Post aus Hamburg

Bei allen Diskussionen rund um die Beibehaltung des Straßennamens der Rudolf-Dietz-Straße, ist uns wieder deutlich vor Augen geführt worden, dass alles Formale auch immer etwas Menschliches hat. Menschliches jenseits persönlicher Befindlichkeiten, die nichts zur Sache betragen.

Wir waren sehr überrascht und haben uns sehr gefreut, als wir unlängst in unser Email-Postfach schauten und dort eine Email vorfanden, aus der wir jetzt gerne zitieren:

 

Sehr geehrte Frau Oestreich und Mitstreiterinnen,

durch Zufall stieß ich auf Ihre Internetseite und las von Ihrem Einsatz für die Umbenennung der Rudolf-Dietz-Straße und damit auch von der Aufarbeitung der Idsteiner NS- Zeit insbesondere den Kalmenhof betreffend. Ich bin die Tochter von Pfarrer Siebert aus Heftrich und weiß von ihm von der Geschichte, ich war als Kind auch mit auf der Studienfahrt nach Polen, wo wir Herrn Skrzypek kennenlernten ( ich war allerdings viel zu klein um alles zu verstehen) .

Mir kamen ein paar Tränen in den Augen, als ich las, dass es sogar den Vorschlag gab, die berüchtigte Straße in Pfarrer- Siebert- Straße umzubenennen. Mein Vater hätte sich über diese Form von Anerkennung sehr gefreut! Nach so vielen Jahren gibt es im Idsteiner Raum immer noch Leute, die sich an sein Engagement erinnern, wie schön ist das!

Den nachfolgenden Antrag, die Straße nach Frau Ruth Pappenheimer zu benennen hätte er aber in jedem Fall noch besser gefunden. Die Erinnerung an eine von den Nazis Ermordete Kalmenhofinsassin hätte er natürlich viel wichtiger gefunden als an seine eigene Person.

Von meiner Seite wollte ich meine Rührung ausdrücken über diese Geste, mit ein paar Tränen und auch einem Lachen, weil – so kenne ich meinen Vater- ein unruhiger Geist , der nicht aufhört, ihm wichtige Botschaften, gegen das Vergessen, zu senden.

Herzliche Grüße aus Hamburg

Sarah Siebert

Hamburg, 18.10.2024

Liebe Frau Oestreich, vielen Dank für Ihre nette Antwort!

Ich freue mich, dass ich durch Ihre Aktion wieder meine Erinnerungen wecke , z.B. an die Polenreise. Ich war zwar klein, aber ich hab doch verstanden, dass dort in Auschwitz das Allerschrecklichste passiert ist und zwar von Unvorstellbarem Ausmaß. Das hat mich auf jeden Fall nachhaltig geprägt. Und ich glaube, dass diese Reise für alle Teilnehmenden zur Entwicklung eines politischen Bewusstseins beigetragen hat. Ich kann mich gut an die Betroffenheit erinnern, an die Sprachlosigkeit in Anbetracht dieses Grauens. Und wie muss sich das angefühlt haben, nach der Rückkehr ins beschauliche Idstein, von einem Holocaustüberlebenden erfahren zu haben, dass dort in nächster Nähe die Nazi-Mordmaschinerie auch unvorstellbare Verbrechen begangen hatte.

Für meinen Vater war die Erinnerungspolitik sein Leben lang eine Herzensangelegenheit, und es waren für ihn doch auch immer die kleinen Dinge, die in der Summe zählen. Auf lokaler Ebene, im Dorf, bei den Nachbarn, im Konfirmandenunterricht-aufzuklären – Menschen zusammenbringen, Vorurteile abzubauen. Das hat er auch in seinen Predigten als Pfarrer immer versucht. Dadurch hat er sich nicht nur Freunde gemacht – im Idsteiner Umkreis, aber er liess sich nicht einschüchtern.

Auch wenn keine Straße nach ihm benannt wird, er bleibt ein Wegweiser. Und zur Einweihung der Ruth- Pappenheimer- Straße würde er – wenn er noch leben würde – vielleicht ja auch  Hasko, Falko, Henry, Bettina und wie sie sonst hiessen, seine ehemaligen Konfirmanden, die damals mit in Polen waren – auf ein Bier in Idstein treffen.

Herzliche Grüße in den schönen Taunus!

Sarah Siebert

Hamburg, 25.10.2024

Von denen, die auszogen, eine falsche Entscheidung zu korrigieren

Im Jahr 1962 bestand auf der Ebene der westdeutschen Bundespolitik ein antifaschistischer Konsens. Im gleichen Jahr beschlossen der Magistrat unter Leitung von Bürgermeister Schreier und das Idsteiner Stadtparlament eine Magistratsvorlage, die die Benennung einer Idsteiner Straße in „Rudolf-Dietz-Straße“ zum Ziel hatte.

Nun, 62 Jahre später, hatten sich die Stadtverordneten mit der Umbenennung dieser Straße zu beschäftigen.

Voraus ging dem Ganzen am 22.11.2023 eine Informationsveranstaltung für die ca. 60 Anliegerinnen und Anlieger. Wie dem Protokoll der Veranstaltung zu entnehmen ist, nahmen sieben Anliegerinnen und Anlieger sowie zwei Vertreter der Eigentümergesellschaft neben etlichen Vertreterinnen und Vertretern aus Magistrat, Stadtverwaltung und Gremien teil. Weiter ist im Protokoll zu lesen, „dass sich die Anwohner mehrheitlich für den Weg des geringsten Aufwandes und der geringsten Kosten entschieden haben.“ Von einer historischen Betrachtung, geschweige denn historischen Verantwortung, einen ausgewiesenen Nationalsozialisten und Antisemiten mit einer Straßenbenennung nicht zu ehren, ist nicht die Rede – obwohl in der Veranstaltung sogar Beispiele der Schmähwerke des sogenannten Heimatdichters gezeigt wurden.

Die ULI hatte einen Änderungsantrag zur Namensänderung eingebracht, der zunächst die Umbenennung in „Pfarrer-Siebert-Straße“ zum Ziel hatte. Bereits im Ausschuss wurde das Thema Umbenennung sehr intensiv diskutiert. Mit großer Eindringlichkeit trug der Ortsvorsteher Idstein-Kern Dr. Brünger seine Position vor. Er bezeichnete sie als schwierig, da er abzuwägen hatte zwischen seiner persönlichen Einstellung und der Empfehlung des Ortsbeirates (der Ortsbeirat hatte mit Ja: 3 Nein: 8 Enthaltung: 0 die Umbenennung abgelehnt).

Geschäftsordnung für Ortsbeiräte

§ 2 Rechte und Pflichten

(1) Zu den vornehmlichen Aufgaben der Ortsbeiräte gehört es, die Beziehungen zwischen der Stadt Idstein und der Bürgerschaft zu fördern sowie Kontakte zu den im Ortsbezirk ansässigen Vereinigungen zu pflegen.
(2) Die Ortsbeiräte können zu allen Fragen, die den Ortsbezirk angehen, Anregungen und Vorschläge unterbreiten.
(3) Die Ortsbeiräte nehmen zu denjenigen Fragen Stellung, die ihnen von dem Magistrat oder der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt werden.
(4) In wichtigen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, ist der Ortsbeirat zu hören. Angelegenheiten, die insbesondere als wichtige Angelegenheiten anzusehen sind, werden in einer zwischen dem Magistrat und den Ortsbeiräten abgestimmten Auflistung festgelegt.
(5) Zu allen Angelegenheiten, über die der Magistrat beschließt, ist der jeweilige Ortsbeirat zu unterrichten. Im übrigen sind alle Anhörungen und Unterrichtungen durchzuführen, die in den bestehenden Grenzänderungsverträgen geregelt sind.

Nun muss man wissen, dass die Beschlüsse des Ortsbeirates für den Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung nicht bindend sind, aber bei den Beratungen eine wichtige Rolle einnehmen sollen. Eine wichtige Rolle hat die Empfehlung eingenommen, jedoch gaben ULI und Bündnis 90/Die Grünen der Diskussion neue Impulse. Wir wiesen sehr konkret auf die nationalsozialistische und antisemitische Haltung des Strassennamensgebers hin und darauf, welche Auswirkungen diese in der seinerzeitigen Gesellschaft Mitte/Ende der 1920er Jahre hatte. Dabei haben wir mehrfach betont, dass wir größten Wert auf ein Zusatzschild legen, das über die Hintergründe der Umbenennung informiert. Geschichtsvergessenheit läßt sich die ULI bestimmt nicht vorwerfen.

Die Argumentation gegen die Umbenennung bestand hauptsächlich in dem Versuch, die Person Pfarrer Sieberts zu diskreditieren; flankiert von der Unterstellung, die ULI wolle die nationalsozialistische Geschichte verschwinden lassen. Man solle sich doch auf die Umsetzung des Bürgerwillens und des Beschlusses des Ortsbeirates konzentrieren. Außerdem beschworen CDU und FDP mehrfach die vermeintliche Gefahr der steigenden Politikverdrossenheit, die sich angeblich zwangsläufig aus der Umbennung der Straße ergeben würde. Der Ausschuss empfahl der Stadtverordnetenversammlung mit fünf Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen die Umbenennung abzulehnen.

Zur Stadtverordnetenversammlung modifizierten wir unseren Änderungsantrag, dem sich Bündnis 90/Die Grünen und die SPD anschlossen und der somit als gemeinsamer Antrag eingereicht wurde.

Eine beschämende Diskussion nahm ihren Lauf. Je länger sie dauerte, desto würdeloser wurde sie. Unwahrheiten wurden verbreitet: „Es ist das Recht des Ortsbeirates, Straßen umzubenennen.“ oder „Die Geschichte soll negiert werden“. Wir wollten am liebsten manchem Stadtverordneten zurufen: „Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie denken!“

Eine demokratische Entscheidung war selten so schwer auszuhalten.

Ich habe mich geschämt, ein Mitglied dieser Stadtverordnetenversammlung zu sein.

Ursula Oestreich

Fraktionsvorsitzende, Unabhängige Liste

Unter kaum beherrschbaren Tränen verstieg sich der Fraktionsvorsitzende der FWG letztlich sogar dazu, um Vergebung im christlichen Sinne zu werben. Vergebung? Für einen Mann, der willentlich seine jüdischen Mitmenschen verunglimpfte und damit frühzeitig den Boden für den tödlichen braunen Antisemitismus bereitete? Der Adolf Hitler und den von den Nationalsozialisten propagierten Führerkult verehrte? Der junge Menschen indoktrinierte im Sinne des nationalsozialistischen, menschenverachtenden Weltbildes?

Gelebte Demokratie bedeutet aber natürlich auch: Abstimmungen erfolgen nur unter anwesenden Stadtverordneten. Es ist den Befürwortern der Umbenennung ULI, Bündnis 90/Die Grünen und SPD weniger gut gelungen, krank gemeldete Fraktionsmitglieder zur Erreichung der rechnerisch möglichen Mehrheit zu aktivieren als der CDU, deren entschuldigte Mandatsträger letztlich doch zur Abstimmung in die Stadthalle kamen. Diesen Fakt anzuerkennen, ist gerade bei einem so wichtigen Thema eine bittere Pille, aber demokratisches Gebot.

Die namentliche Abstimmung ergab 21 Stimmen gegen die Umbenennung und 20 Stimmen für die Umbenennung.
Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung finden Sie am Ende des Beitrages.

Herr Stadtverordnetenvorsteher –
Liebe Kolleginnen und Kollegen –
Liebe Gäste –

Wir haben heute einen Punkt auf der Tagesordnung, der im Grundsatz schon lange in unserer Gesellschaft angekommen ist.

Wie stellen wir uns zu unserer deutschen Vergangenheit und deren Auswirkungen bis heute – was haben wir gelernt und verstanden – damit meine ich u. a. Ausgrenzung von Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen.

Worüber beraten wir heute?
Wer wird seit Anfang der 60ziger Jahre mit einem Straßenschild in Idstein geehrt?

Rudolf Dietz wird uns heute als Lehrer, Schulbuchautor und Heimatdichter vorgestellt. Jedoch war er auch Mitglied der NSDAP und des völkisch-faschistischen, rassistischen und antisemitischen Deutschbundes. Seine bereits ab den 1920er Jahren publizierten antijüdischen Gedichte, bereiteten im Kleinen den Nährboden für das zunehmend um sich greifende Gedankengut des Nationalsozialismus.

Warum Nährboden? Es gab viele Rudolf Dietz in Deutschland.

Nach der Machtergreifung trat Rudolf Dietz in Schulen auf, um dort vor allem jene Gedichte vorzutragen, die die Diktatur stützten, Menschen jüdischen Religionsbekenntnisses aber verunglimpften. Um seine Gedichte vortragen zu können, diente Dietz sich offensiv bei den Nationalsozialisten und den regionalen Schaltstellen der Macht an sowie profitierte er auch wirtschaftlich von seiner Geisteshaltung.

Ruth Pappenheimer würde am 8. November 99 Jahre alt.

Sie galt dem NS-Regime als Halbjüdin, darüber hinaus wurde sie schon früh in das Schema der Asozialen eingepresst und nach dem frühen Tod der Mutter der Fürsorgeerziehung übergeben. Ruth Pappenheimer wurde im Alter von 18 Jahren kurz vor ihrer Entlassung aus der Fürsorgeerziehung auf den Kalmenhof verbracht und im dortigen Krankenhaus am 20. Oktober 1944 von dem Arzt Hermann Wesse durch die Verabreichung von Morphium-ermordet. Ihre Ermordung gilt als Beispiel dafür, dass auch geistig und körperlich vollkommen gesunde Kinder und Jugendliche im Kalmenhof ermordet wurden, wenn sie sich nicht in das NS-Rassekonstrukt einfügen ließen.

Ruth Pappenheimer wurde auf dem Kalmenhof-Friedhof anonym verscharrt. Die Lage ihres Grabes ist bis heute unbekannt.
Grund genug, um Ruth Pappenheimer stellvertretend für die vielen Ermordeten im Kalmenhof zu ehren.

Nichtsdestotrotz soll ein Zusatzschild über den historischen Hintergrund informieren und gleichzeitig den Wandel der gesellschaftlichen Haltung dokumentieren, der sich seit den 1960ziger Jahren vollzogen hat.

Um es ganz klar zu sagen:
Es geht nicht darum, vermeintlichen Bürgerwillen umzusetzen, dem es am Ende zu viel ist, persönliche Ausweispapiere und die Adresse zu ändern –
sondern, dass wir als Stadtverordnete für 12 Stadtteile abzuwägen haben.

Darüber hinaus ist es an der Zeit, sich nicht nur in Absichtserklärungen zu ergehen, sondern eine klare Position und Haltung aufkommenden populistischen Strömungen entgegenzustellen.

Wir alle anerkennen das Grundgesetz und bekennen uns damit zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, und damit folgerichtig auch jeder Diskriminierung eine scharfe Absage erteilt.

Ich bitte Sie von ganzem Herzen, sich unserem Antrag anzuschließen und mit einer großen Mehrheit auch ein Signal in die Idsteiner Stadtgesellschaft zu senden.

Ursula Oestreich

Redebeitrag am 19.09.2024, Fraktionsvorsitzende, Unabhängige Liste

Zu Fuß durch Idsteins demokratische Geschichte

Ein Mann alleine erlässt Gesetze und Dekrete, ist oberster Richter und hat die Polizeigewalt inne – kaum vorstellbar?

So war es aber vor zweihundert Jahren im Herzogtum Nassau unter Adolph Wilhelm Carl August Friedrich von Nassau-Weilburg. In Folge der Märzrevolution im Jahr 1848 wuchs bei vielen Bürgern das Begehren diesen Absolutismus abzuschaffen und mehr Beteiligung zu erreichen, auch in der Stadt Idstein und so kam es am 10. Juni 1849 zum Idsteiner Demokratenkongress, also vor 175 Jahren.

Aus diesem Anlass wurde in Idstein nun der Tag der Demokratie gefeiert. U.a. wurde hierzu eine Stadtführung angeboten, welche ein Schlaglicht auf die Orte warf, welche mit dem Kongress in Verbindung stehen. Zum Beispiel war das „Zum Goldenen Lamm“, im Vor-Vorgängergebäude des heutigen Lammes, der Ort, am welchem die Vorbesprechung zum Kongress erfolgte. Es wurde eine Tagesordnung beschlossen und ein 10-Punkte-Katalaog mit Forderungen formuliert, denn die Zeit für den Kongress war begrenzt. Zentral war die Forderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung für Nassau, Anerkennung der Deutschen Nationalversammlung, sowie der Abzug von Truppen aus der Pfalz und Baden.

Der Kongress fand an einem Sonntag in der Unionskirche statt, zwischen den Gottesdiensten. 300 Delegierte, aus allen Ämtern des Herzogtums tagten dort. Sie konnten bis zum frühen Abend den Forderungskatalog beschließen und eine Deputation von 56 Mitgliedern zum Herzog entsenden, um mit ihm die Forderungen zu verhandeln.

Einer der Einladenden war der Idsteiner Likörfabrikant Gustav Justi, dessen Wohnhaus in der Weiherwiese, Ecke Zuckerberg, heute noch zu sehen ist. Vor der Volks- und Raiffeisenbank steht eine Büste, welche Gustav Justi darstellen soll. Als Mitbegründer des Vorschuss- und Creditvereins, der heutigen VR Bank Untertaunus, spielte er auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt eine wichtige Rolle.

Ein weiterer Ort ist das Augustinum, das damalige Gymnasium, welches ein Hort für „radikale“ politische Ideen war. Bekannt wurden die Brüder Snell, welche später in die Schweiz emigrieren mussten. Justi und andere Mitglieder des Demokratenkongresses wurden wegen Hochverrates und Majestätsbeleidigung angeklagt, letztlich jedoch freigesprochen. Dieser Vorgang zeigt, dass das Eintreten für demokratische Rechte, die Schaffung einer Republik, also eine „Sache für alle“, gefährlich war. Die damals Regierenden haben auch entsprechend reagiert und die Revolutionäre weiter bekämpft. So sollte es noch bis zum Ende des 1. Weltkrieges dauern, bis mit der Weimarer Republik von einer vollständigen Demokratie gesprochen werden konnte.

Für uns heute ist die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland so selbstverständlich, friedlich und stabil, dass wir uns kaum noch Gedanken zu den Anfängen machen.

Es gibt heute verschiedene Möglichkeiten sich zu engagieren, in Initiativen, in Parteien und politischen Gruppen und man kann sich wählen lassen. Oder einfach jenen über die Schulter schauen, die öffentlich beraten (z.B. in der Stadtverordnetenversammlung oder den Fachausschüssen). Das erfordert Einsatz und Mühe, aber es lohnt sich – für uns alle.

Spannende Zeiten

Vor 33 Jahren wurde die DDR aufgelöst.

Was ist mit den Menschen, die in der DDR gelebt haben und vor allem, was ist mit ihren Erinnerungen?

Wie erinnern wir uns dieses Teiles deutscher Vergangenheit und Geschichte?

Wie erging es den Frauen in der DDR? Was war an der Emanzipation Realität und was sozialistische Propaganda?

Das und einige andere Fragen mehr, wollen wir mit unseren Mit-ULIs Manuela Ferschke, Lina Freiwald, Karla Sachse-Domschke und Martina Wolf diskutieren und ihre Erinnerungen kennenlernen. Spannende Zeiten? Da sind wir uns sicher.

Da es ein offenes Treffen ist, sind uns Gäste sehr gerne willkommen.

Alles weitere gibt es hier.

Manuela Ferschke

Lina Freiwald

Karla Sachse-Domschke

Martina Wolf

Der Volkstrauertag, ein lebloses Ritual?

Der Volkstrauertag, ein lebloses Ritual?

Wie in jedem Jahr haben wir von der Unabhängigen Liste auch 2022 den Euthanasieopfern des Kalmenhofes gedacht.

Wir haben uns gefragt, ob und wie es möglich ist, einem so wichtigen Gedenktag wie dem Volkstrauertag einen angemessenen gesellschaftlichen Stellenwert zu geben. Vielen ist der Hintergrund unbekannt, etlichen der Termin nur noch Pflicht.

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges ist der Volkstrauertag ein Gedenktag, an dem der im Krieg gefallenen deutschen Soldaten gedacht wird. Seit Ende der 80ziger Jahre hat sich das Gedenken gewandelt und es stehen die Opfer des Nationalsozialismus im Vordergrund. Der Tag ist nicht nur ein Trauertag, sondern soll auch als Zeichen für Frieden und Versöhnung stehen. Um Versöhnung zu erreichen, bedarf es des Wissens über die Dinge, die geschehen sind. Dies gilt insbesondere für die Geschehnisse im Kalmenhof während des Nationalsozialismus.

Nach wie vor gibt es keinen Gedenkort und damit auch Lernort in Idstein, der diesen Namen auch verdient hätte. Keinen Ort, an dem sich interessierte Menschen jeden Alters ein Bild von dem machen können, was in Idstein jahrzehntelang unter den Teppich gekehrt wurde. Nach 77 Jahren gibt es vor allem Absichtserklärungen und Lippenkenntnisse. Warum nach Hadamar fahren (die nächstgelegene Gedenkstätte), wenn das Grauen vor der eigenen Haustüre liegt?

Was tun mit den wachsenden Zahlen von Menschen mit Migrationshintergrund, multinationalen Schulklassen und verschiedenen Glaubensrichtungen? Wie kann es gelingen, Gedenkkultur und einen nationalen Gedenktag wie den Volkstrauertag näher zu bringen?

Fragen, auf die die Verantwortlichen in der Kommunalpolitik und den zuständigen Organisationen wie Vitos und Landeswohlfahrtsverband schnell Antworten finden müssen, um in Zukunft mehr über Verantwortung als über Schuld zu diskutieren.

Offenes Treffen am 1. Juni

Am 19. Januar 1919 fand die Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung statt – erstmalig unter der Beteiligung von Frauen als Wählerinnen und Gewählte. Der Frauenanteil damals betrug 8,7 Prozent und wurde erst bei der Wahl des Deutschen Bundestages im Jahre 1987 deutlich überschritten.

Wo stehen wir heute, über 100 Jahre später?

Dieser Frage wollen wir am 1. Juni um 19.30 Uhr nachgehen. Wir freuen uns auf einen spannenden Abend mit einem interessanten Austausch.
Weitere Informationen gibt es hier.