Zukunftswerkstatt zu Kalmenhof-Krankenhaus und Gräberfeld

Der Analysebericht zurm Georadar-Verfahren am 11. Juni 2019 in Idstein liegt seit dem 18.07.2019 öffentlich vor. Die Erläuterungen nehmen viel Raum für das Was und Wie in Anspruch, bei den Ergebnissen bleiben sie vage. Tja, da steht man nun und schaut auf das Bild, das ohne Erklärung dem interessierten Betrachter nicht weiterhilft.

„Das müssen nicht alles Grablagen sein. Auf den Bildern sind lediglich Anomalien zu sehen. Es können auch Bodenverwerfungen oder veränderte Bodenstrukturen sein. Erst durch Angrabungen sehen wir, ob es sich um Gräber handelt oder nicht“, warnte Servet Dag vor voreiligen Rückschlüssen.

Servet Dag

In der Idsteiner Zeitung vom 19.07.2019, Geschäftsführer von Vitos Rheingau, Vitos Hochtaunus und Vitos Reha

Dag verkündet zwar, er wolle mit dieser Aufarbeitung eine größtmögliche Transparenz schaffen, aber er müsse auch gewisse Informations-Kaskaden einhalten.

Ist das der Grund, daß nicht direkt von der Aktion betroffene Anwohner des Kalmenhofes, Idsteiner Stadtverordnete, Kreistagsmitglieder oder andere Menschen mit privatem Interesse an dem Thema, von der Präsentation vor Ort aktiv ausgeschlossen wurden?

Was bedeuten die Ergebnisse des Georadar-Verfahrens konkret? Wann werden die angekündigten „Angrabungen“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge stattfinden? Und vor allem, warum verlaufen alle Aktionen im Rahmen der Aufgabenstellung der Kalmenhof-Kommission insgesamt derart schleppend?

Nun soll am 22. August in der Idsteiner Stadthalle die am 01. April 2019 angekündigte „Zukunftswerkstatt“ stattfinden.

Nicht-öffentlich – ohne Presse.

Wie setzt sich der Teilnehmerkreis zusammen?

Zum Einen sind das die Mitglieder der Kalmenhof-Kommission, die seit Dezember 2016 die Aufgabe haben, einen Vorschlag zur sinn- und respektvollen Nutzung des ehemaligen Krankenhauses zu erarbeiten:

  • Christian Herfurth (Bürgermeister Idstein),
  • Gerhard Krum (ehem. Bürgermeister Idstein, Beiratsmitglied Vitos Teilhabe gGmbH, stellv. Vorsitzender des Vereins der Freunde des Kalmenhofs),
  • Roland Hoffmann (FDP)
  • Sven Hölzel (SPD)
  • Andreas Ott (FWG)
  • Peter Piaskowski (CDU)
  • Jürgen Schmitt (Bündnis90/Die Grünen)
  • Thomas Zarda (CDU)
  • Edeltraud Krämer (Geschäftsführerin Vitos Teilhabe gGmbH)
  • Servet Dag (Geschäftsführer Vitos Rheingau, Vitos Hochtaunus und Vitos Reha)
  • Dr. Jan Erik Schulte (Leiter der Gedenkstätte Hadamar)
  • Martina Hartmann-Menz (Publizistin und Historikerin)
  • Eberhard Kriews (stellv. Vorsitzender des Vereins der Freunde des Kalmenhofs)
  • Kirsten Brast (Pfarrer katholische Pfarrei St. Martin)

10 Idsteiner Bürgerinnen und Bürger nehmen ebenfalls teil. Ausgewählt per Losverfahren.

  • Thomas Reichstein
  • Heinz Schreyer
  • Thomas Stockhausen
  • Silvia Berger-Hoenge
  • Martin Weichlein
  • Birgit Anderegg
  • Ursula Oestreich
  • Ute Pauli
  • Bärbel Sponholz
  • Klaus Grüninger-Fey

Desweiteren nehmen teil: Vertreter von Interessensgruppen wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, Idsteiner Schulen, den Kirchen, dem Verband Kriegsgräberfürsorge sowie die beiden Historiker und Verfasser der Studie Christoph Schneider und Harald Jenner.

Nachfolgend noch einige Erläuterungen zur Methode „Zukunftswerkstatt“.  Wir sind sehr gespannt, wie ein Prozess, der üblicherweise 2-3 Tage dauert, in den vier Stunden umgesetzt wird. Und wir sind ebenso gespannt, wie die Aussage von Servat Dag zu bewerten sein wird, Vitos wolle zu einem späteren Zeitpunkt „mit  ausgewählten Persönlichkeiten“ über die Ergebnisse berichten.

Die Zukunftswerkstatt

ist eine von den Zukunftsforschern Robert Jungk, Rüdiger Lutz und Norbert R. Müllert begründete Methode, die Phantasie anzuregen, um mit neuen Ideen Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu entwickeln.

Zukunftswerkstätten sind als Gegenprogramm zur staatlichen Planung gedacht und als Projekt zur Ermächtigung von denjenigen, die von Planung betroffen sind. Menschen sollen so vom Objekt der Zukunftsplanung zum Subjekt dieser Planung werden und sich ausgehend vom lokalen Handlungskontext größere Handlungsräume erschließen.

Sie ist eine Methode, die sich im Rahmen einer bestimmten Fragestellung um Ideensammlungen und Problemlösungen bemüht. Gemeinsam werden Zukunftsentwürfe, Ziele und Maßnahmen für Organisationen entwickelt. Die Anwendung beschränkt sich meist auf regionale Prozesse und wird von Gemeinden, Lokalverwaltungen u. a. benutzt. Die Zukunftswerkstatt ist damit auch ein Bürgerbeteiligungsverfahren.

Sie wird z. B. in der Stadtplanung eingesetzt, um die Bürger an bestimmten Planungen zu beteiligen, oder in der Organisationsentwicklung, um Mitarbeiter auf gemeinsame Ziele und Werte zu einen.

Die Hauptziele der Zukunftswerkstatt sind Zugänge zu Lösungen finden, die die Teilnehmer zuvor vergeblich suchten. Das Thema gilt es perspektivistisch und klar zu durchdringen (neue Sichtweisen gewinnen), ein Gefühl für die Zukunft zu entwickeln (Persönlichkeit rückt in den Mittelpunkt) und Selbsterfahrung zu machen (Abbau von Ängsten vor der Zukunft, erlangen von persönlicher Zuversicht, Vertrauen auf die eigene Kraft).

Die Methode

umfasst drei Hauptphasen, sowie eine Vorphase und eine Nachbereitung.

Nach der Verwirklichung sollte nach einem vorher bestimmten Zeitraum wieder eine Zukunftswerkstatt zu diesem Thema stattfinden, in der die vorhergehende Zukunftswerkstatt nach den drei Phasen abgehandelt wird. Es entsteht ein Regelkreis, in dem immer wieder kontrolliert wird, ob der Sollwert mit dem Istwert übereinstimmt. Dies wird in der Grundlagenliteratur als Permanente Werkstatt bezeichnet.

Vorphase: Beginnen / Hineinfinden

Hier wird die Gruppe „gegründet“, eine gute Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens geschaffen. Dazu gehören eine ungezwungene Gruppenstimmung zu begünstigen, die thematischen Interessen auszuloten und methodische sowie zeitliche Planung der Zukunftswerkstatt offenzulegen.

Phase 1: Beschwerde / Kritik

Hier wird von den Teilnehmern Unmut, Kritik, negative Erfahrungen zum gewählten Thema geäußert. Dies sollte möglichst frei von Zwängen sein. Es geht dabei weniger um eine Analyse der Probleme, als um eine Bestandsaufnahme für die Weiterarbeit. Es bietet sich ein Brainstorming auf Kärtchen an, die dann, wie bei der Moderationsmethode, nach Themen geordnet werden. Ziel dieser Phase ist es, Ärger, Wut und Enttäuschung loszuwerden und damit frei für kreatives, phantasievolles und konstruktives Arbeiten in den Phasen 2 und 3.

Phase 2: Phantasie / Utopie

Hier ist die Kreativität jedes einzelnen gefragt. Man soll das Utopische denken. Ein Anfangssatz wäre z. B.: „Es wäre schön, wenn …“. Killerphrasen wie „Das ist doch unmöglich!“ sind dabei unbedingt zu vermeiden. Hier darf und soll fantasiert werden. Es bietet sich wieder ein Brainstorming auf Moderationskarten an, die dann, wie bei der Moderationsmethode, nach Themen geordnet werden.

Phase 3: Verwirklichung / Praxis

Hier werden die ersten beiden Phasen verknüpft. Es muss abgeschätzt werden, was realisierbar ist. Es bietet sich eine Gruppenarbeit und die Hinzuziehung qualifizierter Fachleute an. Andere Moderationsteams verzichten auch hier bewusst auf externe Fachleute, sondern sehen die Teilnehmenden selbst als Experten in der Sache an. Verschiedene Verfahren zur Projektplanung, zur Durchsetzung von (gesellschaftlicher) Veränderung und zur Qualifizierung in der Anwendung zyklischer Gruppenprozesse können hier eingeübt werden.

Nachbereitungen

Den (vorläufigen) Abschluss gestaltet der Moderator. Die Ziele, Vorgehensweisen und Ergebnisse werden noch einmal kurz zusammengefasst und eingeordnet. Unter der Überschrift: Wie geht es weiter? wird über den möglichen Fortgang der Werkstattarbeit nachgedacht. Gegebenenfalls werden neue Treffen vereinbart. Am Ende geben die Teilnehmer ein Feedback wie sie die gemeinsame Zeit erlebt haben.

wikipedia.de

ULI erarbeitet Konzept für zukunftsfähige Bewirtschaftung des Hofgutes Gassenbach

ULI erarbeitet Konzept für zukunftsfähige Bewirtschaftung des Hofgutes Gassenbach

Im Jahr 200 nach seiner Gründung wurde, wie es zunächst aussah, das Ende des Hofgutes Gassenbach besiegelt, indem der letzte Pächter, die Wiesbadener Jugendwerkstätten (WJW), fristgerecht zum September 2019 den Pachtvertrag mit dem Eigentümer des Hofgutes, dem Landeswohlfahrtsverband (LWV), aufkündigte.

Der nun auslaufende Pachtvertrag hatte die Pächterin verpflichtet, für Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen selbst aufzukommen. Das war offenbar nicht oder in nicht ausreichendem Maße geschehen, so dass mittlerweile ein Sanierungsstau von geschätzt EUR 4 Millionen aufgelaufen war.

Als landwirtschaftlicher Muster- und Versuchsbetrieb mit angeschlossener Landwirtschaftsschule gegründet, hat der Gassenbacher Hof als Zweigstelle der Domäne Mechthildshausen bis zuletzt nach bioland-Prinzipien ökologisch gewirtschaftet und direktvermarktet, sich um den Erhalt aussterbender Nutztierrassen gekümmert und dabei als Integrationsort für Menschen mit Behinderungen und/oder sozial schwerem Start ins (Berufs-)Leben als Ausbildungs- und Arbeitsplatz eine wichtige gesellschaftliche Funktion übernommen. Noch im Mai letzten Jahres bestanden hier ca. 375 Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen, die auf dem 1. Arbeitsmarkt maximal äußerst geringe Chancen haben.

Dass mit all dem nun Schluß sein soll, nur weil die aufgelaufenen Sanierungskosten für die WJW nicht zu stemmen seien, ist der Unabhängigen Liste ein Dorn im Auge. Dass von der Öffentlichen Hand hier kaum unterstützende Aktivitäten zu erwarten seien, wurde im Juni 2018 deutlich, als Bürgermeister Herfurth sich öffentlich dahingehend äußerte, daß die Stadt Idstein „in den nächsten Jahren zunächst Untersuchungen und Konzepte sowie nach einer entsprechenden Freigabe […] mit Stadtumbaumitteln unterstützen“ könne.

„Glaubhaftes Interesse an und entsprechende eigene Initiativen zum Erhalt und einer zukunftsfähigen Neukonzeptionierung des Hofgutes Gassenbach lassen sich in dieser Aussage nicht erkennen“, urteilt die 1. Vorsitzende der Unabhängigen Liste (ULI), Ursula Oestreich. „Spätestens seit der für Idstein in vielerlei Hinsicht und über viele Dekaden signifikant belastenden Entscheidung, für einen weiterhin nicht belastbar bezifferbaren hohen zweistelligen Millionenbetrag das Tournesol zu übernehmen, dürfte klar sein, dass Idsteins Politik und Verwaltung offenbar vor haben, dem Sterben des Gassenbacher Hofes achselzuckend zuzusehen.“

Dem wolle und könne sich die ULI nicht anschließen, die die letzten Monate dazu genutzt habe, ein neues Konzept „Gassenbacher Hof 2.0“ zu konzipieren, das das Potential haben soll, die historische Bedeutung des Gassenbacher Hofs in unsere moderne Lebenswelt zu übertragen und deren Anforderungen auch auf lange Sicht gerecht zu werden. Die tragenden Säulen des Konzeptes sind dabei neben der Landwirtschaft, die weiterhin ökologisch und direktvermarktend ausgerichtet sein wird, die Säulen „Handel & Gewerbe“ sowie „Land-Gastwirtschaft und –Gastronomie“. Die detaillierte Ausgestaltung der einzelnen Säulen mit zum Teil bereits konkret identifizierten Interessierten aus lokalem Handel, Handwerk und Restauration ist ein integrativ-systemisches Ganzes, in dem auch der Aspekt „Aus- und Weiterbildung“ seinen Platz findet – modern und zukunftsgerichtet interpretiert. Auch wenn die Hochschule Fresenius sich, trotz Interesse an dem Konzept, aufgrund andersgearteter eigener Standortstrategie gegen eine Teilnahme an der Konzeptumsetzung ausgesprochen hat, wären andere mögliche gemeinnützige Partner wie der Internationale Bund durch die ULI bereits in Konzeptgespräche einbezogen worden, die ausreichende Finanz- und Handlungskraft besäßen, um zusammen mit kleineren Partnern wie Vertretern von traditionellen Handwerken das Gesamtkonzept umzusetzen.

Der ULI ist es dabei wichtig, dass auf der einen Seite zwar ausreichende Wirtschaftskraft hinter dem „Gassenbacher Hof 2.0“ stünde, um ihn auch erfolgreich etablieren und führen zu können, er andererseits aber in einer Gesellschaftsform geführt würde, die keinem einzelnen der Beteiligten Entscheidungsmacht und –befugnisse gäbe, die die Ziele der kleineren Partner erdrücken und ihnen kein ausreichendes Mitentscheidungsrecht überlassen würde.

Mitglied im „Gesunden Städtenetzwerk“ zu sein, bewirke zunächst faktisch nichts weiter und bleibe damit ein leeres Versprechen, meint Oestreich; ähnlich sei es bei Gütesiegeln wie „FairTrade Town Idstein“: „Das Konzept ‚Gassenbacher Hof 2.0‘ dagegen ist eine einmalige Chance für die Stadt Idstein, sich mit einem Vorzeigeprojekt im Nachhaltigkeitsdreieck von Ökonomie, Ökologie und Sozialem frisch und modern aufzustellen und gleichzeitig einen aktiven Beitrag zur Gewerbeförderung und zum Stadtmarketing, zur gesunden Ernährung der Bevölkerung und zum Erhalt von Frei- und Grünräumen und damit zur Lebensqualität in Idstein beizutragen.“

Der Forschungsbericht zum Kalmenhof-Krankenhaus ist öffentlich

Je nach Perspektive beschäftigt sich eine Stadtgesellschaft mit mehreren Themen gleichzeitig. Nicht nur zu Sondersitzungen in Sachen Tournesol, nein, auch zu einem schon länger währenden  Thema trat gestern am 22.01.2019 die Kalmenhof-Kommission zusammen. Auf der Tagesordnung stand der Umgang mit den Ergebnissen des Forschungsauftrages zum Krankenhaus und Gräberfeld.

 

Ergebnis 1:

Der Forschungsbericht zum Krankenhaus und Gräberfeld steht auf der Webseite der Vitos Rheingau online zur Verfügung. Somit ist der Weg frei, dass sich jede/r Interessierte sein eigenes Bild von den Forschungsergebnissen machen kann.

 

Ergebnis 2:

Der Forschungsbericht wird von den beiden Autoren Christoph Schneider und Dr. Harald Jenner im Rahmen einer Veranstaltung vorgestellt. Der anvisierte Termin liegt im März 2019 und die Veranstaltung soll im Sternensaal des Kalmenhofes stattfinden. Sobald wir Näheres wissen, informieren wir zeitnah.

Stadtspaziergang im Rahmen der Interkulturellen Woche

Der zunächst für den 23. September terminierte Stadtspaziergang im Rahmen der Interkuturellen Woche 2018, wird aufgrund des Tiefes „Fabienne“ auf den 29. September verschoben. Wir starten um 14.00 Uhr am alten Kinderfachkrankenhaus im Veitenmühlweg 9 zu unserem Rundgang.

Zunächst hören wir eine kurze Einleitung in das Thema Euthanasie von Thomas Klinkner, bevor Ursula Oestreich die Geschichte des Krankenhauses näher beleuchtet. Mittels einer Lesung aus Original-Interviews vermitteln Ursula Oestreich und Dr. Birgit Anderegg die Atmosphäre der damaligen Zeit und zeigen mögliche Parallelen zur Jetzt-Zeit auf.

Der Spaziergang endet auf der Direktorenwiese des Kalmenhofes. Dort beschäftigen wir uns mit der Zeit ab 1945 bis 1970 und den Bedingungen der Heimzöglinge in der Landesheilerziehungsanstalt Kalmenhof. Abschließend berichtet uns Frau Edeltraud Krämer (Geschäftsfüherin der Vitos Teilhabe gGmbH, Idstein) über die Reform der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bis hin zur Inklusion in der heutigen Zeit.

Je nach Intensität der Gespräche mit Ihnen rechnen wir mit einer Dauer von 1:30 bis 2:00 Stunden.

Volkstrauertag – ein stiller Gedenkspaziergang.

Volkstrauertag – ein stiller Gedenkspaziergang.

Zwanzig interessierte Bürgerinnen und Bürger trafen sich am vergangenen Volkstrauertag vor dem Gerberhaus in Idstein. Ziel war es, derer zu gedenken, die verfolgt und getötet wurden, weil deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung im nationalsozialistischen Deutschland als lebensunwert bezeichnet wurde.

Nach einigen einleitenden Worten zu den ca. 700 Euthanasie-Morden im Kalmenhof machte sich die Gruppe auf den Weg zur Gedenkstätte im Veitenmühlenberg. Ein kurzer Halt am alten Krankenhaus, mit der Kinderfachabteilung in den beiden oberen Etagen, wurde eingelegt. Dort wurden in der Zeit von 1939 bis 1945 Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen ermordet. Aber darüber hinaus wurden, wie am Beispiel von Ruth Pappenheimer aufgezeigt, auch Menschen getötet, die sich nicht in die nationalsozialistische Ideologie einpassen liessen.

Für alle diese Menschen wurde an der Gedenkstätte ein Kranz niedergelegt und eine Kerze entzündet.

Wie sehr das Thema die Teilnehmer berührte, zeigten die anschließend noch eine ganze Weile zusammenstehenden Gesprächsgruppen. Wie sich im Gesprächsverlauf zeigte, ist das Leben von zwei Teilnehmern des Gedenkspazierganges eng mit dem Kalmenhof verknüpft. Jetzt, im Alter, wird der Wunsch nach Klärung dringlich.

Weitere Informationen bietet die Webseite Kalmenhof-Gedenken.de an, insbesondere zur Lage des Gräberfeldes, welches vermutlich weitaus größer ist, als die jetzige Gedenkstätte vermuten lässt.

 

Beeindruckend – herzlichen Dank für die Teilnahme.

Kommentar zur Vergabe des Kalmenhof-Forschungsauftrages

Die Vergabe des Forschungsauftrages zur Geschichte des Kalmenhofes in der Zeit des Nationalsozialismus an die ausgewiesenen Experten Dr. Harald Jenner und Christoph Schneider ist erfreulich und zeigt Perspektiven für Idstein auf:

Bald 80 Jahre nach dem Beginn der systematischen, rassistisch intendierten Morde auf dem Kalmenhof, denen in der Zeit des Nationalsozialismus annähernd 750 als „unwert“ gebrandmarkte Menschen zum Opfer fielen, ist zu hoffen, dass nun alle noch in Archiven und andernorts befindlichen Fakten zum bisher nicht zweifelsfrei georteten Gräberfeld  auf dem Kalmenhof und zur Einbindung des Krankenhauses in die Mordmaschinerie öffentlich werden.

Hiermit kann eine Grundlage für den notwendigen und lange ausstehenden Vollzug eines Paradigmenwechsels in der Idsteiner Gedenkkultur geschaffen werden. Dass es nach wie vor eine  Gedenkhierarchie zu Ungunsten derjenigen gibt, die von den NS-Ideologen als „lebensunwert“ gebrandmarkt und ermordet wurden, ist auch in Idstein nicht bestreitbar.

Dr. Harald Jenner ist Mitautor der im Jahr 1987 erstmalig erschienenen Untersuchung  zur Geschichte der Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus (Titel: Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr).  Die Untersuchung ist nicht nur vorbildlich, sondern 2016 bereits in der dritten, aktualisierten Fassung erschienen. Für „Idsteiner Verhältnisse“ hat diese Publikation in mehrfacher Hinsicht „Leuchtturmfunktion“.  In der Neuauflage wird  nicht nur auf die lokale Gedenkkultur an verschiedenen Standorten eingegangen,  sondern auch ein Fokus auf die biografische Rekonstruktion von Lebensgeschichten Ermordeter gelegt; darunter auch Opfer, die in der „Kinderfachabteilung“ des Kalmenhofes ermordet wurde. Forschungsdesiderate, die für die umfassende  Darstellung der Geschichte des Kalmenhofes noch zu erfüllen sind.

Alleine aus den Alsterdorfer Anstalten wurden im Jahr 1943 52 Kinder unter menschenunwürdigsten Bedingungen nach Idstein deportiert und im dortigen Krankenhaus ermordet. Die Akten dieser Opfer sind weitgehend erhalten, ihre Biografien in Idstein unbekannt, während die sterblichen Überreste ihrer geschundenen Körper wie die der weiteren, vielen hundert Opfer auch heute noch so im anonymen, meist Massengrab liegen, wie es dem Wunsch der Täter entsprach.

Mit Blick auf den Idsteiner Ehrenfriedhof und den dort in Einzelgräbern mit individueller namentlicher Nennung Bestatteten wird die Gedenkhierarchie zu Ungunsten jener Menschen lokal fassbar, denen seitens des NS-Regimes das Recht auf Leben, auf eine würdige Bestattung und ein würdiges Gedenken abgesprochen wurde und die dieses, trotz der eindeutigen Rechtslage (Gräbergesetz der Bundesrepublik Deutschland) bis heute nicht erhalten haben.

Dass Christoph Schneider langjährige Expertise in der Erforschung der regionalen Gedenkkultur für Opfer der „Euthanasie“ vorzuweisen hat, sich wissenschaftlich/publizistisch mit der Gestaltung des Gräberfeldes für Opfer der „Euthanasie“ auf dem Frankfurter Hauptfriedhof befasst, und zum Gegenwartsbezug des Themenkomplexes (u.a. Das Subjekt der Euthanasie 2011) publiziert, lässt auf Ergebnisse der Studie hoffen, die neben den definierten Fragestellungen nach der Authentizität der Tatorte und der Lage der vermuteten Gräberfelder auch einen großräumigen Bezug der „Idsteiner Verhältnisse“ zur Gedenkkultur für die Opfer des Krankenmordes herstellen. Eine Fragestellung, die mit Blick auf die Verschiebungen in der politischen Landschaft und die Versuche, der Gedenkkultur die ethische Legitimationsgrundlage zu entziehen oder sie politisch umzudeuten, im Jahr 2017 aktueller ist denn je.

Martina Hartmann-Menz

Historikerin, Mitglied der Kalmenhof-Kommision