von | 25. Mai 2017

Dieses Zitat von Michelle Obama soll den Bericht von der Sitzung des Ortsbeirates Idstein-Kern am 23. Mai 2017 einleiten.

Vor ca. 100 interessierten Bürgerinnen und Bürgern, traten die Ortsbeiratsmitglieder zusammen, um unter vorübergehender Sitzungsleitung durch den stellvertretenden Ortsvorsteher Volker Nies (SPD) über den TOP 5 1. Änderung Bebauungsplan „Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10“ – Satzungsbeschluss zu beraten. Ortsvorsteher Wolfgang Heller (CDU) hatte sich gemäß §25 HGO für befangen erklärt und deswegen den Sitzungsraum vorübergehend verlassen.

Der Bauamtsleiter Axel Wilz führte in den Sachverhalt ein und erläuterte die Gründe der diversen Vertagungen. Anschließend stellte Timo Müller (Bündnis90/Die Grünen) einen Änderungsantrag (Inhalt siehe Kasten) und verwies darauf, daß der Umweltbericht (erstellt von Böhm + Frasch GmbH im Auftrag von Dietmar Bücher, Schlüsselfertiges Bauen) ohnehin zu knapp ausgefallen sei. Ferner werde geltendes EU-Recht berührt, daß keinesfalls zu missachten sei.

Haut einer Schlingnatter (Länge ca. 90 cm) gefunden auf dem Grundstück Marktplatz 6/Escher Straße 8-10

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur DS 110/2017 „1. Änderung Bebauungsplan ‚Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10‘ – Satzungsbeschluss“

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der TOP und damit der Satzungsbeschluss werden nochmals zurückgestellt.
  2. Die artenschutzrechtliche Ersteinschätzung ist nicht ausreichend und berücksichtigt insbesondere das gesichert und neutral dokumentierte Schlingnatternvorkommen auf dem Areal nicht. Der Vorhabenträger wird aufgrund der artenschutzrechtlichen Bedeutung des Schlingnatter-Biotops im Geltungsbereich des Bebauungsplans aufgefordert, durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Fachgutachter ein fundiertes artenschutzrechtliches Gutachten zum Vorkommen von Reptilien – insbesondere der nach Richtlinie 92/43/EWG, Anhang IV besonders geschützten Schlingnatter – erstellen zu lassen und vorzulegen.
  3. Der Umweltbericht ist entsprechend um die artenschutzrechtlichen Aussagen dieser artenschutzrechtlichen Prüfung zu ergänzen.
  4. Der Umweltbericht ist darüber hinaus um fundierte artenschutzrechtliche Aussagen zu folgenden Themenkomplexen zu erweitern:
  • Habitateignung sowie womögliches und tatsächliches Vorkommen von weiteren nach BNatSchG und/oder EU Artenschutzrichtlinien geschützten Tierarten, v.a. weiteren Reptilien und Amphibien, deren Lebensraum nach Anhang IV nicht zerstört werden darf
  • Habitateignung sowie womögliches und tatsächliches Vorkommen von nach BNatSchG und/oder EU Artenschutzrichtlinie geschützten Pflanzenarten. Es ist unter Hinweis auf dieses artenschutzrechtliche Gutachten und den ergänzten Umweltbericht eine nochmalige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchzuführen, wobei insbesondere der Rheingau-Taunus-Kreis (v. a. natürlich die Untere Naturschutzbehörde) sowie ggf. die übergeordneten Behörden und die anerkannten Naturschutzverbände um eine neue Stellungnahme gebeten werden.

Die SPD Ortsbeiratsmitglieder wurden durch den Stadtverordneten Hans-Egon Baasch (der zwar Rede- aber kein Stimmrecht im Ortsbeirat besitzt) tatkräftig unterstützt. Seine Ausführungen mäanderten durch die Baugeschichte der Idsteiner Altstadt und zeichneten sich durch unnötige Polemik aus.

Wie von Herrn Mengden, einem Mitglied des Aktionsbündnisses „Idstein wahrt sein Gesicht“, treffend auf den Punkt gebracht wurde, stellte der StV Baasch die engagierten Idsteinerinnen und Idsteiner als „dumm, uninformiert und Fake News verbreitend“ dar, deren „Aussagen ohne Gehalt“ seien. Die Reaktion im Zuschauerraum kann sich der geneigte Leser sicher vorstellen.

Die SPD schließt sich in ihrer Argumentation nahtlos an die der CDU an, die bereits vor einiger Zeit kundtat „Leider haben wir es in diesem Fall wohl auch eher mit alternativen Fakten statt mit der Wahrheit zu tun“ und weiter „Wir setzen uns für eine angepasste und dem Umfeld zuträgliche Bebauung an dieser Stelle ein, so wie es das Projekt umsetzt. Mit diesem Projekt haben wir eine weitere Chance Idstein voran zu bringen und weiter zu entwickeln. Diese Chance sollte wir nutzen statt sie kaputt zu reden“.

Der Empfehlung von Peter Piaskowski (CDU) „ein Blick in die Bürgerinformation auf der Homepage der Stadt Idstein reicht völlig um die Tatsachen beurteilen zu können“ kommen wir gerne nach. In der Begründung der Änderung des Bebauungsplanes kann man folgendes lesen:

Die topografischen Gegebenheiten, sowie die prominente Lage oberhalb historischer Altstadt, Rathaus und Hexenturm stellen den besonderen Reiz und gleichzeitig die Herausforderung dar. Für eine Neubebauung auf diesem Gelände bedarf es eines sensiblen Umgangs mit den umgebenden gewachsenen Strukturen, dem Baumbestand, der vorhandenen Topografie (Geländeterrassen auf Fels) sowie der Erschließung des Wohnhauses 8a, die über das Grundstück verläuft.

[…]

Die geplante Bebauung soll sich harmonisch in ihrer städtebaulichen Figur, Gestalt, Form und Nutzung in die umgebende gewachsene Struktur einfügen. Dabei sollen die topografischen Herausforderungen gestalterisch aufgenommen und zwischen den geschlossenen historischen Bebauung der Innenstadt unterhalb und der reinen Wohnnutzung oberhalb vermittelt werden (Brückenfunktion).

Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

© Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

© Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

Die zahlreichen Redebeiträge von Bürgerinnen und Bürgern sowie den anwesenden Stadtverordneten Andreas Ott (FWG) und Roland Hoffmann (FDP) verband der grundlegende Tenor, daß sich die Zeiten geändert haben und die Menschen in die Entscheidungen der Politik mehr eingebunden werden wollen. Daß der Bau eine große Zustimmung bei den Bürgern finden soll, um auch die Mandatsträger zu entlasten, sei eine der Lehren aus den Erfahrungen mit dem Bau von Hoch7, so der StV Ott.

Roswitha Regh ergänzte ihren Leserbrief in der Idsteiner Zeitung (siehe oben), um einen gleichermaßen emotionalen wie stichhaltigen Redebeitrag, der sich wie folgt überschreiben lässt: „Ich vermisse einen Anspruch. Den Anspruch, dem Stadtbild einen angemessenen Rahmen zu geben.“ Und Herr Mengden schickte in seinem Beitrag vorweg: „die Bürger sorgen sich um ihre Stadt und möchten nicht, dass sie beliebig wird.“ und ergänzend, daß die städteplanerische Entwicklung Idsteins eine Katastrophe sei, insbesondere im Hinblick auf das Nassauviertel und der jetzt entstehenden Bebauung des Taubenbergs, zusammengewürfelt und von wenig Sachverstand geprägt.

In einem Punkt waren sich jedoch alle Anwesenden einig, „wir wollen keine 08/15-Bebauung, sondern etwas vernünftiges“, wofür Herr Baasch auch Applaus erhielt.

Sitzung des Ortsbeirats Idstein-Kern am 23.05.2017

In der kommenden Woche tritt das Verfahren in die beschlussfassende Phase ein, wenn es am 30. Mai 2017 im Bau- und Planungsausschuss beraten wird. Vor der Sitzung wird das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ die bisher gesammelten Unterschriften gegen die geplante Änderung des Bebauungsplanes an der Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) überreichen. Um das bisherige Engagement zu unterstreichen, ist die zahlreiche Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern an der öffentlichen Sitzung des Bau- und Planungsausschusses hilfreich und notwendig.