„Aber kein Vogel war zu hören – Totenstille“, sagt der Zeitzeuge

„Wir machen jetzt gemeinsam eine Reise“, kündigt Monika Held an. Als Journalistin hatte sie im Jahr 1979 Hermann Reineck kennengelernt. Seine Geschichte hat die Autorin in dem Buch mit dem Titel „Der Schrecken verliert sich vor Ort“ verarbeitet. Aus Hermann Reineck wird dort der fiktive KZ-Häftling Heiner Rosseck, aus Reinecks Frau Anni wird Lena. Die Erzählung geht weit über die Lagerzeit hinaus.

„Bald wird es keine Überlebenden des Holocaust mehr geben – und wer erzählt dann?“ Monika Held und der Kontrabassist Gregor Praml haben aus Helds Roman „Der Schrecken verliert sich vor Ort“ und O-Tönen des Auschwitz-Überlebenden Hermann Reineck eine Konzertlesung mit Kontrabass und Effekten konzipiert. Text und Musik erzählen stellvertretend die Geschichte(n) eines Zeitzeugen. Während der Lesung verweben sich die originalen Reineck-Berichte vom Band, die Schilderungen, mit denen das grauenvolle Lagerleben von Heiner Rosseck beschrieben wird und die Musik von Gregor Praml zu einer beklemmenden Atmosphäre.

Die anfänglich vorgetragenen Original-Zitate von AfD-Protagonisten stellen einen aktuellen Bezug her. Vielleicht auch deshalb erklingt am Ende der Konzertlesung der Beifall trotz der hervorragenden Leistung nur verhalten.

Organisiert wurde die Veranstaltung am 07.11.2021 in der Unionskirche durch den Idsteiner Verein „Gedenkort Kamenhof“, der sich vorrangig um die Aufklärung der Euthanasie-Verbrechen während des Nationalsozialismus im Idsteiner Kalmenhof kümmert.

Vernehmung des Zeugen Hermann Reineck

52. Verhandlungstag 05.06.1964
1. Frankfurter Auschwitz-Prozess
»Strafsache gegen Mulka u.a.«, 4 Ks 2/63
Landgericht Frankfurt am Main

Drei deutsche Mörder. Aufzeichnungen über die Banalität des Bösen

Das sind die einzigen gefilmten Täterprotokolle mit Verurteilten der Frankfurter Auschwitzprozesse. Darin werden ca. vierzehn Jahre nach dem zweiten Auschwitzprozess in Frankfurt (1965 bzw. 1966) mit den Verurteilten Josef Erber, Oswald Kaduk und Josef Klehr während ihrer Haftzeit aufgezeichnete Interviews zu den Massenmorden im deutschen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und ihrem Selbstverständnis als ehemaligen Angehörigen der dortigen SS-Wachmannschaft und als Täter gezeigt.

2020 – Ein etwas anderer Volkstrauertag

2020 – Ein etwas anderer Volkstrauertag

Zu den Ritualen des Volkstrauertags gehört die Zentrale Gedenkstunde des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Bundestag. Ebenfalls werden in allen Bundesländern und den meisten Städten und Gemeinden Gedenkstunden mit Kranzniederlegungen durchgeführt. Das Sprechen des Totengedenkens durch den Bundespräsidenten ist ein elementarer Bestandteil, der auch den Sinn des Volkstrauertages vermittelt:

Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.

Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.

Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern,

und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.

Totengedenken

Nachdem in diesem Jahr alle öffentlichen Gedenkveranstaltungen corona-bedingt abgesagt wurden, entschlossen sich Bündnis90/Die Grünen und die Unabhängige Liste (ULI), in sehr kleinem Rahmen (unter Einhaltung der Corona-Verordnungen)  der Euthanasieopfer des Kalmenhofs während der Zeit des Nationalsozialismus zu gedenken.

Während des Gedenktreffens tauschten sich die Kommunalpolitiker:innen auch über das aus ihrer Sicht Notwendige zur Zukunft des Gräberfeldes und des ehemaligen Kinderkrankenhauses aus. „Auch wenn es keine Hinweise im öffentlichen Stadtbild gibt, so handelt es sich doch um einen Friedhof, an dem wir hier stehen“, stellt Ursula Oestreich (Vorstand der ULI) fest. „Wie soll es weitergehen, nachdem die Untersuchungen durch Georadar und Angrabungen abgeschlossen sind? Welche der Ergebnisse der Zukunftswerkstatt vom August 2019 werden nun realisiert?“, fragt Annette Reineke-Westphal (Bündnis90/Die Grünen).

Beide sind sich einig, dass es nun an der Idsteiner Stadtpolitik ist, aktiv die weitere Zukunft des Gräberfeldes und des ehemaligen Krankenhauses in die Hand zu nehmen. Den bislang nur dem Magistrat vorligende Abschlussbericht der Kalmenhof-Kommission, ist der Idsteiner Öffentlichkeit umgehend zugänglich zu machen, ist eine weitere Forderung der beiden Idsteiner Politikerinnen. „Nicht nachvollziehbar“, so schätzt auch Patrick Schauss (Vorstand Unabhängige Liste) die schon seit Jahren zögerliche Informationspolitik von LWV und Bürgermeister Herfurth ein. Er ergänzt, „dass es an der Zeit ist, dass sich die Stadt Idstein  voll und ganz ihrer geschichtlichen Verantwortung stellt, und sich für die Einrichtung einer eigenen Gedenkstätte in Idstein einsetzt.“ Es könne nicht sein, dass man nach Hadamar fahren müsse, um etwas über dieses politisch offenbar unliebsame Kapitel der Idsteiner Geschichte zu erfahren.

Konsens herrscht zwischen Bündnis90/Die Grünen und der Unabhängigen Liste, dass man sich auch weiterhin überparteilich engagieren wolle, um die notwendige Vergangenheitsbewältigung aktiv an einen nutzenstiftenden Idsteiner Gedenkort zu holen.

 

v.l.n.r.: Ursula Oestreich (Vorstand Unabhängige Liste), Annette Reineke-Westphal (Fraktionsvorsitzende Bündnis90/Die Grünen), Patrick Schauß (Vorstand Unabhängige Liste)

Holocaust Gedenktag 2020

„Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig (…) eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken (…) und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

Roman Herzog (1996)

75 Jahre Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz –
75 Jahre lokale Erinnerung an die NS-Massenverbrechen

Am 27. Januar 2020 jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee zum 75. Mal.

Vor 15 Jahren erhoben die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Internationalen Tag der Erinnerung an alle Opfer des Holocaust.

Am Holocaust-Gedenktag erinnern wir uns an das Leiden und gewaltsame Sterben von Menschen jüdischer Herkunft, von Sinti und Roma, von Homosexuellen, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, Zeugen Jehovas, von Menschen mit Behinderung und denjenigen, die aufgrund ihrer politischen Haltung zu Opfern des NS-Systems wurden.

In Idstein, richten wir an diesem Tag der Erinnerung, den Blick auf die jüdischen Opfer des NS aus der Idsteiner Bürgerschaft wie auch auf den Tatort Kalmenhof und die von dort Deportierten oder in Idstein selbst  hundertfach ermordeten Menschen. Die unfassbare Zahl vieler Millionen Ermordeter wird regional greifbar, wenn Lebensgeschichten derjenigen Menschen in Erinnerung gerufen werden, die nach dem Willen eines rassistischen und mörderischen Systems für immer dem Vergessen anheimfallen sollten.

Jüdischer Friedhof Idstein: Ort der Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde der Stadt.
(Foto: Hartmann-Menz 05/2018)

Der Verein Gedenkort Kalmenhof e.V. konnte die Stadtarchivarin von Idstein, Frau Claudia Niemann M.A., für einen Vortrag zu Idsteiner Bürgern jüdischer Konfession gewinnen. Claudia Niemann wird über die in Idstein gefundene Form der Erinnerung, dem Projekt „Stolpersteine“, referieren und hierbei besonders auf die Biografie von Ruth Löwenstein eingehen, die in Auschwitz ermordet wurde. Im Rahmen des Vortrages wird die Idsteiner Stadtarchivarin auch einen Überblick über den Prozess der Erinnerung in der Stadt Idstein geben und der Frage nachgehen, wie Erinnerung gestaltet werden kann – wie und warum es zu Blockaden im Erinnerungsprozess kommt.

Mitglieder des Vereins „Gedenkort Kalmenhof e.V.“ werden im Anschluss an den Vortrag biografische Skizzen von Menschen vortragen, die auf dem Kalmenhof lebten und Opfer des Holocaust wurden. Zum Abschluss der Erinnerungsveranstaltung werden die Namen von Ermordeten aus Idstein verlesen.

(Die nun bald abgerissene) Turnhalle des Kalmenhofes: Ort der Deportationen in die
Tötungsanstalt Hadamar (Foto: Hartmann-Menz 12/2019)

Erste Eindrücke von der Zukunftswerkstatt

Erste Eindrücke von der Zukunftswerkstatt

Kurz nach 17.00 Uhr begann die Zukunftswerkstatt, mit Begrüßungen durch den Geschäftsführer der Vitos Rheingau, Servet Dag, und den Idsteiner Bürgermeister, Christian Herfurth. Die Moderatorin Kristina Oldenburg (Kokonsult) stellte den ca. 40 Anwesenden den weiteren Ablauf vor.

Zunächst wurden die eingereichten und geclusterten Konzepte präsentiert:

Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen gelost, die für die beiden Fragestellungen je 45 Minuten Zeit hatten, Gedanken, Ideen und Anregungen auszuarbeiten. Unterbrochen von einer 20-minütigen Pause.

Nach der Pause wechselten die Gruppen die Fragestellungen. Erschwert wurde der Prozess, aus unserer Sicht, dadurch, dass jede Gruppe sich mit den Ergebnissen der anderen Gruppe zu beschäftigen hatte, anstatt auf einem neuen Poster eigene Ideen und Gedanken aufzuschreiben. Sicher wäre es zu Dopplungen gekommen, diese hätte man zusammenfassen und damit bestimmte Punkte verstärken oder abschwächen können. Stattdessen mussten am Ende ein jeder Runde Punkte zur Priorisierung geklebt werden – eine etwas überholte Gruppenarbeitsform, die neuen, ungeführten Gedanken keinen großen Raum ließ.

Im Verlauf der ersten Gesprächsrunde hatte die vormalige und langjährige Erste Beigeordnete des LWV, Evelin Schönhut-Keil, einen Beschluß des Landeswohlfahrtsverbandes aus dem März 2019 verlesen, der den formalen Hintergrund erklärt.

In der Abschlußrunde stellten die Moderatoren die Ergebnisse in der Zusammenfassung vor. Servet Dag bedankte sich für den „schönen Abend“ und für die konstruktive Zusammenarbeit sowie für die daraus resultierenden Ergebnisse. Dag hatte bereits vorher deutlich darauf hingewiesen, dass Vitos keine kommerzielle Nutzung des Gebäudes beabsichtige.

Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt sollen als nächstes den Vitos- und LWV-Gremien vorgestellt werden. Dag bat um Geduld, denn Weiteres sei erst in ca. 3-5 Monaten zu erwarten.

Da dies über den Verlauf des Abends niemand sonst angeregt hatte – wie auch schon bei Vorstellung der Forschungsergebnisse am 1. April 2019 nicht -, lud Ursula Oestreich (ULI) die Anwesenden am Ende des formalen Teils zum Innehalten und Gedenken an die Opfer, zu einem Gedenkmoment ein.

Die Frage einer Teilnehmerin nach der weiteren Vorgehensweise, v.a. nach Möglichkeiten weiterer Beteiligung der gestern Anwesenden wie interessierter Bürger*innen überhaupt, wurde von Dag ausweichend beantwortet. Martina Hartmann-Menz wies in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit der Mitarbeit beim Verein Gedenkort Kalmenhof e.V. hin.

G
p

Zweck und Aufgabe des Gedenkortes Kalmenhof e.V.

Zweck des Vereins ist die Förderung der Allgemeinen, Schul- und Berufsbildung sowie die Förderung des Gedenkens an Verfolgte des Nationalsozialismus und Kriegsopfer sowie Betroffene der „schwarzen Pädagogik“ einschließlich der Errichtung von Ehrenmälern und Gedenkstätten.

Aufgabe des Vereins ist es, die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie-Verbrechen und der „schwarzen Pädagogik“ wach zu halten und das Lernen aus der Geschichte des Nationalsozialismus zu fördern. Der Verein soll durch geeignete Maßnahmen das Interesse der Bevölkerung und Institutionen an der Arbeit der Gedenkstätte Kalmenhof aufrechterhalten.

Beschluss der LWV-Verbandsversammlung vom 20.03.2019

Zwei weitere Konzepte zu Kalmenhof-Krankenhaus und Gräberfeld

Am 22.08.2019 erreichten uns noch zwei weitere Konzepte, mit der Bitte um Veröffentlichung, der wir gerne nachkommen.

Sehr geehrtes Team der Zukunftswerkstatt „Kalmenhof-Krankenhaus“,

als Reaktion auf Ihre begrüßenswerte Postkartenaktion zur möglichen „Nachnutzung“ des Kalmenhof-Krankenhauses möchte ich wie folgt zur Diskussion stellen:

WÜRDE WERTFREI UND REIN FUNKTIONAL DARÜBER ENTSCHIEDEN WERDEN KÖNNEN, hätte ich 2 konstruktive Ideen zur Nutzung dieses Gebäudes, in seiner abgelegenen, (negativ besetzten) „verwunschenen“ Lage:

privat: Ausbildungsstätte für Fachpersonal von Vitos Rheingau,

öffentlich: Ort der Förderung der Buch- und Lesekultur (für Schüler, Studenten und die Allgemeinheit), an dem eine „entschleunigte Atmosphäre“ auch das Auffassen komplexer sprachlicher Äußerungen vermitteln würde, und zum Ziel hätte, jenem kulturellen Verlust entgegenzuwirken, Lesen allenfalls noch als „Mittel zum Zweck“ zu gebrauchen, als Zugang zum Konsum, als bloße Unterhaltung und Ablenkung!

INDES halte ich jede Form der NACHNUTZUNG (auch sozialer Natur!) für ethisch-moralisch UNANGEMESSEN – bis pietätlos!

Die mehr als zweifelhafte gar undurchsichtige Historie des Gebäudes in der Zeit des Nationalsozialismus spricht für dessen ABRISS!

Ein Abriss, mit dem Ziel, an dieser Stelle einen ORT DES GEDENKENS UND MAHNENS zu SCHAFFEN, der nicht an den vorhandenen Hausmauern festgemacht werden muß, sondern sich vielmehr in einfacher, lichter, hallenartiger Bauweise als multikulturelle Begegnungsstätte präsentiert, mit dem primären Anliegen, den Wert einer offenen demokratischen Gesellschaft aufzuzeigen, die für die Menschenrechte eintritt!

Idealerweise würden sich dazu in regelmäßigen Abständen Referenten aus allen affinen Sparten und Institutionen finden lassen, die in erster Linie Schulklassen zu gesellschaftspolitischen Themen unterrichten, welche mehr denn je von hoher Brisanz in unserer bevölkerungsreichen globalen Welt sind, die uns – jenseits, jeder Gleichförmigkeit – Formen des täglichen Zusammenlebens abverlangt, die nur auf der Basis des gegenseitigen Respekts und des wohlwollenden Interesses am anderen funktionieren kann!

Mit freundlichen Grüßen,
Roswitha Regh, Idstein

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zug der Abfrage von Ideen möchte ich folgenden Vorschlag machen:

Der Tötungsort (diesen Ort überhaupt „Krankenhaus“ zu nennen, ist schon euphemistisches Ausblenden der grauenhaften Wirklichkeit!) sollte unbedingt zu einem politischen Bildungsort für Jugendliche ausgebaut werden. Hier muss man – insbesondere angesichts des Auflebens der Rechten und Radikalen – ein klares Zeichen der Aufarbeitung, des kritischen Hinterfragens, der politischen Bildung im besten Sinne der Demokratie bzw. der FDGO aufbauen.

Meines Erachtens sollte das Haus NICHT NUR auf die Tötungsverbrechen reduziert werden, sondern eine aktive Rolle in der grundgesetzlichen Bildung spielen. Das kann aber nicht nur auf Jugendliche beschränkt bleiben (wobei hier die Hauptzielrichtung liegen sollte), sondern sollte auch und insbesondere Migranten einschließen und als Veranstaltungsort für politische Veranstaltungen dienen. Das können Vorträge, Workshops etc. sein. Hierzu fehlt in Idstein sowieso unfassbar viel.

Der Ort alleine sollte schon zum Nachdenken anregen, aber die Entwicklung seit 1945 in den Blick nehmen und was Positives daraus  entstanden ist. Die getöteten Kinder sollten daher erleben: unser Tod war nicht umsonst. Es wurde gelernt und es wurde eine bessere Welt geschaffen.

Gerade im Zwischenbereich zwischen Limesschule und PSI ist der Ort gut geeignet. Hier kann man auch frühe Klassen mund auch die FH Fresenius mit einbinden. Der Ort könnte als Begegnungsort auch für andere Schulklassen aus der Umgegend dienen. Man könnte z.B. eine solche Veranstaltung nach Idstein holen:
http://www.buendnis-toleranz.de/archiv/themen/demokratie/172424/jufo-die-debatte

In jedem Falle finden sich hier eine Menge Anregungen:
http://www.buendnis-toleranz.de/archiv/themen/demokratie/142341/vorbildliche-projekte

Wichtig wäre auch, dass politische Parteien sich hier beteiligen würden, auch, um mehr Mitglieder zu generieren. Dazu müßte sich aber in den Parteien in Idstein einiges ändern…. 

Falls Sie weitere Fragen haben, melden Sie sich bitte gerne.

Freundliche Grüße,
Petra Hoffmann

Unsere Konzepte zur aufwertenden Nutzung vom Kalmenhof-Krankenhaus und Gräberfeld

Unsere Nachfrage, ob die eingereichten Vorschläge den ausgelosten Teilnehmern vorab zur Verfügung gestellt werden, um diese auf gewissenhafte Art und Weise Lesen zu können, wurde heute von Vitos Rheingau negativ beantwortet.

Die Zukunftswerkstatt wird von einer Agentur begleitet und moderiert, sodass eine spezifische Vorbereitung der Teilnehmer nicht erforderlich ist.
Die gesammelten Vorschläge sind sowohl im Wortlaut, als auch geclustert, durch die begleitende Agentur aufbereitet worden.
Eine Ausgabe von Unterlagen vor der Zukunftswerkstatt ist somit nicht vorgesehen.

Vitos Rheingau am 21.08.2019

Da uns der geplante Zeitrahmen von vier Stunden als deutlich unterdimensioniert erscheint und wir sicher sein wollen, daß unsere Konzepte im Original zur Verfügung stehen, anstatt durch eine Agentur aufbereitet, veröffentlichen wir unsere Konzepte. So hat jeder die Chance, diese zu lesen. Das ist unser Verständnis von Transparenz.

Kalmenhof-Krankenhaus und Gedenkstätte Idstein

Überlegungen zu Grobkonzept und Finanzierung einer würdigen Nachfolgenutzung

 

Präambel

Die Immobilie der ehemaligen Kalmenhof-Kinderfachabteilung (ehemaliges „Kalmenhofkrankenhaus“) sowie das formal ausgewiesene Gräberfeld/die Gedenkstätte sind historisch in vielschichtiger Hinsicht zusammengehörig und dürfen daher m.E. weder inhaltlich-thematisch noch baulich bzw. hinsichtlich ihrer Nutzung auseinandergerissen werden, unabhängig vom letztlich zu beschließenden Nachfolgekonzept. Es wird daher im Folgenden von einer Trennung der beiden Liegenschaften abgesehen und statt dessen ein grobes Gesamtkonzept skizziert, das beide Immobilien bzw. Liegenschaften umfaßt, diejenige der ehemaligen Kinderfachabteilung und diejenige des Gräberfeldes.

Unabhängig von den zu entscheidenden konzeptionellen Details wird selbstverständlich davon ausgegangen, daß bei der Umsetzung jedweder denkbaren Nachfolgenutzung, inkl. der hier vorgelegten, unabdingbar sicherzustellen ist, daß das de facto-Gräberfeld verläßlich und vollumfänglich eruiert worden sein muß und langfristig unangetastet bleibt, so daß die Totenruhe nicht (noch weitergehend) gestört wird. Im Umkehrschluß muß sich die Nachfolgenutzung– aus inhaltlichen, historischen, ethischen und gesellschaftsmoralischen Gründen – an dieser grundlegenden Feststellung bindend ausrichten.

 

VERGANGENHEIT – GEGENWART – ZUKUNFT:
Drei integrale Säulen der Nachnutzung

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gilt es in einem integralen Nachnutzungskonzept harmonisch und inhaltlich wie wirtschaftlich enkeltauglich unter einen Hut zu bekommen.

Dies wird problemlos gelingen, wenn die Immobilie mit ihren Räumlichkeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Nach dem Vorbild anderer historisch bedeutsamer Orte, die Gedenken an Vergangenes und ihrer Opfer sowie Mahnung für uns Heutige und nachfolgende Generationen ermöglichen, sollen Immobilie und zuzuordnende (sowie neu zu gestaltende) Gedenkstätte also mit minimalistischem baulichem Aufwand, aber sehr gut recherchiertem und möglichst wissenschaftlich-sachlichem Informationsmaterial zunächst einmal ein Dokumentations- und Gedenkort sein.

Der feinkonzeptionelle Aufwand läßt sich überschaubar halten, da Unterstützung nicht nur faktisch eingeholt werden kann,(1) sondern vor allem auch der Blick auf die bildungspolitische und/oder museale Gestaltung andere Tatorte der NS-Zeit sowie auf die zahlreichen Dokumentationsorte der jüngeren dunklen Seite deutscher Geschichte hier vielfältige konstruktive und zielführende Anregungen bieten:

Pädagogisch wie historisch hervorragend erarbeitete Dokumentationen wie diejenige der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock können hier als Vorbild dienen.(2)

Politische Bildung als Bindeglied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Auch sind solche Dokumentationsstätten wie die exemplarisch vorgenannte höchst erfolgreiche Vorbilder für den notwendigerweise ergänzenden Baustein: Der Dokumentation der historischen Wahrheit werden Bildungsangebote für Schüler*innen und Student*innen sowie Fortbildungsangebote für Pädagog*innen zur Seite gestellt. Sie ermöglichen den Brückenschlag zur angemessenen heutigen Einordnung und zu wichtigen zukunftsweisenden zivilgesellschaftlichen Einsichten, mithin zur Erfüllung des wichtigen politischen Bildungsauftrages, den die hier grobkonzeptionierte Nachfolgenutzung zum Ziel hat. Mit ihm kann sich das ehemalige Kalmenhofkrankenhaus und eine angemessene integrierte Gedenkstätte würdig präsentieren und historische, zeitgeschichtliche wie gesellschaftspolitische Bildungsarbeit leisten und somit (und nur so) der Verantwortung gegenüber denjenigen gerecht werden, die im Kalmenhofkrankenhaus dem willkürlichen Terror der NS-Zeit zum Opfer gefallen sind – sei es mit dem Leben oder auch „nur“ als Opfer mit leiblichen und psychischen Traumata.

Die Immobilie des ehemaligen Krankenhauses kann und soll dafür prinzipiell in ihrem jetzigen baulichen Zustand belassen werden (was auch eine finanzielle Entlastung der Eigentümerin LWV darstellt). Lediglich in Bereichen, die aus heutiger Haftungssicht (z.B. Sicherheit von Besucher*innen beim Aufenthalt in den Räumlichkeiten) sowie aus funktionaler Sicht notwendige Modernisierung/Instandsetzung fordern, sind sensible Anpassungen baulicher und sicherungstechnischer Art durchzuführen.

Alleinstellungsmerkmale der Idsteiner Dokumentations- und Gedenkstätte

In diesem Zusammenhang, und – um diese profaneren Aspekte der Entscheidungsfindung ebenfalls zu berücksichtigen – auch in Differenzierung zu geographisch nicht weit entfernten museal präsentierten weiteren Tatorten wie der Gedenkstätte Hadamar ein weitere Aspekt: In der eigentlich schändlichen, aber de facto existierenden deutschen Opfer- und Gedenkstättenhierarchie stünde eine Idsteiner Dokumentations- und Gedenkstätte in einer gewissen „Konkurrenz“ zu z.B. Hadamar. Schon aus diesem Blickwinkel betrachtet sollte unbedingt auch die Zeit der sog. Schwarzen Pädagogik angemessen Eingang in die Dokumentations- und Bildungsangebote der Immobilie und deren thematisch-pädagogischer Ausgestaltung als politisches Bildungszentrum finden. Auch ist sicherlich Raum, in angemessener Form die historische Wahrheit zu dokumentieren, daß zeitgleich zu den während der „Wilden Euthanasie“ ermordeten Kleinkindern und Jugendlichen am selben Ort, in derselben Immobilie ein Lazarett für Weltkriegsfrontkämpfer untergebracht war. Die kognitive Dissonanz dieser verschiedenen Facetten der Gleichzeitigkeiten im der fraglichen Immobilie sowie die historischen Dissonanzauflösungen und –reduktionen stellen eine hervorragend geeignete Basis für zukunftsgerichtete (im besten Falle sogar: zukunftsweisende) sozialpsychologische und politische Bildungsarbeit des zu schaffenden Dokumentations-, Denkstätten- und Bildungsortes „Kalmenhofkrankenhaus Idstein“ dar.

Die oben genannte Grobskizzierung einer Nachfolgenutzung für die Dokumentation und würdige Erinnerung der Vergangenheit und ihrer Opfer sowie die zukunftsweisende sozialpolitische Bildungsarbeit ist, neben allen Geboten der Menschlichkeit und der Geschichtsmoral, auch aus ökonomischer Sicht eine absehbar wirtschaftlich äußerst attraktive Option für eine Nachfolgenutzung: Nicht nur die Hessische Landeszentrale für Politische Bildung mit ihrem Gedenkstättenreferat wird hier sehr offen für Unterstützungsmöglichkeiten der finanziellen wie der operativen Art sein, die Eigentümerin somit direkt wie indirekt wirtschaftlich (budgetär wie operativ) entlastend. Auch wird das Gedenkstättenreferat – wie viele andere potentielle Unterstützereinrichtungen und Stiftungen – nicht nur beim Aufbau der Idsteiner Dokumentations- und Gedenkstätte inhaltlich beratend und finanziell unterstützend herangezogen werden können, sondern auch nach Eröffnung als Netzwerkpartner und –koordinator für eine breite Annahme in der regionalen wie überregionalen Schul- und Bevölkerungslandschaft unterstützende Sorge tragen können (vrgl. u.a. http://www.hlz.hessen.de/themen/ref-iii-erinnern/ref-iii-gedenkarbeit.html ).

 

Fazit

Es verbietet sich also meiner persönlichen Überzeugung nach nicht nur aus Gründen der Menschlichkeit, der sozial-historischen Verantwortung und des schlichten Anstandes über andere Nachfolgenutzungen als die oben skizzierte – oder vergleichbare – Grundideen nachzudenken; zudem gebietet die Paßgenauigkeit zu Zielen überregional agierender möglicher operativer und Förderungspartner auch aus wirtschaftlichen Aspekten heraus, den hier angeregten Gedanken als ehrliche zeitgemäße wie wichtige zukunftsweisende Nachfolgenutzung auszuarbeiten und umzusetzen.

Ich bin persönlich gerne bereit, in allen Phasen bis zur und in der Umsetzung nach besten Möglichkeiten mitzuwirken – sei es durch Recherche, Kontaktanbahnung und –pflege zu Kooperationspartnern o.ä. -, so dies von Interesse und gewünscht sein sollte.

Ich bedanke mich in jedem Fall dafür, sollte der LWV gewillt sein, das hier Dargelegte ergebnisoffen und nüchtern mit aller gebotenen Sorgfalt zu prüfen. Das Erbe, das der LWV mit der ehemaligen Kinderfachabteilung und dem Gräberfeld angetreten hat, ist kein leichtes; ich bin aber fest überzeugt, daß es, bei couragiert-sachlichem Umgang mit der Historie
durch uns Heutige – Ideengeber wie Entscheidungsträger -, zu einer großen Chance für den LWV werden kann, die es zu ergreifen gilt.

Danke.

(1) Vrgl. Passus zur Unterstützung durch Gedenkstättenreferat und ähnliche Institutionen, Stiftungen etc. auf Seite 2, letzter Absatz
(2) vrgl. z.B. https://www.bstu.de/archiv/standorte/rostock/#c8860 und https://de.wikipedia.org/wiki/Dokumentations-_und_Gedenkst%C3%A4tte_des_BStU_in_der_ehemaligen_U-Haft_der_Stasi_in_Rostock

Dr. Birgit Anderegg

Vorstandsmitglied, Unabhängige Liste, Idstein

Gedanken und Ideen zu einer angemessenen und würdigen Nutzung des Kalmenhof-Krankenhauses und des dazugehörenden Gräberfeldes

 

Bevor über die Nutzung eines solchen Tatortes nachzudenken ist, gilt es zwei Punkte zu klären.

 

Über was reden wir eigentlich?

Das Kalmenhof-Krankenhaus als isoliertes Leuchtturm-Thema zu betrachten, wird der gestellten Aufgabe nicht gerecht. Ganz im Gegenteil ist es ein Glied einer langen Kette. Der Kalmenhof, am 07.10.1888 gegründet, war von Anfang an als eine Erziehungsanstalt geplant, die ihre Zöglinge nicht verwahren, sondern zu erwerbsfähigen und lebenstüchtigen Mitgliedern der Gesellschaft bilden wollte. Das im Mai 1927 in Betrieb genommene Krankenhaus sollte den deutlich gewachsenen Anforderungen der Heilerziehungsanstalt Kalmenhof entsprechen.

Am 01.08.1933 endet die private Trägerschaft und die nationalsozialistische Wohlfahrtspflege übernahm den Kalmenhof. Ab 1936 werden an den Kalmenhof-Bewohnern Sterilisationen vorgenommen. Während der T4-Aktion war der Kalmenhof Zwischen- oder Durchgangsstation für Hadamar. In der sich anschließenden Phase der „wilden Euthanasie“ wurde 1941 eine Kinderfachabteilung im Kalmenhof-Krankenhaus eingerichtet und dort durch Nahrungsmittelentzug, Injektionen und Medikamenten-Überdosen gemordet. Gleichzeitig befand sich im selben Gebäude ein Lazarett der Wehrmacht; den dort liegenden Soldaten entgingen die Vorgänge im zweiten und dritten Geschoss nicht. Es wurden nicht nur geistig behinderte Menschen getötet, sondern auch Epileptiker, Bettnässer, sogenannte Arbeitsscheue, Asoziale und Mitwisser. Die 600-800 ermordeten Menschen wurden zu einem großen Teil auf dem sich direkt anschließenden „Anstaltsacker“ verscharrt. Der kleinere Teil wurde auf dem Idsteiner und dem jüdischen Friedhof beigesetzt.

Nach 1945 ändert sich die Beurteilung menschlichen Lebens kaum oder nicht. In der Nachkriegszeit wurden junge und behinderte Menschen weiter körperlich und seelisch verletzt und zerbrochen, durch gewaltsame Unterdrückung und aus wirtschaftlichem Kalkül. Das alles mündete in die Heimkampagne 1969 und, vor Ort, im Kalmenhof, in die Arbeit der Psychologin Gertrud Zovkic. Das alles bewirkte erst in den späten 1970zigern Jahren nachhaltige Veränderungen.

Diese zeitliche Kette, mit all ihren Gliedern, gilt es als Gesamtkontext zu betrachten und zu beachten. Dieser Gesamtkontext macht das Kalmenhof-Krankenhaus einmalig und für Idstein und die heutige Stadtgesellschaft bedeutend.

 

Welches Ziel/e sollen erreicht werden?

  1. Gedenkstätten dienen der Vermittlung von Kenntnissen zur konkreten Geschichte des Euthanasie-Tatortes und der Einordnung in den weiten Kontext der Zeit des Nationalsozialismus und der damaligen Terror- und Tötungsmaßnahmen.
  2. Gedenkstätten dienen der Vermittlung von Kenntnissen zur Geschichte des Umganges mit dem Ort nach 1945.

Die häufig anzutreffende Erwartungshaltung von Gedenkstätten-BesucherInnen lautet, den Schrecken unmittelbar nachzuerleben, ohne ihm ausgesetzt zu sein. Diese Erwartungshaltung wird größtenteils enttäuscht, insbesondere bei jugendlichen BesucherInnen.

Die BesucherInnen sollen zu einer eigenen Auseinandersetzung mit der Geschichte angeregt werden und dabei von pädagogisch geschulten MitarbeiterInnen unterstützt werden. Gerade jugendliche BesucherInnen wollen nicht belehrt werden, sondern möchten Angebote zu einer eigenständigen Annährung erhalten und Diskussionen über die Bedeutung der historischen Vorgänge für die Gegenwart führen.

Es ist Aufgabe einer Gedenkstätte, die Geschichte derjenigen, die dort gelitten haben, zu erzählen und an die Verbrechen zu erinnern, die dort begangen wurden. Die Auseinandersetzung mit den TäterInnen, ihren Taten und Motivationen ist gleichermaßen Aufgabe, um die Dämonisierung und Pathalogisierung zu verhindern. Der Nationalsozialismus war das „Werk“ gewöhnlicher Menschen. Es gilt, die Motivation des Einzelnen sowie die strukturellen Bedingungen zu diskutieren. Von dieser Diskussion ist es dann nicht mehr weit zu einer kritischen Anwendung der Erkenntnisse auf die Gegenwart und auf sich selbst.

Von einer Gedenkstätte geht ein hoher Konformitätsdruck aus. Dieser verhindert, eigenständige Meinungen auszubilden, zu formulieren und zu diskutieren. Eine weitere Aufgabe ist es deswegen auch, die eigene gegenwärtige gesellschaftliche Welt auf nicht eingelöste Versprechen und Rechte hin kritisch zu hinterfragen. Verletzungen von Menschen- und Grundrechten seit 1945 werden häufig im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus als „nicht so dramatisch“ bewertet. Dazu zählt auch der Umgang mit dem geschichtlichen Erbe des Kalmenhofs durch die Idsteiner Stadtgesellschaft seit 1945.

 

Welche Nutzung des Gebäudes ist vorstellbar?

Die Nutzung als Gedenkstätte liegt auf der Hand. Im zweiten und dritten Stock kann eine Ausstellung über die Zeit 1933 bis 1945 und im ersten Stock über die Zeit von 1945-1980 eingerichtet werden, die von Audio-Guides begleitet werden. Im Erdgeschoss können Seminarräume beheimatet sein, in denen für Interessierte Vorträge und Diskussionsrunden angeboten werden und für Schulen Geschichtsunterricht vor Ort ermöglicht wird, der von pädagogisch geschulten MitarbeiterInnen der Gedenkstätte begleitet und unterstützt wird. Lehrerfortbildungen, Recherche- und Austauschmöglichkeiten für Wissenschaftler sind weitere denkbare Angebote.

Ein weiterer Punkt ist die Leichen- oder Totenhalle, die sich in einem katastrophalen Zustand befindet. Die bauliche Wiederherstellung sowie die Kenntlichmachung als Gedenk- und Tatort (auch dort verstarben Menschen) versteht sich von selbst.

 

Das Gräberfeld

Hier sehe ich zwei wesentliche und bindende Punkte. Das ist zum einen das Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) und zum anderen der am 14.07.2016 einstimmig beschlossene Antrag aller Idsteiner Fraktionen „Rahmenvereinbarung zwischen der Stadt Idstein und dem LWV und seiner Gesellschaften über das Gelände des Kalmenhofs“. Dieser Antrag enthält einen wichtigen Passus: „Diese Vereinbarung soll auch das ehemalige Krankenhaus auf dem Gelände Veitenmühlberg 9 und die Gedenkstätte für die Euthanasie-Opfer beinhalten und hier insbesondere sicherstellen, dass die Gedenkstätte dauerhaft erhalten und öffentlich zugänglich bleibt und dass keine Baumaßnahmen auf dem Gelände ergriffen werden, solange nicht zweifelsfrei die genaue Position der Gräber bestimmt wurde. Im Rahmen der Vereinbarung soll sichergestellt werden, dass die Erinnerung an die in der Nazi-Zeit auf dem Gelände verübten Gräueltaten dauerhaft eine angemessene Berücksichtigung findet.“

Das Gräbergesetz sagt in § 2 Ruherecht

(1) Gräber nach § 1 bleiben dauernd bestehen.

(2) Der jeweilige Eigentümer eines mit einem Ruherecht nach Absatz 1 belasteten Grundstücks hat das Grab bestehen zu lassen, den Zugang zu ihm sowie Maßnahmen und Einwirkungen zu seiner Erhaltung zu dulden; insoweit besteht zugunsten des Landes, in dem das Grundstück liegt, eine öffentliche Last.

(3) Die öffentliche Last nach Absatz 2 geht den öffentlichen und privaten Rechten an dem Grundstück im Rang vor.

Alles Weitere regelt das Gräbergesetz eindeutig. Das bedeutet, dass die Lage der Gräber eindeutig festzustellen ist (was seit dem Kalmenhof-Prozess 1947 möglich ist) und Gräberfeld in einen würdigen Zustand zu versetzen ist.

Ursula Oestreich

Vorstandsmitglied, Unabhängige Liste, Idstein