Generationengerechtigkeit darf kein Wahlkampfopfer sein
Alle Jahre wieder steht am Ende des Kalenderjahres die politische Debatte um die Haushaltsplanung für das kommende Jahr.
Alle Jahre wieder wird, zunehmend intensiv, um gute Lösungen gerungen, denn die noch zu Beginn der Wahlperiode recht ansehnlichen Rücklagen der Stadt Idstein schwanden über die Jahre 2021 – 2024 dahin.
Und alle Jahre wieder versuchen die Fraktionen des Stadtparlaments natürlich, für diejenigen Aufgaben der Öffentlichen Hand Schwerpunkte zu setzen, die sie je nach eigener politischer Sichtweise als besonders wichtig für die Zukunftsfähigkeit der Kommune ansehen.
Wenn jedoch, wie in der vorläufigen Planung am Beginn diesjährigen Debatte, die Kassen auf dem Papier so leergeräumt sind, dass gerade noch EUR 30.020 in den außerordentlichen Rücklagen verbleiben, dann ist das Gebot der Stunde für alle Mandatsträger:innen, über die Fraktionsgrenzen hinweg: Sparen!
Oder zumindest sollte das für alle im Vordergrund stehen. Was es, auch indirekt, für Risiken birgt, wenn dieses Gebot missachtet wird, hat unsere Fraktionsvorsitzende Ursula Oestreich in ihrer Haushaltsrede sehr deutlich herausgestellt.
Ein jeder Haushaltsplan steht unter der obersten Prämisse der finanziellen Generationengerechtigkeit. Das bedingt zwingend „eine verantwortungsvolle und nachhaltige Finanzpolitik in der Gegenwart […], um die finanzielle Freiheit künftiger Generationen zu gewährleisten“, wie man beim Statistischen Bundesamt im Detail nachlesen kann.
Wie die Fraktion der SPD in diesem Kontext auf den Gedanken kommen konnte, den vorgeschlagenen Grundsteuer-Hebesatz derart zu senken, dass die Aufkommensneutralität gegenüber den Vorjahren nicht gewährleistet ist, hat sich wohl nur ihr erschlossen. Es wäre politisch fahrlässig, bei derart auf Kante genähtem Haushaltsplan auch noch eine der wenigen Einnahmequellen, die Grundsteuern, so zu senken, dass die kommunalen Einnahmen unter diejenigen der Vorjahre fallen.
Das hat unser Fraktionsmitglied Dr. Birgit Anderegg in ihrer Reaktion auf den SPD-Antrag auch sehr deutlich gemacht, so dass es für ihn vernünftigerweise keinerlei Unterstützung gab.
Womöglich fiel ja der Vorstoß der SPD unter die Stichworte „Wahlkampf“ oder sogar „Wahlversprechen“, die der ULI auch bei anderen Anträgen in den Sinn kamen: Wer auf Bundesebene um Wähler:innenstimmen kämpft, der agiert auch auf kommunaler Ebene entsprechend.
Selbst angesichts des faktisch fehlenden Raums für freiwillige finanzielle Leistungen der Kommune haben die wahlkämpfenden Parteien den Kopf vor dem Unvermeidlichen in den Sand gesteckt: Strikte finanzielle Einsparungen oder sogar Streichungen – Fehlanzeige. Wer mag schon nüchtern darlegen, wie wenig großzügig die Öffentliche Hand nur noch sein kann, wenn man im Februar als die attraktivste Partei erscheinen will?
Der Forderung der CDU, auch in 2025 den EMIL-Fahrpreis massiv zu subventionieren, mochte daher auch nur die ULI etwas entgegensetzen. Selbstverständlich versuchen auch wir, den ÖPNV für Nutzer:innen möglichst kostengünstig zu gestalten. In mageren Zeiten wie den aktuellen ist ein Budget von EUR 80.000 – 85.000, die die städtische Bezuschussung des EMIL-Fahrpreises mindestens kostet, aber schlicht nicht mehr darstellbar. Sehr bedauerlich, dass außer der uns niemand bereit ist, diese bittere Wahrheit ehrlich in der Bevölkerung zu kommunizieren.
Haben die vorgenannten Anträge von SPD und CDU als „Wahlgeschenke“ noch eine gewisse Logik, bleibt komplett unverständlich, warum der Betrag von satten EUR 400.000 für die Erweiterung des Wohnmobilhafens nicht nach 2026 verschoben wurde, wie von der ULI beantragt:
Auch wenn wir uns der jubilierenden Stimme der Grünen zu diesem „Vorzeigeprojekt“ ja durchaus im Prinzip anschließen, so hat die Verwaltung klar und deutlich bestätigt, dass das Erweiterungsprojekt erst in 2026 begonnen werden wird. Warum also wollen die anderen Fraktionen diesen Betrag ausdrücklich schon im Haushalts 2025 einplanen? Nun kann natürlich ein großes (aber unnötig eingeplantes) Budget Ende 2025 auch als Ausweis vermeintlicher Sparsamkeit deklariert werden: „Schaut her, wie gut Bürgermeister und Verwaltung gewirtschaftet haben: Haben wir doch tatsächlich am Jahresende EUR 400.000 weniger als geplant ausgegeben.“ – Die ULI mag ein Schelm sein …
… für uns sieht echte Sparsamkeit für echte Generationengerechtigkeit anders aus:
Wir freuen uns sehr, dass wir es geschafft haben, ein längst überfälliges und der Dorfgemeinschaft von Lenzhahn schon in der letzten Wahlperiode zugesagtes Projekt jetzt endlich auch budgetär auf Schiene gesetzt zu haben: Für das komplett marode Lenzhahner DGH ist durch Initiative der ULI nun eine Summe von EUR 150.000 im Haushalt 2025 vorgesehen, um die Planung und Umsetzung von DGH-Sanierung/-Neubau nun endlich zu initiieren. Und das, ohne dass diese Summe dem Haushalt 2025 aufgebürdet wird; sie wird statt dessen aus dem Haushalt 2024 übertragen.
So sieht Generationengerechtigkeit nach ULI-Lesart aus:
Ohne den Haushalt, und damit die finanzielle Handlungsfähigkeit kommender Generationen, über Gebühr zu belasten sehr konkrete Projekte politisch und finanziell ermöglichen, von denen (auch) die Jugendlichen umgehend und direkt profitiert, indem sie hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft in einen neuen (oder frisch schimmelsanierten) Jugendraum einziehen können.
Endllich mal eine inhaltsvolle Haushaltsrede. Und keine Schaufensterrede, wie leider politisch immer öfter üblich.
Ich bin stolz auf euch!!