>> Tournesol <<
Am 26.02.2022 hat die ULI auf Einladung des neuen Geschäftsführers der Idsteiner Sport- und Freizeitanlagen GmbH (ISF), Gernhard Dernbecher, das Tournesol besichtigt. In Anwesenheit eines Vertreters der Betreibergesellschaft GMF hat Dernbecher in einer 2-stündigen Begehung mit Erläuterungen des Sanierungsplans und -fortschritts sein Transparenz- und Informationsversprechen umgesetzt.
Die ULI ist bekanntlich die einzige Fraktion der Stadtverordnetenversammlung, die keine politische Historie hinsichtlich der Entscheidungen zu Bau und Kauf des Tournesol hat. Gleichwohl haben wir eine klare Position zu politisch relevanten Parametern, unter denen die getroffene Entscheidung umgesetzt werden sollte.
Hier ist als erster und letzter Parameter die finanzielle Belastung zu nennen, die am Ende weitgehend von den Idsteiner Steuerzahler:innen zu tragen sein wird – sei es über Auswirkungen von Kostensteigerungen bei der Sanierung (z.B. durch Verzögerungen), sei es über die Höhe des Betriebskostenzuschusses im zukünftigen Betrieb, sei es über die womögliche Aktivierung der eingegangenen Bürgschaft in Höhe von immerhin EUR 16,5 Millionen.
Eine erste Verzögerung um mehrere Monate gab es schon vor Sanierungsbeginn, aus Förder- und Antragsgründen. Auch jetzt, nur Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, ist ein Flaschenhals absehbar: Aktuell anstehende Arbeiten sollten von einem Trupp ukrainischer Arbeiter ausgeführt werden, die aber nun unvermittelt ganz andere Sorgen haben und vorerst nicht zur Verfügung stehen.
Dennoch bekräftigte Dernbecher mehrfach, man befinde sich im Zeit- und Kostenplan. Auch hoffe man auf finanzielle Entlastung durch Gelder aus dem Förderprogramm SWIM. Daß eine Förderung zu erwarten sei, sei angedeutet worden. Die Höhe der Förderung konnte jedoch noch nicht beziffert werden, da der Förderbescheid ausstehe, so Dernbecher. Der maximale Förderbetrag kann bis zu EUR 1 Millionen betragen – ein sicherlich bedeutender Betrag, wenn er denn käme, aber vor dem Hintergrund der insgesamt zweistelligen Millionenhöhe, die für die Sanierung veranschlagt ist, eben doch nur eine vergleichsweise geringe Entlastung der Stadtkasse.
Der Energiebedarf der Anlage wird im laufenden Betrieb eine signifikante Größenordnung erreichen. Der ULI ist es ein zentrales Anliegen, daß hierfür ein Energiekonzept beschlossen und umgesetzt wird, das nicht nur ausreichend leistungsstark, sondern auch zukunftsfähig auf erneuerbare Energien und innovative Technologien aufsetzt. Hierzu konnte uns leider noch nichts weitergehendes mitgeteilt werden, da ein entsprechendes Energiekonzept frühestens bei der nächsten Gesellschafterversammlung vorgelegt werden kann.
Wirklich Zukunftsweisendes darf man aber wohl kaum erwarten, denn der Verzicht auf Öl und Gas wurde auf Nachfrage nicht bestätigt. „Wir wollen schon irgendwann weg von der alten Öl-Notfallheizung“, so Dernbecher*. Man werde auch immerhin „einen erheblichen Teil“ aus erneuerbaren Energien decken – gleichzeitig wurde aber auch bestätigt, daß auch weiterhin 100% der über Tournesol-PV-Anlagen produzierten grünen Energie ins Netz eingespeist wird. Auch die bereits vertraglich vereinbarte Erweiterung der Gasleitung und, mithin, der Gaslieferungen, steht auf den ersten Blick nicht für ein Energiekonzept, das mit der dringlich notwendigen Energiewende harmoniert und das bundespolitische Ziel zu erreichen hilft, bis 2035 den Energiebedarf zu 100% aus erneuerbaren Energien zu decken. Warum nicht verstärkt auf Erdwärme, Eisspeicherheizungen o.ä. Technologien gesetzt wird, blieb unbeantwortet.
* Edit: Wir wurden von Herrn Dernbecher informiert, daß die bisherige Öl-Notfallheizung nur noch für den Zeitraum der Bauarbeiten als Bauheizung zum Einsatz kommt und nach der Wiedereröffnung des Tournesols abgeschaltet wird. Wir bedanken uns für den Hinweis.
Der dritte große Themenkreis, der uns ULIs vorrangig interessierte, war, neben Kosten und Energiekonzept, eine Fragenserie rund um den zukünftigen Betrieb: Wieviele Mitarbeiter:innen gibt es noch (und wie werden diese aktuell motiviert und „an Bord“ gehalten) und ab wann will man wie neue gewinnen. Gerade in der zunehmend kompetitiv gewordenen Mitbewerbersituation durch private Fitness-Studios verschiedener Preissegmente wird man hier sicher ein sehr gut auf Idstein zugeschnittenes Mitarbeiter:innen-Werbe- und -Motivationsprogramm ausarbeiten müssen. Leider war hierzu noch nichts zu erfahren, da erst Mitte 2022 mit der Betriebsplanung begonnen werden wird.
Entsprechend blieb auch unsere Frage unbeantwortet, wie man negativen Auswirkungen durch den Wegfall der Kinderbetreuung entgegenwirken wolle: Im Rahmen der Sanierungsplanung müssen die Bürokapazitäten erweitert werden, um den räumlich vorgeschriebenen Bedarf an Arbeits- und Pausenplätzen verordnungsgemäß sicherzustellen. Leider fiel die Kinderbetreuung „Minisols“ dem neuordnenden Raumkonzept zum Opfer. Wie man Mitarbeiter:innen und Besucher:innen, für die die „Minisols“ ein wichtiger Entscheidungsgrund pro-Tournesol waren, dennoch halten bzw. zurückgewinnen will, ist bislang offen.
Fragen zur Preisgestaltung, vor allem auch vor dem Hintergrund von Familien als Kernklientel des Schwimmbad-Bereichs, mußten bei der Begehung ebenfalls vertagt werden, da auch hierzu erst ab Mitte 2022 erste Überlegungen angestellt werden. Die ULI hat verdeutlicht, daß uns familienbesuchskompatible Preise genauso wichtig sind wie ein entsprechend frühzeitig aufzulegendes prognostisches Berichtswesen, das die zu erwartenden Deckungsbeiträge der einzelnen Geschäftsbereiche der Gesamtanlage ausweist und fortschreibt, schon deutlich vor Wiedereröffnung.
Auch wenn am Ende ein Großteil unserer Fragen offen blieb, bedanken wir uns ausdrücklich für die Einladung des ISF Geschäftsführers Dernbecher, die wir gerne als Auftakt zu einer fortlaufenden transparenten Informationsoffensive in Richtung Stadtpolitik verstehen. Wenn sie die Sanierungsmaßnahmen, Änderungen im Zeit- und Kostenplan sowie die zukünftigen betriebsrelevanten Überlegungen und Planungen in einer Art offenlegt, die spätere politische Entscheidungen zum Tournesol auf eine solidere Grundlage stellt als in der Vergangenheit oftmals üblich, dann ist das ein wichtiger Beitrag dazu, daß wir Stadtverordnete Entscheidungen treffen, die den Einsatz von Steuergeldern ausreichend sorgsam abgewogen haben.
Es wird spannend zu sehen wie das Fitnesskonzept sich gestaltet. Wettbewerbsverzerrung Par excellence. Mit Steuergeldern macht eine 100 % tige Städtische Tochtergesellschaft den privaten Mitbewerbern Konkurrenz. Juristisch ist das nicht gerade einwandfrei.
Guter Bericht. Ich erfahre über die ULI mehr zu lokalen Themen als über die örtliche Presse. Danke
So geht Politik vor Ort. Weiter so mit viel Transparenz.
Dieser Bericht ist ein extrem lobenswertes Beispiel für die frühzeitige und laufende Information der interessierten Bürger:innen über relevante kommunalpolitische Entwicklungen durch eine bürgernahe und engagierte Fraktion. Kompliment und danke!