durch die Stadtverordnetenversammlung hingenommen werden und unter dem „Deckmantel“ des Erhalts des denkmalgeschützten Höerhofs die denkmalgeschützten Altstadtgärten unwiderruflich zerstört werden und die Interessen vieler betroffener Anwohner keine Berücksichtigung finden. Wir sehen leider in den letzten Jahren eine sehr negative Entwicklung des einzigartigen Idsteiner Stadtbildes. Wir sagen: Hier reicht es jetzt! Entwicklung der Stadt Idstein, aber unter Erhalt der Altstadt und Erhalt der Altstadtgärten!

 

Wir bedanken uns herzlich für das interessante Gespräch, Herr Hartmann und hoffen auf einen für alle Seiten befriedigenden Verfahrensverlauf und -ausgang.