1.700 Bürgerinnen und Bürger – und mehrere Schlingnattern

Am 30.05.2017 tagte der Bau- und Planungsausschuß zum TOP „Änderung Bebauungsplan ‚Marktplatz 6 und Escher Straße 8 – 10‘ – Satzungsbeschluß“.

Selbiger wurde jedoch aufgrund eines zunächst zu erstellenden Umweltgutachtens zurückgestellt.

Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU), links, nimmt vor dem offiziellen Beginn der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses die mehr als 1.700 Unterschriften entgegen, die das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ im Laufe von drei Wochen bei den Bürgerinnen und Bürgern eingesammelt haben, die nicht damit einverstanden sind, daß weitere vierstöckige Flachdachbauten die Altstadtsilhouette weitergehend beeinträchtigen.

Ein solches artenschutzrechtliches Fachgutachten ist inzwischen zwingend notwendig, da kürzlich bekannt wurde, daß auf dem fraglichen Grundstück womöglich die streng geschützte Schlingnatter vorkommt. Das Ergebnis des Gutachtens wird die Möglichkeiten und eventuellen Auflagen hinsichtlich der Bebaubarkeit des Grundstücks maßgeblich mitbestimmen, da Artenschutz (zumal bei derart streng geschützten Arten wie der Schlingnatter) vorrangig vor Baurecht ist.

Mangelnde Sorgfaltspflicht der zuständigen Behörden

Offen bleibt, warum die untere Naturschutzbehörde die Information über mehrere Datenbankeinträge, die der AG Amphibien und Reptilien (AGAR) Hessen vorliegen und die  das Vorkommen der streng geschützten Natternart über einen Zeitraum mindestens eines Jahrzehnts immer wieder belegen, nicht spätestens im Zuge der Offenlegung kommuniziert hat.

Es ist schon bemerkenswert, daß im Verlauf des Bebauungsplanänderungsverfahrens zwar etliche Behörden und Verbände befragt wurden und ihre Stellungnahmen abgegeben haben, sich dort aber offenbar niemand bemüßigt gefühlt hat, die einschlägigen Dokumentationen auf relevante Einträge zu prüfen. Man könnte durchaus an dieser Stelle die Frage stellen, ob weitere geschützte Tier- und/oder Pflanzenarten auf dem fraglichen Gelände vorkommen und bislang nur niemand sich der Mühe (die eigentlich eine Pflicht ist) unterzogen hat, die entsprechenden vorhandenen Datenbanksätze dahingehend zu sichten.

Bemerkenswert ist auch, in welcher Form etliche Vertreter der CDU und SPD ihrem Unmut darüber Luft machten, daß  das nunmehr im dritten Jahr befindliche Verfahren nicht vor der Sommerpause beschlossen werden kann, um dem Grundstückseigentümer, dem Idsteiner Bauunternehmen Bücher, die bislang von ihm geplanten 4-stöckigen Flachbauten zu genehmigen.

Ihre Kritik richtete sich allerdings  nicht gegen die Behörden, die den nun gegebenen Sachverhalt faktisch verschulden, sondern gegen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die die mangelhafte Behördenarbeit öffentlich gemacht und damit womögliche folgenschwere rechtliche Konsequenzen für die Stadt verhindert hat.

Die ULI meint, daß die vorgetragenen Unmutsäußerungen und mehr oder minder versteckten Unterstellungen mehr über die Denkungsart und das politische Selbstverständnis der jeweiligen Ausschußmitglieder sagen als über die Sachlage selbst.

Peter Piaskowski (CDU) findet es „lächerlich, daß dieser Fund zwei Tage (sic) vor dem Satzungsbeschluß hervorgezaubert“ worden sei.

Sein Fraktionskollege Tom Roels ist besorgt, daß ein artenschutzrechtliches Fachgutachten ja die Funde bestätigen könnte, so daß es „sein könnte, daß wir dann auch im Umkreis von vielleicht mehreren Kilometern keine Bauvorhaben mehr gewähren“ könnten; und fragt sich laut, ob man den Satzungsbeschluß nicht einfach trotz allem fassen könne.

Aussagen von CDU-Ausschußmitgliedern

Helmut Urban (SPD) denkt in die gleiche Richtung, indem er nachfragt, was denn eigentlich passieren könne, wenn man in der Tat nicht das jetzt zwingend notwendige verwaltungsrechtlich relevante Prozedere einleite und den Satzungsbeschluß bis auf weiteres auf Eis lege. Die spontane Antwort seines Fraktionskollegen Hans-Egon Baasch, es könne „nichts“ geschehen, wurde immerhin von Dr. Dr. Andrik Abramenko (FDP) richtiggestellt:

Die Rechtssicherheit könne bei Mißachtung des Artenschutzaspektes nicht als gegeben angesehen werden und es wäre nicht unwahrscheinlich, daß ein sog. Normenkontrollverfahren eingeleitet würde.

Aussagen von SPD-Ausschußmitgliedern

Dies sieht die ULI selbstverständlich ebenso, war aber doch irritiert, daß sich Abramenko zwar letztlich sich dem Antrag auf ein artenschutzrechtliches Fachgutachten anschloß; sich aber dennoch bemüßigt fühlte anzumerken, daß er ein „erhebliches Mißbrauchspotential“ sähe. Worin genau dieses bestehen könnte, führte Abramenko nicht aus, dessen Fraktion der FDP immerhin dem Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ angehört. Schwang womöglich ähnliches mit, als Urban laut darüber sinnierte, daß „man dann ja einfach dem Nachbarn ein geschütztes Tier in den Garten werfen“ könne, wenn man ein Bauvorhaben verhindern wolle?

Die ULI fragt sich da schon, wie man darauf kommt, unterstellend nahezulegen, daß jemand eine streng geschützte (weil mittlerweile sehr seltene) Tierart, die man sich wohl kaum an jeder Ecke beschaffen kann, mit einem Vorlauf von ca. 25 Jahren vor dem Beginn der aktuellen Diskussion und über einen Zeitraum von einem Jahrzehnt immer wieder vermeintlich gezielt plaziert.

Nein - wenn an dieser Debatte etwas, wie Piaskowski es nannte, lächerlich war, dann derartige Gedankengänge, Unterstellungen und Verschwörungstheorien, die das zwischen Amüsement und Empörung schwankende Ausschuß-Auditorium da zu hören bekam.

Leider haben CDU und SPD letztlich verhindert, daß der entscheidende Punkt 2. des Antrages von Bündnis90/Die Grünen beschlossen wurde (dito: Ablehnung von Punkt 4). Damit ist der Antrag so geschwächt worden, daß bei der ULI große Bedenken hinsichtlich vor allem der fachlich kompetenten und unabhängigen Erstellung des artenschutzrechtlichen Gutachtens bestehen.

Dieses Unbehangen wird verstärkt durch die Tatsache, daß nur Stunden nach dem abendlichen Beschluß des jetzt leider etwas kraftlosen Antrags bereits ein Auftrag an das Planungsbüro Boehm + Frasch GmbH für ein entsprechendes Umweltgutachten vergeben worden war – das heißt an dasselbe Büro, das auch schon den ersten, vielfach als mangelhaft und ungenügend kritisierten Umweltbericht erstellt hat.

 

Ohne Artenschutzrechtliches Fachgutachten keine Rechtssicherheit

Die ULI hofft sehr, daß allen Beteiligten bewußt ist, daß es diesmal nicht um eine KANN-, sondern um eine MUSS-Konstellation geht, in der nach den Regeln von Sachverstand, Sorgfaltspflicht und Unabhängigkeit, unter Beachtung aller relevanten Anforderungen von bundesdeutschem wie europäischem Natur- und Artenschutzrecht vorgegangen werden muß.

Schlußendlich muß das artenschutzrechtliche Gutachten ja Rechtssicherheit herstellen, d.h. auch dem womöglich prüfenden Verwaltungsgerichtshof standhalten können.

Warten wir es also ab, ob die Schlingnatter nachgewiesen wird oder, alternativ, hinlänglich nachweist, daß es die fraglichen Arten in dem Gebiet eben nicht gibt.

Thomas Steckel, Altstadtbebewohner ohne Parteizugehörigkeit und Aktiver im Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“, mit den über 1.700 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die sich damit für den Erhalt einer harmonischen Altstadtsilhouette und gegen die Bebauungsplanänderung „Marktplatz 6“ in der aktuell vom Grundstückseigentümer gewünschten Form ausgesprochen haben.

Sollte letzteres der Fall sein, wird die Diskussion dort wiederaufgenommen, wo die Mandatsträger sie verlassen haben: bei der bislang nicht gegebenen städtebaulichen Angemessenheit der Ausgestaltung der vom Grundstückseigner gewünschten Baukörper – die von über 1.700 Bürgerinnen und Bürgern mittels Unterschriftsbezeugung an dieser höchst sensiblen Stelle der Altstadtsilhouette abgelehnt wird.

Eintausendsiebenhundertachtzehn

Thomas Steckel vom Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“

Eintausendsiebenhundertachtzehn

1.718 Unterschriften (mehr sind unterwegs) wurden bis zum 30. Mai 2017 vom Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ gesammelt, um die geplante Änderung der Bebauungsplanes für den Bereich „Marktplatz 6/Escher Straße 8-10“ zu verhindern. Ein klares Signal an die Stadtverordneten, insbesondere von CDU und SPD, ihre gefasste Meinung noch einmal zu überdenken.

Die Unterschriften wurden vor Beginn der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses an den Stadtverordetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) übergeben.

Nachdem in der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses der Antrag der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen in modifizierter Form angenommen wurde, heißt es jetzt das Ergebnis des Artenschutzrechtlichen Fachgutachtens abzuwarten, um zu sehen wie es weitergehen wird. Ein detaillierter Bericht von der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses folgt in Kürze.

Wir bleiben auf jeden Fall am Ball !

Thomas Steckel übergibt die 1.718 Unterschriften an den Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU)

Sitzung des Bau- und Planungsausschusses 30.05.2017

Am 30.05.2017 (um 19.00 Uhr in der Stadthalle Idstein, Saal 3) tritt der Bau- und Planungsausschuss (BPA) zu seiner nächsten Sitzung zusammen.

Vor der eigentlichen Sitzung wird das Aktionsbündnis aus Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Idstein, FDP Idsteiner Land, Freie Wählergemeinschaft Idstein e.V. (FWG Idstein), Die LINKE im Idsteiner Land, Unabhängige Liste e.V. Idstein (ULI), unterstützt von der Bürgerinitiative „Meine Altstadt“ und zahlreichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die in den letzten 20 Tagen gesammelten Unterschriften gegen die geplante Änderung des Bebauungsplanes an den Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) übergeben.

Die Tagesordnung beinhaltet folgende Punkte:

1 Genehmigung der letzten Niederschrift
2 Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Russisch Orthodoxe Kapelle – Auf der Au“, Idstein
3 Bauvoranfrage zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit Tiefgarage, Taubenberg 12, Idstein
4 1. Änderung Bebauungsplan „Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10“ – Satzungsbeschluss
5 Antrag der SPD-Fraktion betr. Beitritt der Stadt Idstein zur Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen (AGNH)
6 1. Änderung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Seelbacher Straße 70“
7 Mitteilungen des Magistrats
7.1 Bauvoranfrage zum Neubau eines Einfamilienwohnhauses, Am Pfarrberg 7a, Idstein-Heftrich
7.2 Bauantrag zum Neubau eines Fitnesscenters mit Praxen und Tiefgarage, Am Wörtzgarten 3, Idstein
7.3 Bauantrag zum An- und Umbau des Vereinsheims des SV 1920 Heftrich e.V., Sportanlage Idstein-Heftrich
7.4 Bauantrag zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, Am Hexenturm 2, Idstein
8 Sonstige Mitteilungen
9 Verschiedenes

Im Gegensatz zum Ortsbeirat Idstein-Kern, der diesen Punkt in seiner Sitzung vom 23.05.2017 mehrheitlich bis nach der Erstellung eines Artenschutzrechtlichen Fachgutachtens verschoben hat, kann es sein, dass der BPA mit der Stimmenmehrheit von CDU und SPD die Änderung des Bebauungsplanes „durchwinken“ wird. Der Ortsbeirat hat „nur“ eine beratende Funktion, im Gegensatz zum BPA, dessen Votum richtungsweisend für die Beratung in der Stadtverordnetenversammlung am 29. Juni 2017 sein wird. Dort, in der Stadtverordnetenversammlung, erfolgt die finale Entscheidung, ob der Bebauungsplan in der gewünschten Form geändert wird. Das Ganze findet vor dem Hintergrund des Antrages von Bündnis90/Die Grünen statt, was konkret heißt, dass das Bebauungsplanverfahren an dieser Stelle eigentlich zwingend erst einmal unterbrochen werden muss, bis das erforderliche Artenschutzrechtliche Fachgutachten vorliegt.

Da die Sitzung am 30.05.2017 öffentlich ist,
sollten Sie sich auf jeden Fall einen persönlichen Eindruck
von der Diskussion und der Entscheidung der Mandatsträger machen.

Was machen eigentlich diese Ausschüsse?

Grundsätzlich kann man die Ausschüsse als Arbeitsebene der Stadtverordnetenversammlung betrachten, über Näheres gibt die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Idstein (in der Fassung vom 28. Juli 2016) Auskunft:

 

V. Ausschüsse

§ 10 Bildung von Ausschüssen

(1) Die Stadtverordnetenversammlung bildet aus ihrer Mitte ständige Ausschüsse oder vorübergehend tätige Ausschüsse zur Vorbereitung ihrer Beschlüsse.

(2) Die Stadtverordnetenversammlung bildet mindestens die drei folgenden ständigen Ausschüsse:

Ausschuss für Jugend, Umwelt, Kultur, Sport und Soziales (JUKSS)

 

Aufgabengebiet:
Alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die den Jugend-, Kultur-, Sport- und Sozialbereich betreffen sowie alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die den Umweltschutz betreffen.

Mandatsträger:

Vorsitzende
Petra Ludwig (CDU)

CDU-Fraktion
Ute Guckes-Westenberger
Britta Uhe
Daniel Zerbe

SPD-Fraktion
Dr. Rainer Dambeck
Sven Hölzel
Sieglinde Kilb

Mandatsträger:

FWG-Fraktion
Karin Gänßler
Albert Weber

Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Carsten Enge
Martin Stappel

FDP-Fraktion
Christian Ehrentraut

Bau- und Planungs-
ausschuss (BPA)

 

Aufgabengebiet:
Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Sanierung sowie sonstige Bauangelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung einschließlich kommunaler Bauvorhaben. Grundsatzfragen im Zusammenhang mit städtischen Betrieben und Einrichtungen.

Mandatsträger:

Vorsitzender
Steffen von der Heidt (CDU)

CDU-Fraktion
Wolfgang Heller
Tom Roels
Dr. Petra Schneider

SPD-Fraktion
Hans-Egon Baasch
Holger Schmerr
Helmut Urban

Mandatsträger:

FWG-Fraktion
Herbert Ott
Inga Rossow

Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Timo Müller
Annette Reineke-Westphal

FDP-Fraktion
Dr. Dr. Andrik Abramenko

Haupt- und Finanzausschuss (HFA)

 

Aufgabengebiet:
Alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung sowie alle Angelegenheiten mit finanziellen Auswirkungen; Angelegenheiten nach §§ 24 ff. BauGB.

Mandatsträger:

Vorsitzende
Dagmar Kraus (SPD)

CDU-Fraktion
Günther Lenz
Peter Piaskowski
Jens Rosam
Birgit Zarda

SPD-Fraktion
Ellen Maurer-Genc
Volker Nies

Mandatsträger:

FWG-Fraktion
Ursula Anton-Müller
Andreas Ott

Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Annette Reineke-Westphal
Gert Richter

FDP-Fraktion
Roland Hoffmann

(3) Die Stadtverordnetenversammlung beschließt vor dem in § 62 Abs. 2 HGO vorgesehenen Verfahren, wie viel Mitglieder jedem Ausschuss angehören. Die Ausschüsse setzen sich nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zusammen. Die Ausschussmitglieder
werden von den Fraktionen der Stadtverordnetenvorsteherin oder dem Stadtverordnetenvorsteher und nach der Konstituierung eines Ausschusses auch deren Vorsitzende oder dessen Vorsitzenden schriftlich benannt.

§ 12 Aufgaben
(1) Die Ausschüsse behandeln solche Angelegenheiten, die ihnen durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung oder durch die Stadtverordnetenvorsteherin oder den Stadtverordnetenvorsteher überwiesen werden. Werden mehrere Ausschüsse beteiligt, so
ist ein Ausschuss als federführend zu bezeichnen. Die Ausschüsse können auch sonstige Angelegenheiten ihres Zuständigkeitsbereiches erörtern, wenn die Mehrheit der anwesenden Ausschussmitglieder zustimmt.
(2) Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit verschiedener Ausschüsse gehören, sind, wenn die Ausschüsse nicht zu übereinstimmender Beurteilung gelangen, in der nächsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung auf Tagesordnung I zu behandeln.

§ 14 Teilnahmerecht an Sitzungen
(1) Zu allen Sitzungen der Ausschüsse sind der Stadtverordnetenvorstand, die Vorsitzenden der Fraktionen, Parteien und Wählergruppen auf die bei der Besetzung des Ausschusses kein Sitz entfallen ist, der Magistrat und die Ortsvorsteherinnen und
Ortsvorsteher durch das vorsitzende Mitglied des Ausschusses einzuladen. Hinsichtlich der Anwesenheit und Auskunftspflicht des Magistrates gilt § 20 Abs. 4 Sätze 2 und 3 der Geschäftsordnung entsprechend.
(2) Stimmrecht haben nur die Mitglieder der Ausschüsse, im Falle ihrer Verhinderung ihre Vertreterinnen oder Vertreter. Die Mitglieder des Stadtverordnetenvorstandes und die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen, auf die bei der Besetzung eines Ausschusses kein Sitz entfallen ist, haben das Recht, mit beratender Stimme an den Ausschusssitzungen teilzunehmen.

OBR Kern 23.05.2017

Dieses Zitat von Michelle Obama soll den Bericht von der Sitzung des Ortsbeirates Idstein-Kern am 23. Mai 2017 einleiten.

Vor ca. 100 interessierten Bürgerinnen und Bürgern, traten die Ortsbeiratsmitglieder zusammen, um unter vorübergehender Sitzungsleitung durch den stellvertretenden Ortsvorsteher Volker Nies (SPD) über den TOP 5 1. Änderung Bebauungsplan „Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10“ – Satzungsbeschluss zu beraten. Ortsvorsteher Wolfgang Heller (CDU) hatte sich gemäß §25 HGO für befangen erklärt und deswegen den Sitzungsraum vorübergehend verlassen.

Der Bauamtsleiter Axel Wilz führte in den Sachverhalt ein und erläuterte die Gründe der diversen Vertagungen. Anschließend stellte Timo Müller (Bündnis90/Die Grünen) einen Änderungsantrag (Inhalt siehe Kasten) und verwies darauf, daß der Umweltbericht (erstellt von Böhm + Frasch GmbH im Auftrag von Dietmar Bücher, Schlüsselfertiges Bauen) ohnehin zu knapp ausgefallen sei. Ferner werde geltendes EU-Recht berührt, daß keinesfalls zu missachten sei.

Haut einer Schlingnatter (Länge ca. 90 cm) gefunden auf dem Grundstück Marktplatz 6/Escher Straße 8-10

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur DS 110/2017 „1. Änderung Bebauungsplan ‚Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10‘ – Satzungsbeschluss“

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der TOP und damit der Satzungsbeschluss werden nochmals zurückgestellt.
  2. Die artenschutzrechtliche Ersteinschätzung ist nicht ausreichend und berücksichtigt insbesondere das gesichert und neutral dokumentierte Schlingnatternvorkommen auf dem Areal nicht. Der Vorhabenträger wird aufgrund der artenschutzrechtlichen Bedeutung des Schlingnatter-Biotops im Geltungsbereich des Bebauungsplans aufgefordert, durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Fachgutachter ein fundiertes artenschutzrechtliches Gutachten zum Vorkommen von Reptilien – insbesondere der nach Richtlinie 92/43/EWG, Anhang IV besonders geschützten Schlingnatter – erstellen zu lassen und vorzulegen.
  3. Der Umweltbericht ist entsprechend um die artenschutzrechtlichen Aussagen dieser artenschutzrechtlichen Prüfung zu ergänzen.
  4. Der Umweltbericht ist darüber hinaus um fundierte artenschutzrechtliche Aussagen zu folgenden Themenkomplexen zu erweitern:
  • Habitateignung sowie womögliches und tatsächliches Vorkommen von weiteren nach BNatSchG und/oder EU Artenschutzrichtlinien geschützten Tierarten, v.a. weiteren Reptilien und Amphibien, deren Lebensraum nach Anhang IV nicht zerstört werden darf
  • Habitateignung sowie womögliches und tatsächliches Vorkommen von nach BNatSchG und/oder EU Artenschutzrichtlinie geschützten Pflanzenarten. Es ist unter Hinweis auf dieses artenschutzrechtliche Gutachten und den ergänzten Umweltbericht eine nochmalige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchzuführen, wobei insbesondere der Rheingau-Taunus-Kreis (v. a. natürlich die Untere Naturschutzbehörde) sowie ggf. die übergeordneten Behörden und die anerkannten Naturschutzverbände um eine neue Stellungnahme gebeten werden.

Die SPD Ortsbeiratsmitglieder wurden durch den Stadtverordneten Hans-Egon Baasch (der zwar Rede- aber kein Stimmrecht im Ortsbeirat besitzt) tatkräftig unterstützt. Seine Ausführungen mäanderten durch die Baugeschichte der Idsteiner Altstadt und zeichneten sich durch unnötige Polemik aus.

Wie von Herrn Mengden, einem Mitglied des Aktionsbündnisses „Idstein wahrt sein Gesicht“, treffend auf den Punkt gebracht wurde, stellte der StV Baasch die engagierten Idsteinerinnen und Idsteiner als „dumm, uninformiert und Fake News verbreitend“ dar, deren „Aussagen ohne Gehalt“ seien. Die Reaktion im Zuschauerraum kann sich der geneigte Leser sicher vorstellen.

Die SPD schließt sich in ihrer Argumentation nahtlos an die der CDU an, die bereits vor einiger Zeit kundtat „Leider haben wir es in diesem Fall wohl auch eher mit alternativen Fakten statt mit der Wahrheit zu tun“ und weiter „Wir setzen uns für eine angepasste und dem Umfeld zuträgliche Bebauung an dieser Stelle ein, so wie es das Projekt umsetzt. Mit diesem Projekt haben wir eine weitere Chance Idstein voran zu bringen und weiter zu entwickeln. Diese Chance sollte wir nutzen statt sie kaputt zu reden“.

Der Empfehlung von Peter Piaskowski (CDU) „ein Blick in die Bürgerinformation auf der Homepage der Stadt Idstein reicht völlig um die Tatsachen beurteilen zu können“ kommen wir gerne nach. In der Begründung der Änderung des Bebauungsplanes kann man folgendes lesen:

Die topografischen Gegebenheiten, sowie die prominente Lage oberhalb historischer Altstadt, Rathaus und Hexenturm stellen den besonderen Reiz und gleichzeitig die Herausforderung dar. Für eine Neubebauung auf diesem Gelände bedarf es eines sensiblen Umgangs mit den umgebenden gewachsenen Strukturen, dem Baumbestand, der vorhandenen Topografie (Geländeterrassen auf Fels) sowie der Erschließung des Wohnhauses 8a, die über das Grundstück verläuft.

[…]

Die geplante Bebauung soll sich harmonisch in ihrer städtebaulichen Figur, Gestalt, Form und Nutzung in die umgebende gewachsene Struktur einfügen. Dabei sollen die topografischen Herausforderungen gestalterisch aufgenommen und zwischen den geschlossenen historischen Bebauung der Innenstadt unterhalb und der reinen Wohnnutzung oberhalb vermittelt werden (Brückenfunktion).

Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

© Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

© Architekturbüro H.-Peter Gresser BDA dwb

Die zahlreichen Redebeiträge von Bürgerinnen und Bürgern sowie den anwesenden Stadtverordneten Andreas Ott (FWG) und Roland Hoffmann (FDP) verband der grundlegende Tenor, daß sich die Zeiten geändert haben und die Menschen in die Entscheidungen der Politik mehr eingebunden werden wollen. Daß der Bau eine große Zustimmung bei den Bürgern finden soll, um auch die Mandatsträger zu entlasten, sei eine der Lehren aus den Erfahrungen mit dem Bau von Hoch7, so der StV Ott.

Roswitha Regh ergänzte ihren Leserbrief in der Idsteiner Zeitung (siehe oben), um einen gleichermaßen emotionalen wie stichhaltigen Redebeitrag, der sich wie folgt überschreiben lässt: „Ich vermisse einen Anspruch. Den Anspruch, dem Stadtbild einen angemessenen Rahmen zu geben.“ Und Herr Mengden schickte in seinem Beitrag vorweg: „die Bürger sorgen sich um ihre Stadt und möchten nicht, dass sie beliebig wird.“ und ergänzend, daß die städteplanerische Entwicklung Idsteins eine Katastrophe sei, insbesondere im Hinblick auf das Nassauviertel und der jetzt entstehenden Bebauung des Taubenbergs, zusammengewürfelt und von wenig Sachverstand geprägt.

In einem Punkt waren sich jedoch alle Anwesenden einig, „wir wollen keine 08/15-Bebauung, sondern etwas vernünftiges“, wofür Herr Baasch auch Applaus erhielt.

Sitzung des Ortsbeirats Idstein-Kern am 23.05.2017

In der kommenden Woche tritt das Verfahren in die beschlussfassende Phase ein, wenn es am 30. Mai 2017 im Bau- und Planungsausschuss beraten wird. Vor der Sitzung wird das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ die bisher gesammelten Unterschriften gegen die geplante Änderung des Bebauungsplanes an der Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) überreichen. Um das bisherige Engagement zu unterstreichen, ist die zahlreiche Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern an der öffentlichen Sitzung des Bau- und Planungsausschusses hilfreich und notwendig.

Demonstrativer Spaziergang

Wir von der ULI laden gemeinsam mit FWG, Bündnis90/Die Grünen und FDP alle interessierten und engagierten Bürgerinnen und Bürger zum demonstrativen Spaziergang ein.

Besuchen Sie mit uns die entscheidenden (Blick)Punkte und gewinnen Sie selbst ein Bild von der geplanten Änderung des Bebauungsplans.

Am 5. Mai 2017 um 17.00 Uhr

Treffpunkt Oberes Parkdeck
am Hexenturm