Da gruselt sich wer

In der letzten Stadtverordentenversammlung (StVV) vor der Sommerpause kam es zu einem ebenso seltenen wie – vordergründig – erfreulichen Abstimmungsergebnis: Einstimmig, ohne eine einzige Enthaltung, wurde beschlossen, daß für das Gebiet des Taubenbergs ein Bebauungsplan (B-Plan) erstellt werden solle. So einmütig sah man die StVV seltenst – alle Stadtverordnete einer Meinung!

Aber, halt, wirklich alle einer Meinung?
Oder nur vordergründig?

Nun, die Debatte war nicht nur polemisch, wie die Idsteiner Zeitung in ihren Eröffnungszeilen beurteilte. Sie war auch taktisch höchst raffiniert – und damit erfolgreich – von CDU und SPD geführt worden. Hierfür zumindest gebührt den beiden großen Parteien in der StVV der Respekt der ULI. Auch wenn wir gleichzeitig darüber erstaunt sind, wie sich v.a. FDP und FWG von dieser Taktik einwickeln ließen; offenbar ohne zu merken, welchem Vorhaben sie da eigentlich zugestimmt haben.

Nur eine Stunde vor Beginn der StVV am 29. Juni 2017 war Peter Piaskowski (rechts) noch beim Spatenstich „Generationenpark Wörsbachaue“ dabei – um im Anschluß selbst einen Grundstein zu legen: Denjenigen für die weit(er)gehende Versiegelung der verbliebenen Grünflächen am Taubenberg, sollte der B-Plan so kommen, wie bereits unterschwellig von CDU und SPD angedroht.

Denn wer genau hinhörte – oder auch nur den Artikel der IZ in den hier gelb unterlegten Passagen – genau las, merkte: Holla, da will doch die CDU mit ihrem Änderungsantrag ganz etwas anderes als das, was die FDP (und die Anwohner der sog. Taubenberg-Initiative) eigentlich heute anstrebt: Wenn die letztgenannten von „angepaßter Bebauung“ reden, dann wollen sie Gebäude mit erdrückender Wirkung und wuchtiger Kubatur verhindern, wie sie jetzt in der Bauvoranfrage der Unteren Bauaufsicht beim Rheingau-Taunus-Kreis vorgelegten wurden: Mit vier oder gar fünf von der Straße zu sehenden Geschossen.

 

Handskizze dessen, was als Bauvoranfrage für das Grundstück Taubenberg 12 eingereicht wurde.
Für größere Darstellung der von der Straße aus sichtbaren 5 Geschosse sowie der wuchtigen Abmessungen von alleine 23m Fassenfront: Hier klicken.

Was die CDU mit ihrem Änderungsantrag tatsächlich anstrebt, erscheint klar und wurde auch von der SPD durch Hans-Egon Baasch mit dräuendem Unterton benannt:
Wer meint, ein B-Plan verhindere derartige viel zu mächtige Gebäude, der wird gegebenenfalls ein ganz böses Erwachen haben. Denn wenn es nach dem geht, was CDU und SPD stützen und bei den bestehenden Mehrheiten absehbarerweise befürworten und durchfechten werden, dann läßt der zu erwartende B-Plan exakt derartige überdimensionierte Gebäude zu.
Und zwar nicht nur für das Grundstück Nr. 12, sondern für den gesamten Taubenberg, der dann in immer drangvollerer Enge neu erstehen wird.

Denn:
Ein derartiger B-Plan für den gesamten Taubenberg ermöglichte es jedem Käufer von Altbebauung, Bestandsgebäude abzureißen und nach den zukünftig gültigen Möglichkeiten der „Nachverdichtungs“bebauung neu zu errichten:

Vielgeschossig, mit Flachdach und Tiefgarage, für viele Parteien und damit erhöhtes Verkehrsaufkommen sorgend.

Und jeder, dem es dann einfällt, sein altes Gebäude um ein oder zwei Stockwerke zu erhöhen und breit-fassadig anzupassen, kann dies dann bei entsprechenden B-Planvorgaben ebenfalls.

Die ULI fragt sich weiter, wie die CDU ihren pfiffigen Vorstoß, auf diese Weise die immer wieder so schön geredete „Nachverdichtung“ im Innenraum rücksichtslos voranzutreiben, mit dem in Einklang bringen will, was ihr eigenes Magistratsmitglied Dieter Schnell noch im Oktober 2016 richtiger- und nachdenklicherweise in der IZ vorgebracht hat (leider allerdings ohne irgendwelche Problemlösungsansätze):
Daß eben jene Nachverdichtung ein Problem des sozialen Friedens, der psychologischen Belastung des einzelnen Bürgers und damit der zukünftigen Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger darstellt.

Das Heute und Morgen gilt es für die Menschen mitzugestalten […]. Wenn wir der Stadt verpflichtet sind, dann sind wir den Bürgern, die hier leben, verpflichtet, um die es letztendlich geht.

Die Anonymität ist in großen Städten nicht nur ein psychisches, sondern auch ein soziales Problem!Noch kennt man sich in Idstein, in diesem immer noch überschaubaren Mittelzentrum. Idstein ist keine Schlafstadt; die Belege hierfür müssen nicht aufgezählt werden.

Es ist und bleibt auch in Zukunft eine enorme Aufgabe, diese Qualität nach innen zu erhalten und auszubauen. Dies ist kein Wunschdenken.

Dieter Schnell

CDU, Stadtrat

Wenn also wirklich ein Gespenst in Idstein umgehen sollte, dann gruselt sich da wohl jemand davor, daß die Bevölkerung aufgewacht ist und sich nicht mehr alles klaglos gefallen läßt – z.B. in Form der Taubenberg-Initiative, an der übrigens auch direkt oder indirekt betroffene Stadtverordnete (Hölzel, SPD und Zarda, CDU) beteiligt sind.

Was uns alle gruseln sollte, ist die Schamlosigkeit der politischen Argumentation: Hat die CDU ihren Änderungsantrag für eine B-Plan-Aufstellung Taubenberg doch damit begründet, daß ein solches Procedere für ein einzelnes oder einige wenige Grundstücke viel zu aufwändig sei. Da fragt man sich im Hinblick auf das Grundstück Marktplatz 6/Escher Straße 8 – 10 schon, warum es da nicht ein einziges Hohnlachen bei FDP, FWG und Grünen gegeben hat, die zusammen mit der ULI gegen die dortige Änderungsplanung kämpft, die CDU und SPD willfährig durchsetzen wollen, um Investor Dietmar Bücher seine beiden Wunschbauten zu ermöglichen.

Uns alle sollte es auch bei dem Gedanken daran gruseln, daß die aktuelle Mehrheit aus CDU und SPD noch immer nicht begriffen hat, daß Stadtplanung und -entwicklung sich nicht darin erschöpfen darf, mehr und höhere Gebäude auf dem nun mal endlichen Raum innerhalb der Stadtgrenzen zu erlauben. Es bedeutet auch – wie CDU-Stadtrat Schnell sinniert – die Schaffung von Infrastruktur, den Erhalt von Lebensqualität und die Verhinderung von sozialen Problemen.

Daher gilt es innezuhalten,

um der Stadtgesellschaft aus Alt- und Neu-Idsteinern ein Zusammenwachsen zu ermöglichen

und

um nachzudenken, Szenarien zu entwerfen, Konsequenzen durchzuspielen, Interdependenzen zu analysieren und alles, was zu einer langfristig tragfähigen Konzeptionierung sonst noch gehört.

Entschlingung der Fakten

Am 08. Juni 2017 erschien der links untenstehende Artikel unter der Überschrift „Schlingnatter lähmt den Wohnungsbau“ in der FAZ. Daneben finden Sie den am 10.06.2017 an die FAZ versandten Leserbrief in Reaktion auf diesen Artikel, um einige unzureichende Aussagen des Artikels zu korrigieren bzw. zu ergänzen. Sowie ganz am Ende des Beitrages den Original-Leserbrief aus der Veröffentlichung der FAZ vom 19.06.2017 Nr. 139, S. 37.

Am 08. Juni 2017 erschien der Artikel „Schlingnatter lähmt Wohnungsbau“, von Oliver Bock. Er thematisierte eine geplante Änderung des Bebauungsplans (B-Plans) für ein Grundstück, das unmittelbar an Idsteins historische Altstadt grenzt. Die B-Plan-Änderung soll den Weg für die Errichtung zweier Flachdachbauten mit drei Wohnebenen plus Staffelgeschoß ebenen (nicht, wie im Artikel benannt, „zweieinhalb Geschosse“).

Das lokale Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ aus fünf verschiedenen Fraktionen, von denen drei in der Stadtverordnetenversammlung vertreten sind, sieht darin eine Bedrohung der denkmalgeschützten Altstadtsilhouette, die über das rein Ästhetische hinaus weitreichende Folgen haben wird, z.B. hinsichtlich der Stadtbelüftung, der Oberflächenwasserführung in die tallagige Altstadt sowie bzgl. des Wirtschaftsfaktors Tourismus. Diese realistische Befürchtung wird durch die unterstützende Unterschrift von mehr als 1.700 Bürgerinnen und Bürgern bekräftigt.

An dieser Stelle möchte das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ nur am Rande darauf hinweisen, daß der o.g. Artikel zum Teil ungenau recherchiert ist und bestimmte Tatsachen nicht korrekt wiedergibt.

  • Wichtig ist dem Aktionsbündnis allerdings, einige grundlegende Aussagen und ihre Interpretation richtigzustellen:
    Die Schlingnatter, deren Vorkommen in dem betreffenden Areal seit den frühen 1990er Jahren mehrfach in neutralen Datenbanken dokumentiert worden ist, gehört zu einer Gruppe von Tieren, die gemäß geltendem EU-Recht unter besonders strengen Schutz gestellt sind. Dieser gilt in seiner strengen Ausprägung ausdrücklich auch für Situationen der städtebaulichen Innenentwicklung, d.h. unabhängig von etwaigen ausgewiesenen Schutzgebieten.
  • Es ist daher nachgerade skandalös, daß während des nunmehr über zwei Jahre währenden B-Plan-Änderungsverfahrens keine der beteiligten Fachbehörden in den entsprechenden, auch durch sie akzessierbaren Datenbanken die dokumentierten Schlingnatternfunde recherchiert hat. Sie sind damit mindestens dem Sorgfaltsgebot nicht nachgekommen.
  • Die im Artikel benannten Funde von Häutungskleidern der Natternart aus den frühen 2000ern Jahren werden durch dokumentierende Datenbankeinträge, u.a. von Lebendtierfunden, aus den 1990er Jahren weiter in ihrer Brisanz gestützt. Herrn Bocks Feststellung, daß es manchem „merkwürdig“ erscheinen möge, daß die Häutungskleider in einer Zeit gefunden wurden, in der ein nahegelegenes Großbauprojekt umgesetzt wurde, ist nicht stichhaltig. Vielmehr ist es sogar naheliegend und plausibel, daß gerade in dieser Zeit Nattern durch das damalige Bauprojekt aus ihrem Habitat vertrieben wurden, statt ihnen den strengen von Recht und Gesetz geforderten Naturschutz angedeihen zu lassen.

Die Kritik von „Idstein wahrt sein Gesicht“ richtet sich daher eindeutig gegen die Fachbehörden, die hier – womöglich nicht zum ersten Mal – an höchst kritischer Stelle versagt haben; sowie gegen diejenigen Politiker der Stadtverordnetenversammlung, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen, das denkmalgeschützte historische Antlitz Idsteins nicht nachhaltig und schwerwiegend zu beschädigen.

Die Kritik des Aktionsbündnisses richtet sich dagegen ausdrücklich nicht, wie der Artikel suggeriert, gegen den Bauunternehmer Dietmar Bücher. Dieser wünscht zwar an der fraglichen Stelle die Erlaubnis, eine weder altstadtgemäße noch altstadtverträgliche moderne Flachdachbebauung umzusetzen; hat aber nicht die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis.

„Idstein wahrt sein Gesicht“ wird daher nicht nur bei diesem, sondern auch bei jedwedem vergleichbaren künftigen Projektbegehren – unabhängig von der Person des Bauherrn oder Investors – der behördlichen Sorgfaltspflicht genügendes und stadtpolitisch verantwortliches und nachhaltiges Handeln nachdrücklich einfordern.

Dr. Birgit Anderegg & Ursula Oestreich

Idstein

1.700 Bürgerinnen und Bürger – und mehrere Schlingnattern

Am 30.05.2017 tagte der Bau- und Planungsausschuß zum TOP „Änderung Bebauungsplan ‚Marktplatz 6 und Escher Straße 8 – 10‘ – Satzungsbeschluß“.

Selbiger wurde jedoch aufgrund eines zunächst zu erstellenden Umweltgutachtens zurückgestellt.

Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU), links, nimmt vor dem offiziellen Beginn der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses die mehr als 1.700 Unterschriften entgegen, die das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ im Laufe von drei Wochen bei den Bürgerinnen und Bürgern eingesammelt haben, die nicht damit einverstanden sind, daß weitere vierstöckige Flachdachbauten die Altstadtsilhouette weitergehend beeinträchtigen.

Ein solches artenschutzrechtliches Fachgutachten ist inzwischen zwingend notwendig, da kürzlich bekannt wurde, daß auf dem fraglichen Grundstück womöglich die streng geschützte Schlingnatter vorkommt. Das Ergebnis des Gutachtens wird die Möglichkeiten und eventuellen Auflagen hinsichtlich der Bebaubarkeit des Grundstücks maßgeblich mitbestimmen, da Artenschutz (zumal bei derart streng geschützten Arten wie der Schlingnatter) vorrangig vor Baurecht ist.

Mangelnde Sorgfaltspflicht der zuständigen Behörden

Offen bleibt, warum die untere Naturschutzbehörde die Information über mehrere Datenbankeinträge, die der AG Amphibien und Reptilien (AGAR) Hessen vorliegen und die  das Vorkommen der streng geschützten Natternart über einen Zeitraum mindestens eines Jahrzehnts immer wieder belegen, nicht spätestens im Zuge der Offenlegung kommuniziert hat.

Es ist schon bemerkenswert, daß im Verlauf des Bebauungsplanänderungsverfahrens zwar etliche Behörden und Verbände befragt wurden und ihre Stellungnahmen abgegeben haben, sich dort aber offenbar niemand bemüßigt gefühlt hat, die einschlägigen Dokumentationen auf relevante Einträge zu prüfen. Man könnte durchaus an dieser Stelle die Frage stellen, ob weitere geschützte Tier- und/oder Pflanzenarten auf dem fraglichen Gelände vorkommen und bislang nur niemand sich der Mühe (die eigentlich eine Pflicht ist) unterzogen hat, die entsprechenden vorhandenen Datenbanksätze dahingehend zu sichten.

Bemerkenswert ist auch, in welcher Form etliche Vertreter der CDU und SPD ihrem Unmut darüber Luft machten, daß  das nunmehr im dritten Jahr befindliche Verfahren nicht vor der Sommerpause beschlossen werden kann, um dem Grundstückseigentümer, dem Idsteiner Bauunternehmen Bücher, die bislang von ihm geplanten 4-stöckigen Flachbauten zu genehmigen.

Ihre Kritik richtete sich allerdings  nicht gegen die Behörden, die den nun gegebenen Sachverhalt faktisch verschulden, sondern gegen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die die mangelhafte Behördenarbeit öffentlich gemacht und damit womögliche folgenschwere rechtliche Konsequenzen für die Stadt verhindert hat.

Die ULI meint, daß die vorgetragenen Unmutsäußerungen und mehr oder minder versteckten Unterstellungen mehr über die Denkungsart und das politische Selbstverständnis der jeweiligen Ausschußmitglieder sagen als über die Sachlage selbst.

Peter Piaskowski (CDU) findet es „lächerlich, daß dieser Fund zwei Tage (sic) vor dem Satzungsbeschluß hervorgezaubert“ worden sei.

Sein Fraktionskollege Tom Roels ist besorgt, daß ein artenschutzrechtliches Fachgutachten ja die Funde bestätigen könnte, so daß es „sein könnte, daß wir dann auch im Umkreis von vielleicht mehreren Kilometern keine Bauvorhaben mehr gewähren“ könnten; und fragt sich laut, ob man den Satzungsbeschluß nicht einfach trotz allem fassen könne.

Aussagen von CDU-Ausschußmitgliedern

Helmut Urban (SPD) denkt in die gleiche Richtung, indem er nachfragt, was denn eigentlich passieren könne, wenn man in der Tat nicht das jetzt zwingend notwendige verwaltungsrechtlich relevante Prozedere einleite und den Satzungsbeschluß bis auf weiteres auf Eis lege. Die spontane Antwort seines Fraktionskollegen Hans-Egon Baasch, es könne „nichts“ geschehen, wurde immerhin von Dr. Dr. Andrik Abramenko (FDP) richtiggestellt:

Die Rechtssicherheit könne bei Mißachtung des Artenschutzaspektes nicht als gegeben angesehen werden und es wäre nicht unwahrscheinlich, daß ein sog. Normenkontrollverfahren eingeleitet würde.

Aussagen von SPD-Ausschußmitgliedern

Dies sieht die ULI selbstverständlich ebenso, war aber doch irritiert, daß sich Abramenko zwar letztlich sich dem Antrag auf ein artenschutzrechtliches Fachgutachten anschloß; sich aber dennoch bemüßigt fühlte anzumerken, daß er ein „erhebliches Mißbrauchspotential“ sähe. Worin genau dieses bestehen könnte, führte Abramenko nicht aus, dessen Fraktion der FDP immerhin dem Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ angehört. Schwang womöglich ähnliches mit, als Urban laut darüber sinnierte, daß „man dann ja einfach dem Nachbarn ein geschütztes Tier in den Garten werfen“ könne, wenn man ein Bauvorhaben verhindern wolle?

Die ULI fragt sich da schon, wie man darauf kommt, unterstellend nahezulegen, daß jemand eine streng geschützte (weil mittlerweile sehr seltene) Tierart, die man sich wohl kaum an jeder Ecke beschaffen kann, mit einem Vorlauf von ca. 25 Jahren vor dem Beginn der aktuellen Diskussion und über einen Zeitraum von einem Jahrzehnt immer wieder vermeintlich gezielt plaziert.

Nein - wenn an dieser Debatte etwas, wie Piaskowski es nannte, lächerlich war, dann derartige Gedankengänge, Unterstellungen und Verschwörungstheorien, die das zwischen Amüsement und Empörung schwankende Ausschuß-Auditorium da zu hören bekam.

Leider haben CDU und SPD letztlich verhindert, daß der entscheidende Punkt 2. des Antrages von Bündnis90/Die Grünen beschlossen wurde (dito: Ablehnung von Punkt 4). Damit ist der Antrag so geschwächt worden, daß bei der ULI große Bedenken hinsichtlich vor allem der fachlich kompetenten und unabhängigen Erstellung des artenschutzrechtlichen Gutachtens bestehen.

Dieses Unbehangen wird verstärkt durch die Tatsache, daß nur Stunden nach dem abendlichen Beschluß des jetzt leider etwas kraftlosen Antrags bereits ein Auftrag an das Planungsbüro Boehm + Frasch GmbH für ein entsprechendes Umweltgutachten vergeben worden war – das heißt an dasselbe Büro, das auch schon den ersten, vielfach als mangelhaft und ungenügend kritisierten Umweltbericht erstellt hat.

 

Ohne Artenschutzrechtliches Fachgutachten keine Rechtssicherheit

Die ULI hofft sehr, daß allen Beteiligten bewußt ist, daß es diesmal nicht um eine KANN-, sondern um eine MUSS-Konstellation geht, in der nach den Regeln von Sachverstand, Sorgfaltspflicht und Unabhängigkeit, unter Beachtung aller relevanten Anforderungen von bundesdeutschem wie europäischem Natur- und Artenschutzrecht vorgegangen werden muß.

Schlußendlich muß das artenschutzrechtliche Gutachten ja Rechtssicherheit herstellen, d.h. auch dem womöglich prüfenden Verwaltungsgerichtshof standhalten können.

Warten wir es also ab, ob die Schlingnatter nachgewiesen wird oder, alternativ, hinlänglich nachweist, daß es die fraglichen Arten in dem Gebiet eben nicht gibt.

Thomas Steckel, Altstadtbebewohner ohne Parteizugehörigkeit und Aktiver im Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“, mit den über 1.700 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die sich damit für den Erhalt einer harmonischen Altstadtsilhouette und gegen die Bebauungsplanänderung „Marktplatz 6“ in der aktuell vom Grundstückseigentümer gewünschten Form ausgesprochen haben.

Sollte letzteres der Fall sein, wird die Diskussion dort wiederaufgenommen, wo die Mandatsträger sie verlassen haben: bei der bislang nicht gegebenen städtebaulichen Angemessenheit der Ausgestaltung der vom Grundstückseigner gewünschten Baukörper – die von über 1.700 Bürgerinnen und Bürgern mittels Unterschriftsbezeugung an dieser höchst sensiblen Stelle der Altstadtsilhouette abgelehnt wird.

Eintausendsiebenhundertachtzehn

Thomas Steckel vom Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“

Eintausendsiebenhundertachtzehn

1.718 Unterschriften (mehr sind unterwegs) wurden bis zum 30. Mai 2017 vom Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ gesammelt, um die geplante Änderung der Bebauungsplanes für den Bereich „Marktplatz 6/Escher Straße 8-10“ zu verhindern. Ein klares Signal an die Stadtverordneten, insbesondere von CDU und SPD, ihre gefasste Meinung noch einmal zu überdenken.

Die Unterschriften wurden vor Beginn der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses an den Stadtverordetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) übergeben.

Nachdem in der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses der Antrag der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen in modifizierter Form angenommen wurde, heißt es jetzt das Ergebnis des Artenschutzrechtlichen Fachgutachtens abzuwarten, um zu sehen wie es weitergehen wird. Ein detaillierter Bericht von der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses folgt in Kürze.

Wir bleiben auf jeden Fall am Ball !

Thomas Steckel übergibt die 1.718 Unterschriften an den Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU)

Sitzung des Bau- und Planungsausschusses 30.05.2017

Am 30.05.2017 (um 19.00 Uhr in der Stadthalle Idstein, Saal 3) tritt der Bau- und Planungsausschuss (BPA) zu seiner nächsten Sitzung zusammen.

Vor der eigentlichen Sitzung wird das Aktionsbündnis aus Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Idstein, FDP Idsteiner Land, Freie Wählergemeinschaft Idstein e.V. (FWG Idstein), Die LINKE im Idsteiner Land, Unabhängige Liste e.V. Idstein (ULI), unterstützt von der Bürgerinitiative „Meine Altstadt“ und zahlreichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die in den letzten 20 Tagen gesammelten Unterschriften gegen die geplante Änderung des Bebauungsplanes an den Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) übergeben.

Die Tagesordnung beinhaltet folgende Punkte:

1 Genehmigung der letzten Niederschrift
2 Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Russisch Orthodoxe Kapelle – Auf der Au“, Idstein
3 Bauvoranfrage zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit Tiefgarage, Taubenberg 12, Idstein
4 1. Änderung Bebauungsplan „Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10“ – Satzungsbeschluss
5 Antrag der SPD-Fraktion betr. Beitritt der Stadt Idstein zur Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen (AGNH)
6 1. Änderung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Seelbacher Straße 70“
7 Mitteilungen des Magistrats
7.1 Bauvoranfrage zum Neubau eines Einfamilienwohnhauses, Am Pfarrberg 7a, Idstein-Heftrich
7.2 Bauantrag zum Neubau eines Fitnesscenters mit Praxen und Tiefgarage, Am Wörtzgarten 3, Idstein
7.3 Bauantrag zum An- und Umbau des Vereinsheims des SV 1920 Heftrich e.V., Sportanlage Idstein-Heftrich
7.4 Bauantrag zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, Am Hexenturm 2, Idstein
8 Sonstige Mitteilungen
9 Verschiedenes

Im Gegensatz zum Ortsbeirat Idstein-Kern, der diesen Punkt in seiner Sitzung vom 23.05.2017 mehrheitlich bis nach der Erstellung eines Artenschutzrechtlichen Fachgutachtens verschoben hat, kann es sein, dass der BPA mit der Stimmenmehrheit von CDU und SPD die Änderung des Bebauungsplanes „durchwinken“ wird. Der Ortsbeirat hat „nur“ eine beratende Funktion, im Gegensatz zum BPA, dessen Votum richtungsweisend für die Beratung in der Stadtverordnetenversammlung am 29. Juni 2017 sein wird. Dort, in der Stadtverordnetenversammlung, erfolgt die finale Entscheidung, ob der Bebauungsplan in der gewünschten Form geändert wird. Das Ganze findet vor dem Hintergrund des Antrages von Bündnis90/Die Grünen statt, was konkret heißt, dass das Bebauungsplanverfahren an dieser Stelle eigentlich zwingend erst einmal unterbrochen werden muss, bis das erforderliche Artenschutzrechtliche Fachgutachten vorliegt.

Da die Sitzung am 30.05.2017 öffentlich ist,
sollten Sie sich auf jeden Fall einen persönlichen Eindruck
von der Diskussion und der Entscheidung der Mandatsträger machen.

OBR Kern 23.05.2017

Dieses Zitat von Michelle Obama soll den Bericht von der Sitzung des Ortsbeirates Idstein-Kern am 23. Mai 2017 einleiten.

Vor ca. 100 interessierten Bürgerinnen und Bürgern, traten die Ortsbeiratsmitglieder zusammen, um unter vorübergehender Sitzungsleitung durch den stellvertretenden Ortsvorsteher Volker Nies (SPD) über den TOP 5 1. Änderung Bebauungsplan „Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10“ – Satzungsbeschluss zu beraten. Ortsvorsteher Wolfgang Heller (CDU) hatte sich gemäß §25 HGO für befangen erklärt und deswegen den Sitzungsraum vorübergehend verlassen.

Der Bauamtsleiter Axel Wilz führte in den Sachverhalt ein und erläuterte die Gründe der diversen Vertagungen. Anschließend stellte Timo Müller (Bündnis90/Die Grünen) einen Änderungsantrag (Inhalt siehe Kasten) und verwies darauf, daß der Umweltbericht (erstellt von Böhm + Frasch GmbH im Auftrag von Dietmar Bücher, Schlüsselfertiges Bauen) ohnehin zu knapp ausgefallen sei. Ferner werde geltendes EU-Recht berührt, daß keinesfalls zu missachten sei.

Haut einer Schlingnatter (Länge ca. 90 cm) gefunden auf dem Grundstück Marktplatz 6/Escher Straße 8-10

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur DS 110/2017 „1. Änderung Bebauungsplan ‚Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10‘ – Satzungsbeschluss“

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der TOP und damit der Satzungsbeschluss werden nochmals zurückgestellt.
  2. Die artenschutzrechtliche Ersteinschätzung ist nicht ausreichend und berücksichtigt insbesondere das gesichert und neutral dokumentierte Schlingnatternvorkommen auf dem Areal nicht. Der Vorhabenträger wird aufgrund der artenschutzrechtlichen Bedeutung des Schlingnatter-Biotops im Geltungsbereich des Bebauungsplans aufgefordert, durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Fachgutachter ein fundiertes artenschutzrechtliches Gutachten zum Vorkommen von Reptilien – insbesondere der nach Richtlinie 92/43/EWG, Anhang IV besonders geschützten Schlingnatter – erstellen zu lassen und vorzulegen.
  3. Der Umweltbericht ist entsprechend um die artenschutzrechtlichen Aussagen dieser artenschutzrechtlichen Prüfung zu ergänzen.
  4. Der Umweltbericht ist darüber hinaus um fundierte artenschutzrechtliche Aussagen zu folgenden Themenkomplexen zu erweitern:
  • Habitateignung sowie womögliches und tatsächliches Vorkommen von weiteren nach BNatSchG und/oder EU Artenschutzrichtlinien geschützten Tierarten, v.a. weiteren Reptilien und Amphibien, deren Lebensraum nach Anhang IV nicht zerstört werden darf
  • Habitateignung sowie womögliches und tatsächliches Vorkommen von nach BNatSchG und/oder EU Artenschutzrichtlinie geschützten Pflanzenarten. Es ist unter Hinweis auf dieses artenschutzrechtliche Gutachten und den ergänzten Umweltbericht eine nochmalige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchzuführen, wobei insbesondere der Rheingau-Taunus-Kreis (v. a. natürlich die Untere Naturschutzbehörde) sowie ggf. die übergeordneten Behörden und die anerkannten Naturschutzverbände um eine neue Stellungnahme gebeten werden.

Die SPD Ortsbeiratsmitglieder wurden durch den Stadtverordneten Hans-Egon Baasch (der zwar Rede- aber kein Stimmrecht im Ortsbeirat besitzt) tatkräftig unterstützt. Seine Ausführungen mäanderten durch die Baugeschichte der Idsteiner Altstadt und zeichneten sich durch unnötige Polemik aus.

Wie von Herrn Mengden, einem Mitglied des Aktionsbündnisses „Idstein wahrt sein Gesicht“, treffend auf den Punkt gebracht wurde, stellte der StV Baasch die engagierten Idsteinerinnen und Idsteiner als „dumm, uninformiert und Fake News verbreitend“ dar, deren „Aussagen ohne Gehalt“ seien. Die Reaktion im Zuschauerraum kann sich der geneigte Leser sicher vorstellen.

Die SPD schließt sich in ihrer Argumentation nahtlos an die der CDU an, die bereits vor einiger Zeit kundtat „Leider haben wir es in diesem Fall wohl auch eher mit alternativen Fakten statt mit der Wahrheit zu tun“ und weiter „Wir setzen uns für eine angepasste und dem Umfeld zuträgliche Bebauung an dieser Stelle ein, so wie es das Projekt umsetzt. Mit diesem Projekt haben wir eine weitere Chance Idstein voran zu bringen und weiter zu entwickeln. Diese Chance sollte wir nutzen statt sie kaputt zu reden“.

Der Empfehlung von Peter Piaskowski (CDU) „ein Blick in die Bürgerinformation auf der Homepage der Stadt Idstein reicht völlig um die Tatsachen beurteilen zu können“ kommen wir gerne nach. In der Begründung der Änderung des Bebauungsplanes kann man folgendes lesen:

Die topografischen Gegebenheiten, sowie die prominente Lage oberhalb historischer Altstadt, Rathaus und Hexenturm stellen den besonderen Reiz und gleichzeitig die Herausforderung dar. Für eine Neubebauung auf diesem Gelände bedarf es eines sensiblen Umgangs mit den umgebenden gewachsenen Strukturen, dem Baumbestand, der vorhandenen Topografie (Geländeterrassen auf Fels) sowie der Erschließung des Wohnhauses 8a, die über das Grundstück verläuft.

[…]

Die geplante Bebauung soll sich harmonisch in ihrer städtebaulichen Figur, Gestalt, Form und Nutzung in die umgebende gewachsene Struktur einfügen. Dabei sollen die topografischen Herausforderungen gestalterisch aufgenommen und zwischen den geschlossenen historischen Bebauung der Innenstadt unterhalb und der reinen Wohnnutzung oberhalb vermittelt werden (Brückenfunktion).

Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

© Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

© Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

Die zahlreichen Redebeiträge von Bürgerinnen und Bürgern sowie den anwesenden Stadtverordneten Andreas Ott (FWG) und Roland Hoffmann (FDP) verband der grundlegende Tenor, daß sich die Zeiten geändert haben und die Menschen in die Entscheidungen der Politik mehr eingebunden werden wollen. Daß der Bau eine große Zustimmung bei den Bürgern finden soll, um auch die Mandatsträger zu entlasten, sei eine der Lehren aus den Erfahrungen mit dem Bau von Hoch7, so der StV Ott.

Roswitha Regh ergänzte ihren Leserbrief in der Idsteiner Zeitung (siehe oben), um einen gleichermaßen emotionalen wie stichhaltigen Redebeitrag, der sich wie folgt überschreiben lässt: „Ich vermisse einen Anspruch. Den Anspruch, dem Stadtbild einen angemessenen Rahmen zu geben.“ Und Herr Mengden schickte in seinem Beitrag vorweg: „die Bürger sorgen sich um ihre Stadt und möchten nicht, dass sie beliebig wird.“ und ergänzend, daß die städteplanerische Entwicklung Idsteins eine Katastrophe sei, insbesondere im Hinblick auf das Nassauviertel und der jetzt entstehenden Bebauung des Taubenbergs, zusammengewürfelt und von wenig Sachverstand geprägt.

In einem Punkt waren sich jedoch alle Anwesenden einig, „wir wollen keine 08/15-Bebauung, sondern etwas vernünftiges“, wofür Herr Baasch auch Applaus erhielt.

Sitzung des Ortsbeirats Idstein-Kern am 23.05.2017

In der kommenden Woche tritt das Verfahren in die beschlussfassende Phase ein, wenn es am 30. Mai 2017 im Bau- und Planungsausschuss beraten wird. Vor der Sitzung wird das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ die bisher gesammelten Unterschriften gegen die geplante Änderung des Bebauungsplanes an der Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) überreichen. Um das bisherige Engagement zu unterstreichen, ist die zahlreiche Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern an der öffentlichen Sitzung des Bau- und Planungsausschusses hilfreich und notwendig.