Unsere Fragen zur Bürgerversammlung 2018

Am 29. Mai 2018 fand die diesjährige Bürgerversammlung statt. Ca. 35-40 Bürgerinnen und Bürger hatten sich im Saal 1 der Stadthalle in Idstein eingefunden, außerdem die Amtsleiter, einige Magistratsmitglieder und Stadtverordnete. Pünktlich um 19.00 Uhr eröffnete der Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) die Versammlung. Nach einem kurzen Jahresrückblick, übergab er an Bürgermeister Christian Herfurth (CDU) – welcher direkt mit der Beantwortung der zahlreichen schriftlich eingereichten Fragen begann.

Wir möchten unsere eingereichten Fragen zunächst vorstellen, bevor wir in den nächsten Tagen die gegebenen Antworten und unsere Kommentare dazu veröffentlichen. Fühlen Sie sich auf jeden Fall eingeladen ebenfalls zu kommentieren, unsere Fragen, die Antworten und unsere Kommentare – wir freuen uns!

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Chance auf zukunftsfähige Neuaufstellung der Familien- & Seniorenakademie vertan

Da wird die CDU von allen anderen Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung am 3. Mai 2018 dafür gescholten, dass sie mal wieder unsozial sei. Und dabei kann man durchaus auch berechtigterweise die – zugegeben ungewohnte – Perspektive einnehmen, dass es diesmal alle waren, die mangelndes Verständnis für angemessene Sozialpolitik zeigten.

Wie das?

Wer den Artikel zum Thema in der Idsteiner Zeitung vom 05. Mai 2018 zur besagten Debatte nicht gelesen hat, weiß womöglich gar nicht, was die Familien- und Seniorenakademie (FSA) ist, um die es dabei geht. Und wer den Kommentar hierzu am selben Tag in derselben Zeitung gelesen hat, mag einen falschen Eindruck bekommen.

Denn auch, wenn es so klang (und vielleicht sogar in der Quintessenz so gewesen wäre), es ging im CDU-Antrag, der den Stein des Anstoßes bildete, zunächst nicht um die Auflösung der FSA. Vielmehr war beantragt, den bestehenden Vertrag mit den Kooperationspartnern vhs Rheingau-Taunus und Hochschule Fresenius zwar fristgerecht zu kündigen. Damit wäre aber eine  Situation geschaffen, die eine Neuverhandlung der bisherigen Konditionen durchaus erlaubt hätte.

Die ULI begrüßt ausdrücklich den Vorstoß der CDU als solchen. Sie hat versucht, einen Anfang zu finden, um einzelne Positiones des sowieso schon stark belasteten öffentlichen Haushalts auf den Prüfstand zu stellen. Dies wird mit der nächsten Haushaltsaufstellung noch kritischer notwendig sein als schon in der Vergangenheit, da große Mehrbelastungen durch die jährlichen zusätzlichen Verpflichtungen im Rahmen der HESSENKASSE auf Idstein zukommen. Größenordnung: fast 600.000 EUR pro Jahr – für die nächsten knapp acht Jahre.

Da wird man viele liebgewonnene und auch wertvolle Einrichtungen neu denken müssen.

Genau dies jedoch hat die CDU mit ihrem zunächst begrüßenswerten Antrag nicht getan – sie hat die FSA nicht neu gedacht. Sie hat keine Möglichkeiten aufgezeigt, wie man die öffentliche Hand entlasten kann, ohne dabei die FSA als solche einzustellen und ohne v.a. die Hauptzielgruppe, nämlich wirtschaftlich schlechtergestellte und/oder bildungsferne Gesellschaftsgruppen, um das bislang komplett kostenfreie Bildungsangebot der FSA zu bringen.

Das ist bedauerlich, denn angemessene Niederschwelligkeit kann durchaus erhalten bleiben, ohne die Vollalimentierung der FSA beizubehalten.

„FSA neu denken“

  • belastbare Analyse Teilnehmerstrukturen
  • Potential- & Zielgruppenanalyse
  • Restrukturierte Programmgestaltung gemäß Analysedaten
  • Gebühren-Clustering (inkl. kostenfrei) nach definierten Parametern
  • Bildungs-Patenschaften
  • offensives „Vermarktungs“konzept
  • Nachverhandlung bestehender Vertrag
  • Prüfung alternativer Trägerschaft
  • Alternative Rechtsform

Daher hätte die ULI es für klüger und zielführender im Sinne aller angesehen, wenn parallel zum Antrag der CDU diese ein Szenario skizziert hätte, mit dem man mit der Unterstützung mehrerer oder sogar aller Fraktionen im Stadtparlament in Nachverhandlungen des bestehenden Vertrages hätte gehen können – ungeachtet der sehr selbstbewussten Drohgebärde des vhs-Vertreters während der entsprechenden Ausschusssitzung:

Anstelle des bislang debattierten „Ganz (kostenfrei) oder gar nicht“ wäre die CDU gut beraten gewesen, im Zuge ihres Antrages für eine differenzierte, auf nachprüfbaren Parametern aufbauende solidarische Alternativ-Konzeptionierung der FSA zu werben. Diese Chance für eine politische Mehrheit und, darauf fußend, eine solide aufgestellte Verhandlungsposition hat die CDU ohne Not vertan. Auch ist sicherlich denkbar, als „Plan B“ (bei Weigerung der bisherigen Kooperationspartner, veränderten Vertragsbedingungen zuzustimmen)  eine alternative Rechtsform der FSA zu schaffen, die voll unter der Kontrolle der Stadt läge.

Bündnis 90/Die Grünen haben in derselben Sitzung zu anderem Thema richtigerweise gesagt, die Stadt solle sich das Zepter des Handelns nicht immer wieder aus der Hand nehmen lassen. Bei einer Neuverhandlung der FSA-Kooperation gilt dies genauso – entsprechende Möglichkeiten der Handlungsfreiheit als Chance zu erkennen und zu nutzen, ist von allen Fraktionen nicht gesehen und nicht genutzt worden.

Einmal mehr bleibt der ULI nur anzumerken, dass eine echte Debattenkultur mit ernsthaft Lösungs-orientiertem Denken und kreativer Innovationskraft im Idsteiner Stadtparlament nicht vorkommt. Ein Antrag ist ein Antrag ist ein Antrag – und wird in seiner vorgeschlagenen Form abgelehnt oder angenommen; jedoch nur äußerst selten als Ausgangsbasis für ein gemeinschaftliches Ringen um die beste Lösung für die Idsteinerinnen und Idsteiner begriffen.

 

Win-Win-Potential „FSA neu denken“

Wenn die Stadt Idstein die Durchführung der o.g. analytischen und konzeptionellen Denkanstöße „FSA neu denken“ in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fresenius durchführt, z.B. im Rahmen eines bei Fresenius zu bearbeitenden Forschungs-projektes, wird die Partnerschaftlichkeit mit dem FSA-Kooperationspartner gestärkt.

Dies wirkt sich förderlich auf die Solidarität im gemeinsamen Streben nach einem für Anbieter wie für die Kurs-Teilnehmer mittel- und langfristig tragfähigen gemeinschaftlichen Konzept aus.

So bleibt die FSA bis auf weiteres vollalimentiert – zum Wohle der ca. 2% Idsteinerinnen und Idsteiner, die von den FSA-Angeboten tatsächlich Gebrauch machen; und gleichzeitig zulasten der übrigen 98% aller Bürgerinnen und Bürger.

Qualitative Sozialpolitik unter durchdachter Anwendung des Solidarprinzips allerdings sieht anders aus.

Kommentar zur Vergabe des Kalmenhof-Forschungsauftrages

Die Vergabe des Forschungsauftrages zur Geschichte des Kalmenhofes in der Zeit des Nationalsozialismus an die ausgewiesenen Experten Dr. Harald Jenner und Christoph Schneider ist erfreulich und zeigt Perspektiven für Idstein auf:

Bald 80 Jahre nach dem Beginn der systematischen, rassistisch intendierten Morde auf dem Kalmenhof, denen in der Zeit des Nationalsozialismus annähernd 750 als „unwert“ gebrandmarkte Menschen zum Opfer fielen, ist zu hoffen, dass nun alle noch in Archiven und andernorts befindlichen Fakten zum bisher nicht zweifelsfrei georteten Gräberfeld  auf dem Kalmenhof und zur Einbindung des Krankenhauses in die Mordmaschinerie öffentlich werden.

Hiermit kann eine Grundlage für den notwendigen und lange ausstehenden Vollzug eines Paradigmenwechsels in der Idsteiner Gedenkkultur geschaffen werden. Dass es nach wie vor eine  Gedenkhierarchie zu Ungunsten derjenigen gibt, die von den NS-Ideologen als „lebensunwert“ gebrandmarkt und ermordet wurden, ist auch in Idstein nicht bestreitbar.

Dr. Harald Jenner ist Mitautor der im Jahr 1987 erstmalig erschienenen Untersuchung  zur Geschichte der Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus (Titel: Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr).  Die Untersuchung ist nicht nur vorbildlich, sondern 2016 bereits in der dritten, aktualisierten Fassung erschienen. Für „Idsteiner Verhältnisse“ hat diese Publikation in mehrfacher Hinsicht „Leuchtturmfunktion“.  In der Neuauflage wird  nicht nur auf die lokale Gedenkkultur an verschiedenen Standorten eingegangen,  sondern auch ein Fokus auf die biografische Rekonstruktion von Lebensgeschichten Ermordeter gelegt; darunter auch Opfer, die in der „Kinderfachabteilung“ des Kalmenhofes ermordet wurde. Forschungsdesiderate, die für die umfassende  Darstellung der Geschichte des Kalmenhofes noch zu erfüllen sind.

Alleine aus den Alsterdorfer Anstalten wurden im Jahr 1943 52 Kinder unter menschenunwürdigsten Bedingungen nach Idstein deportiert und im dortigen Krankenhaus ermordet. Die Akten dieser Opfer sind weitgehend erhalten, ihre Biografien in Idstein unbekannt, während die sterblichen Überreste ihrer geschundenen Körper wie die der weiteren, vielen hundert Opfer auch heute noch so im anonymen, meist Massengrab liegen, wie es dem Wunsch der Täter entsprach.

Mit Blick auf den Idsteiner Ehrenfriedhof und den dort in Einzelgräbern mit individueller namentlicher Nennung Bestatteten wird die Gedenkhierarchie zu Ungunsten jener Menschen lokal fassbar, denen seitens des NS-Regimes das Recht auf Leben, auf eine würdige Bestattung und ein würdiges Gedenken abgesprochen wurde und die dieses, trotz der eindeutigen Rechtslage (Gräbergesetz der Bundesrepublik Deutschland) bis heute nicht erhalten haben.

Dass Christoph Schneider langjährige Expertise in der Erforschung der regionalen Gedenkkultur für Opfer der „Euthanasie“ vorzuweisen hat, sich wissenschaftlich/publizistisch mit der Gestaltung des Gräberfeldes für Opfer der „Euthanasie“ auf dem Frankfurter Hauptfriedhof befasst, und zum Gegenwartsbezug des Themenkomplexes (u.a. Das Subjekt der Euthanasie 2011) publiziert, lässt auf Ergebnisse der Studie hoffen, die neben den definierten Fragestellungen nach der Authentizität der Tatorte und der Lage der vermuteten Gräberfelder auch einen großräumigen Bezug der „Idsteiner Verhältnisse“ zur Gedenkkultur für die Opfer des Krankenmordes herstellen. Eine Fragestellung, die mit Blick auf die Verschiebungen in der politischen Landschaft und die Versuche, der Gedenkkultur die ethische Legitimationsgrundlage zu entziehen oder sie politisch umzudeuten, im Jahr 2017 aktueller ist denn je.

Martina Hartmann-Menz

Historikerin, Mitglied der Kalmenhof-Kommision

Volkstrauertag – eine Einladung.

Der Volkstrauertag wird bereits seit den 1920ziger Jahren und seit 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen und erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen. Er ist ein staatlicher Gedenktag und gehört zu den sogenannten stillen Tagen.

Die zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag findet jeweils im Deutschen Bundestag statt. Eine Rede und ein Wort des Bundespräsidenten in Anwesenheit der Bundeskanzlerin, des Kabinetts und des Diplomatischen Corps ist üblich, ebenso die musikalische Gestaltung, das Spielen der Nationalhymne und des Liedes Der gute Kamerad.

Angelehnt an die Form der zentralen Gedenkstunde werden in allen Bundesländern und den meisten Städten und Gemeinden ebenfalls Gedenkstunden mit Kranzniederlegungen durchgeführt. Öffentliche Veranstaltungen sind am Volkstrauertag stark eingeschränkt. Das Sprechen des Totengedenkens durch den Bundespräsidenten wurde von Bundespräsident Theodor Heuss im Jahr 1952 eingeführt. (Quelle: Wikipedia.de)

Wie hält man es in Idstein mit dem Volkstrauertag?

Ein Blick in die Idsteiner Zeitung vom 28. Oktober diesen Jahres zeigt, daß einige Veranstaltungen am 19. November geplant sind. Gedenkfeiern, Andachten und Kranzniederlegungen an Ehren- und Kriegsdenkmälern in Idstein-Kern, Dasbach, Ehrenbach, Eschenhahn, Heftrich, Kröftel, Nieder-Oberrod, Oberauroff, Walsdorf und Wörsdorf.

Die aktuelle politische Entwicklung gemahnt uns weiterhin sensibel mit Erinnerung und Interpretation der Vergangenheit umzugehen. Das kommt auch im Text des Totengedenkens zum Ausdruck. Wir sind voller Hoffnung, daß die beiden beauftragten Historiker durch ihre Arbeit den vielen hundert Opfern des nationalsozialistischen Euthanasie-Programms im Idsteiner Kalmenhof ein Gesicht und damit ihre Würde wiedergeben..

Für die Idsteiner Stadtverordnetenversammlung ist der Kalmenhof mit seiner Geschichte ein bedeutender Teil der Idsteiner Stadthistorie. Dazu gehören auch die Unmenschlichkeiten und mörderischen Verbrechen, denen in der Nazi-Zeit auf diesem Gelände vermutlich über tausend Menschen, vor allem Kinder, zum Opfer gefallen sind. Die Möglichkeit des Gedenkens an die Ermordeten muss jetzt und in Zukunft stets in angemessener Weise sichergestellt sein …

Stadtverordnetenfraktionen von CDU, SPD, FWG, B90/Die Grünen und FDP

14. Juli 2016, Gemeinsamer Antrag

Das Totengedenken

„Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.
Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.
Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.
Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.
Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.
Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.
Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.
Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern,
und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.“

Joachim Gauck

11. Bundespräsident (2012-2017), Totengedenken

Für die ULI ist es eine ihrer Kernaufgaben, eine integrative Stadtgesellschaft zu fördern. Dazu gehört aus unserer Sicht die aktive Einbindung der Menschen, die im Kalmenhof leben, in die Stadtgesellschaft sowie die Erinnerung wachzuhalten an die Vergangenheit des Kalmenhofs während des Nationalsozialismusses.

Diese vergangene Zeit zeigt uns bis heute, wozu Menschen fähig sind – sobald sich die wertebezogenen Rahmenbedingungen ändern.

Einladung*

Die Unabhängige Liste lädt ein zum Gedenken der durch nationalsozialistische „Euthanasie“ in der Kinderfachabteilung ermordeten Menschen.

19. November 2017 um 12.30 Uhr
Treffpunkt vor dem Gerberhaus auf dem Löherplatz

Von dort gehen wir zur Gedenkstätte im Veitenmühlenweg, um gemeinsam einen Kranz niederzulegen und ein paar Worte des Erinnerns und Gedenkens zu sprechen.

*Vorbehaltlich der Erteilung der erforderlichen Genehmigungen durch die Stadt Idstein und den Landeswohlfahrtsverband.

Konzeptionell neu denken – Campus-Erweiterung als Chance zur doppelten Innenentwicklung

Im dieswöchigen Bau- und Planungsausschuß (BPA) stellte Sascha Kappes, Geschäftsführer der Hochschule Fresenius, seine Vorstellungen und Grobplanungen zur Campuserweiterung hier in Idstein vor.

Wenig erstaunlich, daß das vorgeschlagene Parkhaus mit drei Geschossen und vier Parkebenen nicht auf spontane Gegenliebe bei den Mitgliedern des BPAs stieß. Soll es doch auf der heutigen öffentlichen Parkfläche an der Wagenerstraße errichtet werden, wenn es nach Fresenius geht.

Daß dies nicht nur die Belichtung der Anliegerwohnungen und der auf die Parkfläche gerichteten Balkone beeinträchtigen würde, sondern die Bewohner auch mit Lärm und Abgasen belasten würde, haben etliche der BPA-Mitglieder durchaus erkannt. Das Bundesimmissionsschutzgesetz, das zwar bislang niemand in diesem Zusammenhang erwähnt hat, wird sicherlich dazu auch befragt werden müssen, wenn man sich denn für so eine Lösung entschiede.

Eins ist ja mal vollkommen klar, wir verzichten da auf überhaupt nichts. Die Parkplätze für die Öffentlichkeit sind ja nicht weg. Dieser Platz, seien wir mal ehrlich, ist sowieso nicht der schönste in Idstein, der kann nur gewinnen. Im Endergebnis wird das eine städtebaulich attraktive Lösung. Und so ein Parkhaus kann man ja auch so bauen, daß es für die Wohnungen dahinter einen Lärmschutz gegen die Wagenerstraße darstellt. Das wird eine ganz tolle Sache, für die Studierenden und für Idstein, das dadurch belebt wird.

Peter Piaskowski

Fraktionsführer CDU, - zitiert nach Mitschrift der ULI während des Haupt- und Finanzauschusses am 28. September 2017 -

Selbst wenn man der Sicht von Peter Piaskowski (CDU) folgen wollte, der zwei Tage nach der BPA-Debatte im Haupt- und Finanzausschuß versuchte, die augenfällige Unverträglichkeit wegzureden, selbst dann müßte man noch die Frage stellen und sehr ernsthaft prüfen, ob mit der fraglichen Fläche von ca. 2.200qm nicht eine für die Stadt (und Stadtkasse) gewinnbringendere Entwicklung durchgeführt werden könnte. Immerhin handelt es sich um das letzte innerstädtische Grundstück in städtischer Hand, das gemäß Bodenrichtwert einen Wert von € 800.000 hat.

Will man dieses letzte Sahnestück für ein Parkhaus weggeben um im Gegenzug nichts zu bekommen als die Wiederherstellung derselben Anzahl Parkplätze für die Öffentlichkeit, wie sie jetzt schon auf der freien Parkfläche vorhanden sind?

Die ULI meint, nein, so ein Grundstück will man nicht so einfach dafür hergeben, daß vor den Balkonen der Wagenerstraße die Autos der Studierenden in vier Lagen übereinander gestapelt werden können, während die Eigentümer der Fahrzeuge sich auf dem dann „mit erhöhter Aufenthaltsqualität attraktivierten“ Campus (Zitat Kappes) aufhalten.

Der soll nämlich anstelle der heutigen Campusparkplätze Grünanlagen erhalten. Und auch einen kleinen Teich hat man auf der ersten Grobskizze nicht einzuzeichnen vergessen, auch wenn man das an der Stelle sicherlich mal als architektenzeichnerische Freiheit betrachten darf.

Die ULI meint aber auch, daß man dennoch die Wünsche von Fresenius mit einer deutlich verträglicheren Lösung für die Stadt(kasse) und die Anwohner harmonisch unter einen Hut bekommen kann. Und dafür ist gar nicht mal so viel mehr nötig als der Wille, sich von den bislang vorgelegten Visualisierungen komplett zu lösen:

Die BPA-Mitglieder haben sich redlich gemüht, diese Visualisierungen durch kleine Veränderungen hie und dort verträglicher zu gestalten. Sie haben sich aber nicht lösen können von der Lokalisierung des gewünschten Parkhauses auf dem Standort Wagenerstraße und der Aufstockung des heutigen Postgebäudes, um mehr Seminar- und Aufenthaltsraum zu schaffen.

Das Foto zur ULI-Stellungnahme in Idsteiner Zeitung vom 29. September 2017 zeigt aber sehr schön, daß es eine elegante Alternative gibt:

Die Topografie des Campusgeländes hin zur heutigen Post gibt es quasi vor, anstelle des heutigen Postgebäudes mehrere Parkebenen zu schaffen. Diese sind von der Wagenerstraße und Im Hopfenstück nicht nur deutlich geringer optisch auffällig; die größere Entfernung zur Wohnbebauung und besagte Topographie vermindern auch Lärm- und Abgasbelästigung deutlich.

Wenn Fresenius dann die Parkplatzfläche von der Stadt anpachtet und dort in lockerer und ein- bis zweigeschossiger moderner Pavillonbauweise Seminarraum und Aufenthaltsraum schafft, der sich ggf. sogar Nichtstudierenden öffnet, dann kann in Richtung Anwohnerwohnungen ein weiterer grüner Aufenthaltsbereich angelegt werden, der denjenigen ergänzt, den sich Freseniums auf dem Campus wünscht. Und vielleicht bleibt ja sogar noch Raum für das eine oder andere kleine Geschäft, einen Coffeeshop o.ä.

Ein solches Mischangebot aus hochqualitativen Aufenthaltsorten im Freien wie in Gebäuden, der auch der Öffentlichkeit teilzugänglich ist, schafft den Brückenschlag zu einer deutliche Aufwertung des Wohnwertes für die Anwohner, ganz im Sinne der doppelten Innenentwicklung.

Ein echtes Bekenntnis von Fresenius für eine verläßlich Bindung an den Standort.
Eine echte Win-Win-Situation, die die ULI gerne zwischen Verwaltung, Fresenius und politischen Gremien zu vermitteln anbietet.

So baut man heute Pavillons: nachhaltige Baustoffe, pfiffiges Design und licht-luftige Formengebung und Ästhetik. Hier als Beispiel ein Konzepthaus der Firma Baufritz.

1. September – Gegen das Vergessen

Man stirbt zwei Mal:

Das erste Mal, wenn man aufhört zu atmen.

Das zweite Mal, wenn jemand zum letzten Mal deinen Namen sagt.

-Banksy

Mit einem unveröffentlichten und auf den 1. September 1939 zurückdatierten privatdienstlichen Schreiben Hitlers begann die geheim gehaltene Organisation der Massenermordung von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen im Deutschen Reich, die bis 1945 über 200 000 Patientinnen und Patienten das Leben kostete. Während bis August 1941 v. a. eine Zentralstelle in Berlin anhand der Patientenakten die Tötungsentscheidungen fällte und die Organisation der Transporte in sechs Tötungsanstalten durchführte, entschieden in den darauffolgenden Jahren die betreuenden Ärzte selbst in den jeweiligen Anstalten über Leben und Tod der Patientinnen und Patienten im Rahmen der sogenannten „wilden Euthanasie“.

Quelle: Bundesarchiv

Unsere eingereichten Fragen anläßlich der Bürgerversammlung vom 28. Juni 2017:

Im März 2017 hat die „Kalmenhof-Kommission“ beschlossen, einen unabhängigen Historiker damit zu beauftragen, Fragen zur weiteren Verwendung des ehemaligen Kinderfachkrankenhauses sowie der Lage des oder der Gräberfelder zu klären. Dazu folgende Fragen:

  • Wer wurde beauftragt?
  • Wann beginnt die Untersuchung des Gräberfeldes?
  • Wie lange wird die Untersuchung dauern?
  • Wer trägt die Kosten?
  • Wann wird das Ergebnis vorgestellt?
  • Wie sehen die anschließenden und nächsten Schritte aus?

Die zusammengefassten Antworten von Bürgermeister Herfurth:

Die Kosten für den zwischenzeitlich ausgeschriebenen Forschungsauftrag trägt die Vitos Rheingau. Bislang scheint noch keine Vergabe erfolgt zu sein, denn es wurde mit den Forschungsarbeiten bislang nicht begonnen. Der/Die Historker/in wird sich zunächst einarbeiten und man dürfe von einer Zeitspanne von 7-9 Monaten rechnen, bis ein erster Bericht vorliegt.

D.h. vor April/Mai 2018 kann man nicht mit einem ersten Ergebnis rechnen. Da kann man als interessierter Bürger und Bürgerin nur hoffen, gut Ding will Weile haben.

Heute haben Unbekannte auf dem vermuteten Gräberfeld des Idsteiner Kalmenhofes und am Tatort der Verbrechen, dem Kinderfachkrankenhaus, Blumen abgelegt und Kerzen entzündet, um an die vielen hundert Opfer des Krankenmordes zu erinnern, die auch mehr als 70 Jahre nach den Verbrechen anonym im Gelände verscharrt liegen, so wie es die Täter wollten.

Es ist an der Zeit, diesen Menschen ihre Namen
und damit auch ihre Würde zurückzugeben.

(Nürnberger Dokument PS-630)

Philipp Bouhler
Reichsleiter der NSDAP, Beauftragter für die Aktion T4, die systematische Ermordung von Kranken und Behinderten

Dr. med. Karl Brandt
chirurgischer Begleitarzt von Adolf Hitler, Beauftragter für die Aktion T4, die systematische Ermordung von Kranken und Behinderten