Digitale Ethik Teil 1

von 07.11.190 Kommentare

Unsere lose Serie über die Aspekte der Digitalisierung starteten wir mit der ersten Folge zum Thema: Freifunk, der demokratische Zugang.

Heute geht es weiter mit dem Thema Digitale Ethik. Klingt erstmal ein bisschen trocken, aber lesen Sie selbst.

Das Wort „Ethik“ allein steht für moralische Grundsätze, ungeschriebene Regeln für das menschliche Miteinander und Zusammenleben. Im Alltag ist das meist bekannt und funktioniert recht gut, schließlich lernt man das in der Familie, von den Eltern und auch in der Schule.

In Verbindung mit „Digital“ kommt ein ganz neuer Faktor dazu. Durch das Internet und SocialMedia erweitert sich unser soziales Umfeld und Miteinander deutlich und wesentlich rasanter als „offline“.

Das Internet kann man in dem einen oder anderen Aspekt ein wenig als den „Wilden Westen“ bezeichnen. Es gibt ein Grundgerüst an Regeln und Gesetzen, die meistens auch funktionieren. „Meistens“ ist hier aber recht dehnbar ausgelegt. Jeder wird im Internet schon mal eine schlechte Erfahrung gemacht haben, die im Alltag so nicht passiert wäre.

Der Umgangston ist wesentlich rauer, Beleidigungen sind an der Tagesordnung, man wird mit schlechten Nachrichten überflutet, die Wahrheit bleibt oft auf der Strecke oder ihr wird eine niedrige Priorität zugeordnet, man muss sehr vorsichtig sein, um nicht irgendeinem Betrug zu erliegen. Die Liste ließe sich noch länger fortführen.

Jeder wird auch mal das Wort „Datenschutz“ gehört haben und sich mehr oder weniger Gedanken darüber angestellt haben. Das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ steht angedeutet in unserem Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG das sogenannte allgemeine Persönlichkeitsrecht) und explizit in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Um die Hintergründe und die Bedeutung dieses komplexen Themas komplett zu verstehen, muss man schon Fachmann sein.

Zwei einfache Beispiele aus dem Alltag. Sie wollen, dass Ihnen niemand in die Wohnung schauen kann, also ziehen Sie die Gardinen zu oder lassen die Rollläden herunter. Lästigen Vertretern und Klinkenputzern schließen Sie einfach die Tür vor der Nase oder legen den Telefonhörer auf. Im Internet ist das nicht so einfach.

Kommen wir wieder zum Wilden Westen zurück. Man denkt an Cowboys, Postkutschenüberfälle, Goldgräberstädte und den allgemeinen Goldrausch mit all seinen Facetten. Damaliges Zahlungsmittel waren Goldmünzen, wer viele davon hatte war reich, und hatte Macht.

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Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Schutz personenbezogener Daten

(1)   Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2)   Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.

(3)   Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.

Das Gold des Internets sind Daten. Ihre persönlichen Daten, Informationen über Sie und Ihr Leben. Jetzt werden die Begriffe „Datenschutz“ und „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ langsam etwas greifbarer.

Auch das Wort „Daten“ verdient es, in diesem Zusammenhang mal etwas genauer betrachtet zu werden. Die Definition aus dem Duden ist etwas holprig:

(durch Beobachtungen, Messungen, statistische Erhebungen u. a. gewonnene) [Zahlen]werte, (auf Beobachtungen, Messungen, statistischen Erhebungen u. a. beruhende) Angaben, formulierbare Befunde.

Duden

Es ist nicht so leicht, damit etwas anzufangen, daher ein paar Beispiele für persönliche Daten:

Ihr Geburtsdatum, Kontaktdaten wie Adresse oder Telefon/Handynummer, Ihre finanziellen Mittel, wo Sie etwas zuletzt eingekauft haben („Haben Sie eine Payback-Karte?“), Ihr Bewegungsmuster, Ihre Patientenakte/n, wer Ihre Freunde und Familienmitglieder sind, wie und wie oft Sie mit ihnen kommunizieren, wann Sie wie schnell mit Ihrem Auto wo hin gefahren sind, welche Webseiten Sie wann und in welcher Reihenfolge aufgerufen haben, sämtliche Banküberweisungen, Ihr Musik- und Filmgeschmack, Ihre Vorstrafen (sofern vorhanden), nach welchen Begriffen Sie wie oft im Internet gesucht haben, die Inhalte(!) Ihrer Emails und Nachrichten auf Ihrem Handy, Ihre Passwörter und zu guter Letzt auch Ihre persönlichen Gespräche in Ihren eigenen vier Wänden.

All das sind Daten, teils sehr persönliche Daten.

Kleine Goldnuggets, fette Goldbarren oder gar Diamanten.

Es ist unethisch und moralisch falsch, solche Daten ohne Ihr Wissen und Ihre Zustimmung zu sammeln, weiterzugeben oder gar zu stehlen.

Ich würde eher meinen Haustürschlüssel abgeben als meine Passwörter.

Allerdings passiert das im Internet täglich, in jeder Sekunde, wenn Sie Ihre Emails abrufen oder eine App auf Ihrem Handy starten. Deswegen ist es längst überfällig, dass in der Gesellschaft und Politik über dieses Thema gesprochen wird.

 Im Nächsten Teil tauchen wir etwas tiefer in das Thema Digitale Ethik ein.