Genauso wie sich die Unabhängige Liste (ULI) seit geraumer Zeit intensiv mit dem Stadtentwicklungskonzept „Idstein 2035“ beschäftigt, stellen die Idsteiner Bürger:innen ebenfalls eigene Gedanken an. Ein solcher Gedankengang erreichte uns, und ist nachfolgend zu lesen.
War da nicht etwas von Erderwärmung, erhöhter CO2 Ausstoß, Überschwemmungen, Klimaveränderung, weltweiter Waldvernichtung, Trinkwasserknappheit, die nahezu alle deutschen Ballungsräume erfasst hat?

Angesichts dieser dramatischen Umwelt- und Klimaveränderungen ist der im Stadtentwicklungskonzept „Idstein 2035“ vorgesehene – und von Nabu und BUND zu Recht kritisierte – weitere Flächenverbrauch von rd. 60 ha Wohnungsbau- und 24 ha Gewerbeflächen ökoklogisch unverantwortlich. Auch der mit dem Bauen verbundene Ressourcenverbrauch – Ressourcen die wir schon heute nicht mehr haben – wird hierbei gerne von der Politik ausgeblendet. Ziel muss es sein, den Flächenverbrauch auf null zu reduzieren.

Bereits heute werden in Deutschland „täglich“ 540.000 qm (76 Fußballfelder) und in Hessen 26.000 qm Natur für Straßen-und Siedlungsbau zubetoniert und unwiederbringlich zerstört. Hierbei handelt es sich oftmals um beste landwirtschaftliche Flächen, die dieser und somit unserer Lebensgrundlage entzogen werden. Stellte nicht Cem Özdemir angesichts des russischen Angriffskriegs soeben fest, „ dass wir uns nie wieder so abhängig machen (dürfen), dass wir erpressbar sind“?

Auch handelt es sich um Flächen, die als Naherholungsgebiete der Bevölkerung dienen und von dieser dringend benötigt werden. Speziell in einer Metropolregion wie Rhein-Main, in der bereits heute schon rd. 1.600 Menschen pro qkm leben. Menschen, die täglich aggressiver werden, in der die Infrastruktur (spez. Verkehr) mit jedem weiteren Neubaugebiet zunehmend kollabiert, in der bereits heute schon die Wasserversorgung der Menschen primär nur durch Fremdbezug bzw. Abpumpen von Wasser aus dem Vogelsberg-Spessart, dem Hessischen Ried und Rheinwasser sichergestellt werden kann (Idstein bildet mit rd. 50% Fremdbezug keine Ausnahme. Exkurs: Vorgesehene 2.500 Neubürger = 300.000 Liter Trinkwasser täglich zusätzlich. Noch mehr abpumpen in Fremdregionen?).

Vor diesem Hintergrund sind weitere großflächige Ausweisungen von Neubaugebieten (s.a. Michael Wicke, Architects of Future, über die Baupolitikpläne der Ampelkoalition) in Ballungsräumen, die nahezu durch alle Städte und Gemeinden im Rhein-Main-Gebiet in erschreckendem Ausmaß erfolgt (hierbei ruhig einmal auch einen Blick über den Tellerrand wagen) oder in der Planung sind, ökologisch unverantwortlich und auch ökonomisch kritisch zu hinterfragen. Weder verfängt das Argument des Siedlungsdrucks, noch dass mit mehr Steuerzahlern die teure Infrastruktur bezahlt werden kann. Ist es doch gerade die Bevölkerungszunahme (hier: durch neue Wohngebiete), die die Kosten für die technische und soziale Infrastruktur der Kommunen exorbitant in die Höhe treiben lassen.

Bleibt zu hoffen, dass angesichts dieser Entwicklung das Problembewusstsein der Entscheidungsträger wächst und diese erkennen, dass bei einem „weiter so“ in Bezug auf Flächen- und Ressourcenverbrauch mit jedem neuen Tag sie ihre eigene Lebensgrundlage und die ihrer Familien und die der Bürger:innen ein weiteres Stück zerstören. Auch Letztere müssen neben der Politik erkennen, dass es ein weiter so nicht geben kann.

Clauss Tiemeyer

Idstein