Kostenlos und sicher ist: Freifunk

von 01.05.190 Kommentare

Die Stadt Idstein hat nun auch die Zeichen der Zeit erkannt und will bis Ende Mai 2019 eine „kostenlose und attraktive WLAN-Infrastruktur“ in zentralen Bereichen aller Idsteiner Stadtteile und der Altstadt zur Verfügung stellen.

Wie heißt es so schön? Idee gut, Umsetzung mangelhaft.

Die Idee, gerade für Orte mit mangelhaftem Netzausbau so etwas zur Verfügung zu stellen, ist auf jeden Fall lobenswert. Es ist zeitgemäß und belebt die zentralen Plätze. In Nachbarländern gibt es so etwas schon seit Jahren und es fördert die Attraktivität.

Bei der geplanten Umsetzung gibt es einige Punkte, die genauer zu beleuchten sind. Das Timing zum Bürgermeister-Wahlkampf deutet auf einen gewissen politischen Aktivismus hin. Das Thema „freies WLAN für Idstein“ ist durch die Freifunker-Community im Rheingau-Taunus schon vor drei Jahren angesprochen worden. Fertige Konzepte wurden vorgelegt, Kostenmodelle und komplette  Einkaufslisten für die Stadt Idstein angefertigt. Allein, die Stadtverordnetenversammlung reagierte ablehnend vorgeblich aus Kostengründen.

Die Unabhängige Liste treibt das Thema Freifunk in Idstein seit dem Sommer 2018 erneut intensiv voran. In der Kernstadt sowie Eschenhahn und Oberauroff sind Freifunk-Router installiert bzw. werden in den nächsten Wochen installiert. Mit Heftrich, Nieder-Oberrod und Kröftel wurden erste Gespräche geführt. Die Gemeinde Waldems verzichtet aus Kostengründen auf die Digitale Dorflinde und setzt stattdessen in Zusammenarbeit mit der Unabhängigen Liste auf die Freifunk-Lösung.

Schon wenn man sich das Thema Kosten etwas genauer anschaut, sieht man, dass die Digitale Dorflinde, die nun alternativ umgesetzt werden soll, schnell zum teuren Premiumgewächs wird. Denn: Die einmaligen und monatlichen Gebühren für den Internetanschluss muss die Stadt Idstein selbst zahlen. Ebenso muss die Stadt die Kosten für möglicherweise notwendige Verkabelung, Stromzuführung und weiteres zahlen. All das ist Voraussetzung dafür, dass das Angebot „Digitale Dorflinde“ überhaupt genutzt werden kann.

Wenn das alles geklärt und erledigt ist, pro Dorflinde-Hotspot ein Interanschluss läuft, vom Elektriker Netzwerkkabel aufs Dach des jeweiligen DGH gelegt worden sind, dann darf man sich pro Kommune maximal 10 WLAN-Hotspots (handelsübliche Outdoor-Accesspoints) fördern lassen. Für die Ersteinrichtung eines Hotspots lässt sich der Drittanbieter(!) vom Land Hessen dafür bis zu 1.000€ zahlen. Aus Steuergeldern, wohlgemerkt.

Drittanbieter, Sie haben richtig gelesen. Mit im Boot ist die deutsche Tochter einer österreichischen Firma (www.free-key.eu) welche die Infrastruktur stellt und wartet. Außerdem schaltet sie eine Landingpage davor, auf der die AGB von free-key zu akzeptieren sind. In den AGB der Digitalen Dorflinde steht unter §9, dass free-key natürlich einige individuelle Daten speichert. Wer zu welchem Zweck Zugriff auf welche Daten hat, bleibt unklar.

Auch beim Freifunk, der fast kostenfreien Alternative, die die Stadt ablehnte, ist ein Internetanschluss Voraussetzung. Irgendwo her muss das digitale Trinkwasser ja kommen. Und für eine digitale Mitfahrgelegenheit muss zumindest ein Transportmittel da sein. Allerdings kann man für die Kosten, welche die Digitale Dorflinde je Hotspot veranschlagt, ca. 12-15(!) Freifunk-taugliche Outdoor-Accesspoints anschaffen. Folgekosten? Abgesehen von Stromverbrauch keine!

Die Vorteile von Freifunk liegen allerdings nicht nur auf der Kostenseite. Auch hinsichtlich des Datenschutzes punktet Freifunk klar. Keine Landingpage, kein Anmeldezwang und keinerlei(!) Datenspeicherung. So muss ein freier und sicherer Internetzugang heute aussehen.

Ebenso ist der soziale und ehrenamtliche Aspekt von Freifunk nicht zu verachten. Freifunk ist ein offenes community-basiertes Mitmachnetz für Jedermann. Was sich umständlich lesen mag, sagt aus, dass Freifunk auf einer OpenSource-Software basiert, die von jedem technisch versierten und und IT-affinen Mensch verbessert und eingesehen werden kann. Die Freifunk-Software läuft auf vielen handelsüblichen Internetroutern in Preisregionen ab 30€ und eignet sich somit auch für ein kleines Gäste-WLAN zu Hause, für Gastronomen oder für Einzelhändler, die ihren Kunden den Service des kostenlosen WLANs sorgenfrei anbieten möchten. Es gibt für jeden Einsatzzweck passende Hardware.

Ein weiterer Bonus ist die Tatsache, dass die Freifunk-Geräte ALLE untereinander kommunizieren, sich miteinander vernetzen und so in der Lage sind, den Ausfall eines Internetanschlusses zu kompensieren. D.h. ältere Mitmenschen, die über keinen eigenen Internetanschluß verfügen, können teilhaben, da über Freifunk auch handelsübliche GPS-basierende Notrufsender funktionieren. So kann eine Ortsgemeinschaft ein ehrenamtliches und gemeinnützig anerkanntes Projekt wachsen lassen, was mit der Digitalen Dorflinde ausgeschlossen ist.

Wenn nämlich der Telekom-Anschluss ausfällt, lässt die Digitale Dorflinde die Blätter hängen und wird zur Offline-Trauerweide.