Kein Griff in die Tasche der Bürger: innen

Alljährlich um diese Zeit planen Verwaltung und Politik die Ein- und Ausgaben des kommenden Jahres. Hierbei wird der Haushalt der Stadt Idstein von seinem Eigenbetrieb, den Stadtwerken, betrachtet, die einen eigenständigen Wirtschaftsplan vorlegen. Dieser muss allerdings wiederum vom politischen Gremium der Stadtverordnetenversammlung genehmigt werden.

Zum Wirtschaftsplan 2023 gibt es in mindestens einem Punkt einen politischen Dissens, der allerdings nicht im öffentlich zugänglichen Protokoll abgebildet wird. Dort heißt es nur lapidar:

„Zu Beginn erfolgen Ausführungen zum Wirtschaftsplan 2023 durch Herrn Viehböck und Herrn Wilz. Es folgen Wortbeiträge und Fragen, die durch die Verwaltung beantwortet werden.“

Die erwähnten Wortbeiträge waren der Versuch der ULI einer politischen Debatte, auf die sich aber die große Mehrheit der Gremienmitglieder der zwei beratenden Ausschüssen nicht einließen. So wurde, durch Debattenblockade, eine politische Entscheidung getroffen, die im Zweifelsfalle nicht zum Wohle der Bürger:innen Idsteins ist.

Um was geht es genau?

Die ULI hat, wie bereits im letzten Jahr, dringlich dafür plädiert, die sogenannte Eigenkapitalverzinsung der Stadtwerke nicht zur Ausschüttung an die Stadt einzuplanen. Eine solche Ausschüttung kann man vornehmen, muss es aber nicht.

Wenn man ausschüttet, verringert sich der Eigenmittelbestand der Stadtwerke entsprechend, und zwar nicht unerheblich. In den beiden vergangenen Jahren wurden so jeweils ca. EUR 300.000 an die Stadt transferiert, was die Liquidität der Stadtwerke entsprechend schmälerte.

Nun argumentieren andere Fraktionen, durch die Natur der Stadtwerke als Eigenbetrieb sei eine Ausschüttung an die Stadt ein Nullsummenspiel. Das ist aus gleich mehreren Gründen unzutreffend:

„Bei ihrer Ausschüttung ändert die kalkulatorische Größe der Eigenkapitalverzinsung ihren Charakter“, erläuterte die Fraktionsvorsitzende der ULI, Ursula Oestreich, im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss. „Sie wird in dem Moment zu einem Gewinn im steuerlichen Sinne, d.h. beim Wechsel von der sprichwörtlichen rechten in die linke Tasche geht ein mittlerer fünfstelliger Betrag an zu zahlenden Steuern schlicht verloren.“

Des Weiteren ist geplant, den großen Sanierungsstau im Bereich Wasserversorgung ab 2023 durch die Stadtwerke anzugehen. So erfreulich und politisch wünschenswert dies ist, so ungünstig sind gleichzeitig die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Inflation, Kostensteigerungen im Baugewerbe, steigende Zinssätze verteuern die geplanten Maßnahmen. Je höher der Bestand an liquiden Mitteln bei den Stadtwerken ist und bleibt, desto weniger groß das Kreditvolumen, das teuer verzinst aufgenommen werden muss, um die geplanten Investitionen zu stemmen.

„Schon aus diesem Grund sollte kurz- bis mittelfristig den Stadtwerken keine Liquidität entnommen, sondern – ganz im Gegenteil – ein solider Bestand an Eigenkapital auf- und ausgebaut werden“, folgert Oestreich konsequent.„Denn schließlich sind die Rücklagen in erster Linie dafür da, die Gebührenzahlenden so gut wie möglich vor Gebührenerhöhungen zu schützen. Wenn wir die in der Vergangenheit regelhaft betriebene Ausschüttungspraxis in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation nicht beenden, zahlen unsere Mitbürger: innen am Ende eine hohe Zeche für das Handeln der Stadtverordneten.“

Die ULI spricht sich daher auch weiterhin klar gegen die regelhaft eingeplante und umgesetzte Ausschüttung der Eigenkapitalverzinsung aus.

Mini-Grünflächen für einen Tag

Mini-Grünflächen für einen Tag

Parking Day-Premiere wandelt Park- in Begegnungsraum

Am Samstag, 17. September 2022, wurden in der Schultze-Delitzsch-Straße für ein paar Stunden Parkplätze zu PARKplätzen, zu kleinen Mini-Grünflächen, die vielfältige Anregungen zu sozialen Begegnungen und Gesprächen für alle Altersgruppen boten.

Unser Vorstandsmitglied Dr. Birgit Anderegg, in ihrer Rolle als Sprecherin der Aktiven, die den internationalen Parking Day 17 Jahre nach seiner Weltpremiere nun auch nach Idstein holten, formuliert es so: „Wir haben einen Tag lang gezeigt, wie kreatives und generationenübergreifendes Miteinander entstehen kann, wenn ein Teil des Straßenraums wieder den Menschen zurückgegeben wird, statt nur von ihren PKWs zugestellt zu werden.“

Ein buntes Angebot führte augenfällig vor, wie viel grüner und bunter die Stadt schon durch die lediglich sieben Mini-Grünflächen würde, die am Parking Day beispielhafte Angebote machten: Vom entspannten Schaukeln in einer Hängematte, die die NABU-Ortsgruppe aufgespannt hatte, über Kinderspiele des Bürgergartens und Einradfahren und die gemeinschaftliche Bewegung bei der tänzerischen Ausdauersportart Aroha bis zur sehr gut angenommene (Vor-)Leseecke der Hexenapotheke gab es für mehr oder weniger Lebhafte eine große Bandbreite an Aktivitäten, die man normalerweise nicht gefahrlos in einer Straße durchführen kann. Das alles wurde umrahmt von der liebevoll gestalteten Dekoration, die alle Teilnehmenden vorgenommen hatten, so daß der Straßenrand für einen Tag zu einem kleinen grünen Park wurde.

Entsprechend gut kam die Aktion bei den Markbesucher:innen und vor allem bei den Anwohner:innen der Schultze-Delitzsch-Straße an. In zahllosen Gesprächen haben diese den Aktiven zurückgespielt, wie stark sie sich von dem – oftmals auch ordnungswidrigen – ruhenden und fließenden Verkehr in ihrer Straße belästigt und belastet fühlen. Viele hoben hervor, wie sehr sie es begrüßen würden, wenn die Schultze-Delitzsch-Straße regelhaft zur verkehrsberuhigten oder sogar zur Fußgängerzone würde.

Augenfällig dargestellt wurden diese Wünsche auch, indem viele unser ULI-Angebot wahrnahmen, das unter dem Motto „Mal Deine Stadt“ dazu aufrief, die eigenen Wünsche für Idstein großformatig aufzumalen. „Mehr Bäume, mehr Fassadenbegrünung und Blumenbeete, mehr Begegnungs- und Spielräume und – vor allem auch im übertragenen Sinne – mehr Weitblick, so kann man die Wünsche zusammenfassen, die in Wort und Bild vorgetragen wurden“, zieht Anderegg Bilanz.

Ein besonders herzlicher Dank gebührt der Firma Albert Weil und ihren Mitarbeitenden, die mit der unkomplizierten und freundlichen Übernahme der professionellen Absperrmaßnahmen einen wertvollen Beitrag zum Gelingen des Tages geleistet haben.

Auch wenn das Wetter nicht ganz optimal war, freuen wir uns, daß die Parking Day-Premiere in Idstein so erfolgreich war. Das motiviert uns sehr, auch im kommenden Jahr Idstein wieder auf der internationalen Parking Day-Landkarte zu platzieren – dann womöglich mit noch mehr Aktiven, so daß der städtische Begegnungs- und Kreativitätsraum noch ausgeweitet werden kann.

Ein Zeichen des Respekts für bürgerschaftliches Engagement

Ein Zeichen des Respekts für bürgerschaftliches Engagement

Im März 2021 haben die Idsteiner Wähler:innen vier ULIs als neue Fraktion in das Idsteiner Stadtparlament gewählt.

Bei unserer konstituierenden Sitzung haben unsere damals frischgebackenen ULI-Mandatsträger:innen sich eine Geschäftsordnung gegeben, die u.a. vorsieht, daß jedes Fraktionsmitglied mindestens die Hälfte der zukünftigen Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder der Wählergemeinschaft „Unabhängige Liste e.V.“ spendet, also dem Verein, der hinter der ULI-Fraktion steht (so, wie eine Partei hinter den Fraktionen von CDU, SPD, FDP oder Grünen steht).

Denn: Im Gegensatz zu Parteien oder auch Wählergemeinschaften wie den „Freien Wählern“ erhalten rein kommunal agierende Wählergemeinschaften wie die ULI keine staatliche Parteienfinanzierungen und müssen sich daher komplett aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren.

„Wir wissen, wie wichtig Spenden von Unterstützenden sind, die die Ziele eines politischen oder sonstigen Vereins mittragen. Daher verpflichtet unsere Fraktionsgeschäftsordnung die ULI, die einen Großteil unserer Sitzungsgelder von uns erhält, einen festgelegten Mindestanteil davon wiederum an einen örtlichen Verein oder ein Bürgerprojekt als ULI-Jahresspende weiterzureichen“, erläutert Ursula Oestreich, Fraktionsvorsitzende der ULI.

Dies stehe als Zeichen für das, was Oestreich als Eckpfeiler des moralischen Kompasses der ULI bezeichnet: „Wir reden damit nicht nur über soziales und bürgerschaftliches Engagement und Transparenz, wir handeln auch ganz konkret danach.“

Die erste Jahresspende der ULI ging an ein besonders herausragendes Projekt, dem die ULI besonders hohe Wichtigkeit für die Idsteiner Stadtgesellschaft bescheinigt.
„Das Mittelzentrum Idstein ist auf dem Weg, ein Hospiz zu bekommen. Ermöglicht haben dies Mitbürger:innen, deren privatem Engagement in dieser enorm wichtigen Angelegenheit unser uneingeschränkter Respekt gebührt. Daß wir das Projekt mit unserer ersten Jahresspende so großzügig wie unserer kleinen Wählergemeinschaft möglich unterstützen, ist uns daher eine freudvolle Selbstverständlichkeit“, sagt Arcangelo Lenz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, der seine soziale Expertise für die ULI im Ausschuß für Jugend, Kultur, Sport und Soziales einbringt.

Vorstandsmitglied und Kassenwartin Dr. Birgit Anderegg ergänzt: „Unser Stadtrat Joachim Mengden hat sich großzügigerweise in freiwilliger Selbstverpflichtung dem Spendenverhalten der Fraktion angeschlossen. Weiteren Mitgliedern und Freund:innen der ULI ist das Hospiz, für das unsere diesjährige Spende verwendet werden soll, ebenfalls so wichtig, daß wir letztlich unsere Jahresspende auf den runden Betrag von EUR 2.000 aufstocken konnten.“

Diese Summe haben am 5. September Mitglieder des ULI-Vorstandes wie der Fraktion an Dr. Doris Ahlers und Schatzmeister Dieter Wölfinger von der Hospizbewegung Idsteiner Land übergeben.

Dr. Ahlers, die dem Stiftungsbeirat der Hospizstiftung vorsteht, freut sich: „Alle Menschen sollen am Ende ihres Lebens medizinisch gut versorgt und liebevoll begleitet an einem guten Ort ihren letzten Lebensweg gehen dürfen. Das wollen wir in unserem Hospiz im Idsteiner Land realisieren. Die Spende der ULI bringt uns einen Schritt näher an dieses Ziel.“

Über € 3 Mio fehlen noch zur Realisierung des Hospizbaus.
Wenn möglichst viele dem ULI-Vorbild folgen mögen, schaffen wir das zusammen.
Denn auch viele kleine Spenden geben eine große Summe.
Laßt uns gemeinsam ein Hospiz für Idstein ermöglichen!

Agri-PV?! Bundes-„Ampel“ dafür – „Idsteiner Ampel“ dagegen

Agri-PV?! Bundes-„Ampel“ dafür – „Idsteiner Ampel“ dagegen

ULI-Antrag, sich mit Agri-PV informativ zu befassen, scheitert an Rot-Grün-Gelb

Mit dem gerade verabschiedeten sog. „Osterpaket“ reagiert die Bundesregierung politisch logisch auf das dringliche Gebot einer möglichst raschen Energiewende. Photovoltaik (PV)-Anlagen bleiben dabei einer der wichtigsten Bausteine. Durch die neuen Erleichterungen bei der Umsetzung von Freiflächen-Anlagen mit sog. Agri-PV-Modulen wird allerdings ein neuer Schwerpunkt gesetzt.

Die Unabhängige Liste (ULI) setzt sich bereits seit dem Aufstellungsbeschluß des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Solarpark Rosenkippel“ im Jahr 2020 mit dem Für und Wider von Agri-PV intensiv auseinander.

„Bei Agri-PV-Anlagen können die PV-Module senkrecht installiert werden. Das stabilisiert nicht nur unser aller Stromnetz, sondern erlaubt vor allem die weitere Bewirtschaftung von bis zu 90% der Ackerfläche, auf der die Anlage steht. Etwa alle 10 Meter wird, quasi als PV-Zaun, eine Modulreihe errichtet, üblicherweise mit Wildblumen untergrünt“, erläutert Patrick Schauß, ULI-Mitglied im Bau- und Planungsausschuß. Wasserhaushalt und Bodenstruktur bleiben, anders als bei den bislang geplanten herkömmlichen Modultischen, ungestört, ebenso wie die Aufflugmöglichkeit für jagende Greifvögel der Feld- und Offenlandschaft. Die Wildblumenstreifen heben dabei sogar den Biotopwert.

Foto: next2sun

Die bisherige Planung mit Modultischen führt laut ULI zu einem klar absehbarem Zielkonflikt: In seiner jetzigen Planung nimmt der debattierte „Solarpark Idstein“ immerhin 8,5 ha Ackerfläche für mindestens 20, womöglich bis zu 30 Jahren aus der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung.

„Je mehr landwirtschaftliche Fläche irgendwo verloren geht, desto intensiver werden die verbleibenden landwirtschaftlichen Flächen beackert werden müssen. Das steht den Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung klar entgegen“, warnt Schauß.

Während die Ampelkoalition im Bund den „Ausbau der Photovoltaik auf Freiflächen im Einklang mit landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz“ ganz ausdrücklich mit Agri-PV fördern will, haben sich in Idstein die „Ampel“-Parteien dagegen gesperrt, zum Thema Agri-PV auch nur Informationen einzuholen.

Die ULI hat ihren entsprechenden Änderungsantrag, mit dem Ziel, Verwaltung und Politik über das Für und Wieder der Agri-PV einen Informationseinstieg zu geben, bewußt so formuliert, daß er hinsichtlich des Ablaufes der Bauleitplanung für den „Solarpark Rosenkippel“ zeit- und prozeßneutral gewesen wäre.

„Leider reichte es nicht aus, daß CDU und FWG die Chance erkannt haben, die unser Antrag eröffnet hätte: Ohne das laufende Bauleitplanverfahren zu beeinträchtigen, wäre die politische Entscheidungsgrundlage für Umsetzungsoptionen und Vorhaben mit wirklich moderner, zukunftsfähiger und zielkonfliktfreier Photovoltaik verbessert worden“, bedauert Birgit Anderegg, die schon im Klima-, Umwelt- und Betriebsausschuß für die unverbindliche Prüfung von Agri-PV-Anlagen für den Rosenkippel geworben hatte. Die ULI hält dies für wichtig, um die Idsteiner Beiträge zur Energiewende klug vorzubereiten und effektiv umzusetzen. „Aus Berlin weht derzeit kräftiger Rückenwind für Agri-PV. Gleichzeitig wird er Vorhabenträgern, die sich der Agri-PV verschließen, sehr absehbarerweise ebenso kräftig ins Gesicht blasen“, ist Anderegg sicher. Sie hofft daher darauf, daß auch die Idsteiner Ampel im weiteren Verlauf der Bauleitplanung „Solarpark Rosenkippel“ ihre Ablehnung gegenüber ergebnisoffenen Informationen und Diskussionen zu Agri-PV aufgibt, ganz im Sinne ihrer Parteifreund:innen im Bund.

Versprochen – und Chance gleich wieder vertan?

Die SPD ist, wie auch die CDU, mit dem Versprechen eines sogenannten „On Demand“-Verkehrs (ODVs) für Idstein in den Wahlkampf 2021 gegangen. Verkürzt verbirgt sich dahinter das durchaus charmante Konzept eines Bussystems, das so eine Art „Rufbus ohne feste Linien, Zeiten und Haltestellen“ darstellt. Taunusstein und Limburg probieren dieses System bereits aus, bei dem ein dichtes Netz aus virtuellen Haltestellen von Bussen angefahren wird, die bei Bedarf bestellt werden können und in einem angenehm geringen Zeitfenster bei der nächstgelegenen virtuellen Haltestelle bestiegen werden können. Der Bus fährt einen dann, ggf. nach Aufnahme weiterer Passagiere, die einen Teil der Strecke gemeinsam haben, bis zur virtuellen Haltestelle, die dem Zielort am nächsten gelegen ist.

So weit, so attraktiv – vor allem in Zeiten, in denen die Linienbusse nicht oder selten fahren. D.h. vor allem auch in den Ortsteilen, von denen einer (Ehrenbach) ab dem nächsten Fahrplanwechsel durch genau gar keine Linienbuslinie mehr angebunden sein wird.

Nun haben aber beide Parteien, SPD wie CDU, verabsäumt, nach der Wahl auch wirklich schnell an die Umsetzung des Wahlversprechens zu gehen. Bereits in 2020 war die Neuausrichtung der bestehenden Stadtbuslinien, mit einigem analytischen Aufwand und nach externer Beratung durch Verkehrsfachleute, durch die damalige Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden. Daß mit der Fahrplanumstellung Mitte Dezember 2022 die Stadtbuslinien in der Kernstadt neu vergeben worden sein müssen, hätte eigentlich allen Fraktionen bekannt sein dürfen. Auch, daß es so etwas wie Ausschreibungsfristen gibt, ist nun wirklich kein Spezialwissen. Und so haben wir von der ULI uns schon seit dem späten Frühjahr, zunehmend irritiert, gefragt, wann denn wohl eine der beiden Parteien einen entsprechenden Antrag vorlegen würde – denn das dafür verfügbare Zeitfenster schloß sich rasend schnell, und einen eigenen Antrag vorzulegen hat die ULI, nach reiflicher Überlegung, aus politischem Anstand verworfen: Man geht nicht mit dem Wahlprogrammpunkt anderer „hausieren“.

On-Demand-Verkehr

Die Vorteile des on-Demand-Verkehrs sind vielfältig: Er ist spontan und digital buchbar, liefern Echtzeitinformationen über die Bewegung des Fahrzeugs und bietet durch eine Vielzahl von Haltepunkten einen sehr flexiblen Ein- und Ausstieg. Zunehmend werden auch autonome Kleinbusse erprobt, um durch den Wegfall des Fahrers potenziell Kosten sparen zu können. In Kombination mit Apps, die Informationen zu Umstiegen, Wartezeiten und Anschlüssen liefern, erhalten besonders ländliche und suburbane ÖPNV-Kunden durch On-Demand-Verkehre eine Möglichkeit, die letzte Meile zurückzulegen

Virtuelle Haltestelle

Eine virtuelle Haltestelle hat kein festes Schild, keine Bank oder Dach, wie man es von normalen Haltestellen kennt. Sie existiert nur im Datensystem.

Die virtuellen Haltestellen macht es dem Algorithmus leichter, Fahrgäste für eine Fahrt zusammenzuführen, denn sie werden ergänzend zu bereits existierenden „echten” Haltepunkten angelegt, um Fahrgäste von zusätzlichen, im Betriebsgebiet festgelegten Stationen abholen und absetzen zu können. Diese Haltestellen sind meistens so verteilt, dass sie nur wenige Gehminuten vom Ausgangspunkt des Fahrgastes entfernt und leicht zu finden sind.

So kam es zu dem bemerkenswerten Vorgehen der SPD, den ODV für Idstein-Kern über den  Magistrat einzubringen, wo der Vorschlag jedoch mit sehr deutlicher Mehrheit dagegen durchfiel. Alle politischen Gepflogenheiten ignorierend, brachte die Fraktion der SPD den Antrag jedoch einfach nochmal in die politischen Gremien ein. Mittlerweile auf den buchstäblich „letzten Drücker“ – und mitnichten als eigenes ausgearbeitetes Konzept, sondern als den Vorschlag, den der Betreiber, die Rheingau-Taunus Verkehrsgesellschaft mbH (RTV) selbst unterbreitet hat. Mithin ein Konzept, das vollständig aus der Sicht eines privatwirtschaftlichen Unternehmens entwickelt wurde.

Das ist legitim für eine derartige GmbH, sollte aber natürlich nicht die Hauptperspektive der Kommunalpolitik sein: Der öffentliche Personennahverkehr ist als Aufgabe der sog. Daseinsfürsorge zu sehen und muß daher natürlich berücksichtigen, daß solche Maßnahmen gemeinhin nicht, schon gar nicht primär, nach rein wirtschaftlichen Aspekten beurteilt werden können. Die infrastrukturelle Versorgung der Bevölkerung kostet nun mal etwas – wie uns ja beim Thema „Tournesol“ bis zum Abwinken gepredigt wurde (auch ein Schwimmbad kann in Kommunen wie unserer unter dem Gesichtspunkt der Daseinsfürsorge gesehen werden).

Leider hat die Antragstellerin SPD in den jeweils mehrstündigen Sitzungen zum Thema, eine davon kurz vor Weihnachten noch extra als Sondersitzung einberufen, leider überhaupt nichts zur der mühevollen Diskussion beigetragen, in der außer unserem KUBA-Mitglied Dr. Birgit Anderegg vornehmlich Peter Zimmer (CDU) und Patrick Enge (Bündnis 90/Die Grünen) darum gerungen haben, aus der guten Idee des ODV auch einen guten Antrag für eine gute ÖPNV-Lösung für Idstein werden zu lassen.

Am Ende hätte es eine Lösung geben können, die dem ODV die Chance gegeben hätte, die er verdient hat: Auch ohne vorherige Analyse der Akzeptanzparameter der Fahrgäste langsam zu wachsen und sich stetig zu etablieren, durch sensibles Nachjustieren der Stellschrauben in einer mehrjährigen Testphase, die jedoch nicht die Qualität der gesamten Busversorgung in Idstein-Kern beeinträchtigt, egal, wieviele Kinderkrankheiten das System erwartbarer- und natürlicherweise mitbringen mag.

ULI und Bündnis 90/Die Grünen haben dies mit einem entsprechenden gemeinsamen Änderungsantrag angestrebt, eben gerade weil der ODV eine Chance haben soll, schon, um ihn auch so bald wie möglich in die Ortsteile zu bringen, wo er sein volles Potential viel eher entfalten kann als in der Kernstadt.

Statt also die ÖPNV-Grundversorgung bei dem bewährten System des Linienbusverkehrs zu belassen, der durch ODV ergänzt wird, stützte die Mehrheit aus CDU, SPD und FWG am Ende den von der SPD vorgeschlagenen Paradigmenwechsel. Die Kernstadt wird nun also ab Mitte Dezember grundsätzlich vom ODV bedient, der andernorts aus sehr guten Gründen zunächst eine Pilotphase durchläuft. Idstein jedoch setzt voll und ganz auf ODV als Rückgrat der Busverbindungen in der Kernstadt, nur in den Stoßzeiten durch einen Linienverkehr ergänzt.

Dieses schlecht kalkulierte Risiko birgt die Gefahr in sich, nicht ausreichend gut zu funktionieren. Damit ist schon heute absehbar, daß es leider eine gute Wahrscheinlichkeit dafür gibt, daß nach der Ausschreibungsphase von 4 Jahren das gesamte System als ungeeignet beurteilt wird und es daher nie dorthin schafft, wo es hingehört: in die Ortsteile.

Insofern ist umso erfreulicher, daß wir es zumindest geschafft haben, mit unserem Änderungsantrag zu bewirken, daß schon jetzt für sämtliche Ortsteile Idsteins geprüft wird, welche finanziellen und logistischen Anforderungen ihre Anbindung an den ODV stellen würde.

Es bleibt so die Hoffnung, daß eine solche Ortsteilanbindung weniger mit der heißen Nadel unter Zeitdruck genäht werden muß und eine politische Entscheidung nicht wieder ohne tragfähige  Fakten- und Datenbasis getroffen wird.

Denn Politik sollte nicht zum Erfüllungsgehilfen privatwirtschaftlicher Unternehmen werden, wie es hier leider geschehen ist, da – wie die CDU es ausdrückte – eine Entscheidung getroffen wurde, die sich auf die fachliche Expertise der RTV verläßt; trotzdem viele Schwachstellen und Lücken von den Mandatsträger:innen erkannt, benannt und sogar mit Heilungsoptionen versehen wurden.