1. September – Gegen das Vergessen

Man stirbt zwei Mal:

Das erste Mal, wenn man aufhört zu atmen.

Das zweite Mal, wenn jemand zum letzten Mal deinen Namen sagt.

-Banksy

Mit einem unveröffentlichten und auf den 1. September 1939 zurückdatierten privatdienstlichen Schreiben Hitlers begann die geheim gehaltene Organisation der Massenermordung von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen im Deutschen Reich, die bis 1945 über 200 000 Patientinnen und Patienten das Leben kostete. Während bis August 1941 v. a. eine Zentralstelle in Berlin anhand der Patientenakten die Tötungsentscheidungen fällte und die Organisation der Transporte in sechs Tötungsanstalten durchführte, entschieden in den darauffolgenden Jahren die betreuenden Ärzte selbst in den jeweiligen Anstalten über Leben und Tod der Patientinnen und Patienten im Rahmen der sogenannten „wilden Euthanasie“.

Quelle: Bundesarchiv

Unsere eingereichten Fragen anläßlich der Bürgerversammlung vom 28. Juni 2017:

Im März 2017 hat die „Kalmenhof-Kommission“ beschlossen, einen unabhängigen Historiker damit zu beauftragen, Fragen zur weiteren Verwendung des ehemaligen Kinderfachkrankenhauses sowie der Lage des oder der Gräberfelder zu klären. Dazu folgende Fragen:

  • Wer wurde beauftragt?
  • Wann beginnt die Untersuchung des Gräberfeldes?
  • Wie lange wird die Untersuchung dauern?
  • Wer trägt die Kosten?
  • Wann wird das Ergebnis vorgestellt?
  • Wie sehen die anschließenden und nächsten Schritte aus?

Die zusammengefassten Antworten von Bürgermeister Herfurth:

Die Kosten für den zwischenzeitlich ausgeschriebenen Forschungsauftrag trägt die Vitos Rheingau. Bislang scheint noch keine Vergabe erfolgt zu sein, denn es wurde mit den Forschungsarbeiten bislang nicht begonnen. Der/Die Historker/in wird sich zunächst einarbeiten und man dürfe von einer Zeitspanne von 7-9 Monaten rechnen, bis ein erster Bericht vorliegt.

D.h. vor April/Mai 2018 kann man nicht mit einem ersten Ergebnis rechnen. Da kann man als interessierter Bürger und Bürgerin nur hoffen, gut Ding will Weile haben.

Heute haben Unbekannte auf dem vermuteten Gräberfeld des Idsteiner Kalmenhofes und am Tatort der Verbrechen, dem Kinderfachkrankenhaus, Blumen abgelegt und Kerzen entzündet, um an die vielen hundert Opfer des Krankenmordes zu erinnern, die auch mehr als 70 Jahre nach den Verbrechen anonym im Gelände verscharrt liegen, so wie es die Täter wollten.

Es ist an der Zeit, diesen Menschen ihre Namen
und damit auch ihre Würde zurückzugeben.

(Nürnberger Dokument PS-630)

Philipp Bouhler
Reichsleiter der NSDAP, Beauftragter für die Aktion T4, die systematische Ermordung von Kranken und Behinderten

Dr. med. Karl Brandt
chirurgischer Begleitarzt von Adolf Hitler, Beauftragter für die Aktion T4, die systematische Ermordung von Kranken und Behinderten

Ehre, wem Ehre gebührt – aber auch nur dem

Der geplante Ersatzbau für die ehemalige KiTa Escher Bogen wurde gestern im Ortsbereit Idstein-Kern im Detail vorgestellt, genauso wie, Stunden später, die nochmals veränderte Fassadengestaltung der Neubauplanung für den Eingang der Rodergasse (aus Richtung Wiesbadener Straße auf der rechten Seite, an die Christophorus Apotheke anschließend).

Was soll man sagen, wenn man die beiden architektonischen Entwürfe nebeneinander legt, die der Investor Krieger + Schramm, Dingelstädt zusammen mit der Fa. Planquadrat, Darmstadt für das Altstadttor aus Richtung Niedernhausen kommend sowie die Fa. Bücher zusammen mit SHP-Architekten, Darmstadt für das Pendant aus Richtung Autobahn vorgelegt haben?

Copyright: SHP-Architekten, Darmstadt und Dietmar Bücher – Schlüsselfertiges Bauen, Idstein

Der eine hat eine altstadtgerechte Fassadengestaltung vorgelegt und sie jetzt nochmals verbessert, indem er mit einem Zwerchhaus einen direkten Bezug zur angrenzenden historischen Bestandsbebauung hergestellt hat. Der andere schlägt vor, die Gestaltungssatzung für Bauten in der Altstadt außer Kraft zu setzen und einen Querriegel aus Flachdachbauten wie eine moderne Trutzmauer der Stadt zu errichten – eher an die abwehrende und ausgrenzende Funktion einer Stadtmauer gemahnend als eine Einladung zum Betreten und Genießen der Altstadt auszusprechen.

Copyright: Planquadrat, Darmstadt und Krieger + Schramm, Dingelstädt

Ehre, wem Ehre gebührt

Die ansprechende und altstadtgerechte Variante ist für den Bau der Fa. Bücher entworfen worden – eine positive Überraschung für alle, die die gängigen Bücher-Bauten in Idstein zur Genüge (und für manchen vielleicht auch zu Verdruß und Überdruß) kennt.

Hier jedoch ist im offenbar konstruktiven und v.a. produktiven Diskurs zwischen Magistrat, Unterer Denkmalpflege und Bauherrschaft ein rundum überzeugender gestalterischer Entwurf gelungen, wie die ULI findet.

Das Zwerchhaus (bzw. die Lukarne) ist ein ein- oder mehrgeschossiger Aufbau eines geneigten Daches. Es hat einen Giebel und ein eigenes Dach. Der Zwerchgiebel steht in der Flucht der Gebäudeaußenwand. Dadurch unterscheidet sich das Zwerchhaus von der Gaube, die unabhängig von den Außenwänden auf dem Dach positioniert ist. Das Dach des Zwerchhauses ist häufig als Satteldach ausgebildet. Dessen First verläuft quer (zwerch) zum Dachfirst des Hauptdachs. Entsprechend stehen die Traufen von Zwerchdach und Hauptdach rechtwinklig zueinander. Das Zwerchdach kann aber auch als Flach-, Zelt-, Pult- oder Walmdach ausgebildet sein.

Quelle: Wikipedia

Warum die Ortsbeiratsmitglieder ihre Zustimmung zu diesem harmonischen Vorschlag der Fa. Bücher nicht konsequenterweise auch in satzungsgemäße Forderungen nach entsprechender Gestaltung, zumindest was die Dach- und Fensterformen angeht, den Planern des Escher Bogen-Neubaus gegenüber formuliert, bleibt der ULI auch nach der langen und emotionalen Debatte am 15. August ein absolutes Rätsel.

Daß man solche Forderungen nicht nur stellen, sondern diese aufgrund ihrer intrinsischen Legitimität im konstruktiven Dialog mit Bauherrschaft und Architekten umsetzen kann, zeigt das höchst positive Beispiel der Bücher-Planung in der Rodergasse. Wenn diese Forderungen nun von der Politik und vom Magistrat nicht auch für die ehemalige Kita Escher Bogen gestellt werden, dann liegt es nahe, das schlicht als fehlenden stadtplanerischen und politischen Willen einer altstadtgerechten Bebauung auch am zweiten Eingangstor der Altstadt zu verstehen.

Es bleibt in der politische Verantwortung und Pflicht der nachfolgenden beschlußfassenden Gremien Bau- und Planungsausschuß (am 22.08.2017 um 19.00 Uhr Stadthalle, Saal 3) und Stadtverordnetenversammlung (am 07.09.2017 um 19.00 Uhr Stadthalle, Saal 1), den sich abzeichnenden stadtplanerischen Fehler noch zu korrigieren, der aus fehlender Weitsicht, offenbar gewordener Unkenntnis über Geltungsbereich und Kriterienkatalog der Altstadtsatzung und inkonsequenter und inkonsistenter Einzelbetrachtung einzelner Bauvorhaben anstelle einer stadtplanerischen zusammenhängenden Gesamtsicht auf die Eingangstore der Altstadt zu dem gestrigen Abstimmungsergebnis des Ortsbeirats Idstein-Kern führte.

Fragen und Antworten zur Bürgerversammlung 28.06.2017

Damit das Protokoll der Bürgerversammlung vom 28. Juni 2017 zumindest partiell in einen erklärenden Zusammenhang gestellt wird, stellen wir nachfolgend unsere Fragen dazu online. Gleichzeitig möchten wir Allen danken, die uns tatkräftig mit zugesandten Fragen unterstützt haben.

Fragen der ULI:

Protokoll der Bürgerversammlung:

Erosion der Altstadtsilhouette soll weitergehen

Urlaubszeit, heiße Tage – alle freuen sich, mal nicht arbeiten zu müssen.

Alle?

Nein, an mindestens einer „Baustelle“ wird kräftig in der Stille des beobachtungsfreien Sommerlochs gewerkelt:

Um das weitere Schicksal des Grundstücks der ehemaligen Kindertagesstätte am Parkplatz Escher Straße (im Bogen gegenüber ehemaliges Tafelgelände/ehemaliger Tengelmann an der Schützenhausstraße) war es im Jahr 2015 verdächtig ruhig geworden war, nachdem sie über den Verlauf mehrerer vorangegangener Jahre ziemlich viele ziemlich stark in Atem gehalten hat. Auch hatte sich an der Planung für dieses Grundstück eine hohe Welle der Bürgerempörung ausgelöst.

Übergabe von 700 Unterschriften: Sonja Herden überreicht sie vor der Parlamentssitzung an Stadtverordnetenvorsteher Christian Herfurth (CDU) und Bürgermeister Gerhard Krum (SPD) (rechts).
Foto: wita/Martin Fromme Idsteiner Zeitung 18.05.2013

Der geplante Ersatz wird jedoch wiederum in keiner Weise den baulichen Gestaltungsrichtlinien entsprechen, die in der gültigen Bausatzung für diesen Bereich festgeschrieben sind.

Daß die Kindertagesstätte ersetzt werden soll, ist eine Chance für unsere Altstadt und könnte, wenn man sensibel mit der Planung der Neubebauung umginge zu einer Stärkung und Aufwertung dieses zweiten Eingangstores zum denkmalgeschützten Altstadtensemble werden.

Denn die „Stadtväter“ haben vor ca. 30 Jahren aus sehr gutem Grund auch den Bereich des Kita-Geländes in die damals entworfene Bausatzung mit einbezogen. Die Kita, gebaut 1975 und mithin vor Aufstellung der Gestaltungssatzung, war nun einmal wie sie war. Sollte sie aber jemals – wie jetzt geplant – ersetzt werden, so hat man den Gültigkeitsbereich der Bausatzung zur Gestaltung darauf angelegt, den Fehler der Vergangenheit, als den das Kita-Gebäude schon aus damaliger Sicht erkennbar gewesen sein dürfte, zu korrigieren: Die Gestaltungssatzung fordert bis auf den heutigen Tag, nur (Neu-)Bauten zuzulassen, die der Altstadtkulisse gestalterisch angemessen Rechnung tragen.

Die damalige Empörung hat sich dabei aus derselben Quelle gespeist wie derjenige Unmut, dem über 1.700 Bürgerinnen und Bürger durch ihre Unterschrift zur Wahrung der Altstadtsilhouette vor der Sommerpause der Stadtverordnetenversammlung (StVV) Ausdruck verliehen haben: Das bauliche Erscheinungsbild unserer aus sehr gutem Grund denkmalgeschützten Altstadt wird sukzessive von allen Seiten her sehenden Auges durch modernistische Bauten zerstört.

Denn die ehemalige Kindertagesstätte – wahrlich kein Ausbund an Ästhetik und altstadtgerechter Architektur – soll nun zwar etwas ersetzt werden.

Die Bausatzung zur Gestaltung der Altstadt hat somit nicht nur eine schützende und bewahrende Funktion im Bestand, sondern darüber hinaus auf dem ehemaligen Kita-Gelände auch eine korrigierende gestalterische Kraft. Das ist auch gut und richtig so, denn Bauwerke sind nun einmal auf lange Bestandszeit angelegt – und das, was heute „modern“ erscheinen mag, kann schon morgen allgemein als „Bausünde“ angesehen werden. Die ehemalige Kita selbst, ein typischer „Tischtennisplatten“-Bau, wie sie zu hunderten in den 1970er Jahren als „zukunftsweisende Moderne“ in Deutschland entstanden sind, ist hierfür  eindrückliches Beispiel genug.

Kaum ist diese Chance einer nachhaltig zukunftsfähigen gestalterischen Korrektur für Idstein endlich greifbar, ist die Stadt aber auch schon wieder dabei, sie zu verspielen:
Das Grundstück ist bereits an Krieger + Schramm verkauft, die Kita wird zur Zeit entrümpelt und soll laut Bericht der IZ vom 17.07.2017 ab dem 7. August abgebrochen werden. Was dann errichtet wird, hat mit „Altstadt“ maximal insofern etwas zu tun, als es an die modernistische Ausführung eines mittelalterlichen Bauwerks gemahnen mag: Hoch, unnahbar, abweisend, trutzig.

Diese Empfindung ist nicht nur eine subjektive. Daß die geplanten Immobilien auch objektiv nichts mit dem zu tun haben, was unsere schöne historische Altstadt ausmacht, leitet sich direkt aus der Tatsache ab, daß politisch geplant ist, den Geltungsbereich der Gestaltungssatzung abzuändern und das Kita-Gelände wieder herauszunehmen. D.h. in dem Moment, in dem das gestalterische Korrektiv endlich greifen könnte, nimmt man ihm mutwillig seine Wirkungsmacht, um den Investorenwillen – einmal mehr – zu erfüllen.

Ein weiteres Beispiel, das untermauert, daß Idsteiner Baupolitik keinem souverän erarbeiteten Plan folgt, sondern opportunistisch auf fragmentarische Einzelanforderungen Dritter (Geldgeber) reagiert, ohne eine eigene Agenda oder mittel- bis langfristige Strategie damit zu bedienen.

Stadtplanung und politisch-gesellschaftlich verantwortliches Handeln geht anders.

Die entsprechenden politischen Beratungen und Entscheidungen zur Neubebauung der ehemaligen Kita Escher Str. werden ab August geführt. Startschuß ist im Ortsbeirat am 15. August und, darauf folgend, im Bau- und Planungsausschuß am 23. August. Beide Sitzungen sind öffentlich und damit Pflichttermine für jede/n, der oder dem es am Herzen liegt, daß unsere Altstadt nicht nun auch noch vom letzten verbliebenen Eingang her, der Escher Straße/Weiherwiese, erodiert wird – nach „Neubau HL-Markt“, Neubauplanung in der Rodergasse und der noch offenen Causa „Marktplatz 6/Escher Str. 8 – 10“ und mit dem schon von der A3 das Stadtbild dominierenden Hoch7/Steinkaut-Ensemble.

Die hohe Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt möchte er als Potenzial nutzen. Der neue Tegut mit Eine-Welt-Laden in der Schützenhausstraße mache deutlich, dass nichts unmöglich sei. Unmöglich wären für ihn als Bürgermeister hingegen hohe Bauten wie am Saarbrücker Platz. „Das wird es mit mir nicht geben.“ Auch das ehemalige Kita-Gelände an der Escher Straße müsse „behutsam entwickelt“ werden.

Christian Herfurth

in der Idsteiner Zeitung am 15.03.2013

Entschlingung der Fakten

Am 08. Juni 2017 erschien der links untenstehende Artikel unter der Überschrift „Schlingnatter lähmt den Wohnungsbau“ in der FAZ. Daneben finden Sie den am 10.06.2017 an die FAZ versandten Leserbrief in Reaktion auf diesen Artikel, um einige unzureichende Aussagen des Artikels zu korrigieren bzw. zu ergänzen. Sowie ganz am Ende des Beitrages den Original-Leserbrief aus der Veröffentlichung der FAZ vom 19.06.2017 Nr. 139, S. 37.

Am 08. Juni 2017 erschien der Artikel „Schlingnatter lähmt Wohnungsbau“, von Oliver Bock. Er thematisierte eine geplante Änderung des Bebauungsplans (B-Plans) für ein Grundstück, das unmittelbar an Idsteins historische Altstadt grenzt. Die B-Plan-Änderung soll den Weg für die Errichtung zweier Flachdachbauten mit drei Wohnebenen plus Staffelgeschoß ebenen (nicht, wie im Artikel benannt, „zweieinhalb Geschosse“).

Das lokale Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ aus fünf verschiedenen Fraktionen, von denen drei in der Stadtverordnetenversammlung vertreten sind, sieht darin eine Bedrohung der denkmalgeschützten Altstadtsilhouette, die über das rein Ästhetische hinaus weitreichende Folgen haben wird, z.B. hinsichtlich der Stadtbelüftung, der Oberflächenwasserführung in die tallagige Altstadt sowie bzgl. des Wirtschaftsfaktors Tourismus. Diese realistische Befürchtung wird durch die unterstützende Unterschrift von mehr als 1.700 Bürgerinnen und Bürgern bekräftigt.

An dieser Stelle möchte das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ nur am Rande darauf hinweisen, daß der o.g. Artikel zum Teil ungenau recherchiert ist und bestimmte Tatsachen nicht korrekt wiedergibt.

  • Wichtig ist dem Aktionsbündnis allerdings, einige grundlegende Aussagen und ihre Interpretation richtigzustellen:
    Die Schlingnatter, deren Vorkommen in dem betreffenden Areal seit den frühen 1990er Jahren mehrfach in neutralen Datenbanken dokumentiert worden ist, gehört zu einer Gruppe von Tieren, die gemäß geltendem EU-Recht unter besonders strengen Schutz gestellt sind. Dieser gilt in seiner strengen Ausprägung ausdrücklich auch für Situationen der städtebaulichen Innenentwicklung, d.h. unabhängig von etwaigen ausgewiesenen Schutzgebieten.
  • Es ist daher nachgerade skandalös, daß während des nunmehr über zwei Jahre währenden B-Plan-Änderungsverfahrens keine der beteiligten Fachbehörden in den entsprechenden, auch durch sie akzessierbaren Datenbanken die dokumentierten Schlingnatternfunde recherchiert hat. Sie sind damit mindestens dem Sorgfaltsgebot nicht nachgekommen.
  • Die im Artikel benannten Funde von Häutungskleidern der Natternart aus den frühen 2000ern Jahren werden durch dokumentierende Datenbankeinträge, u.a. von Lebendtierfunden, aus den 1990er Jahren weiter in ihrer Brisanz gestützt. Herrn Bocks Feststellung, daß es manchem „merkwürdig“ erscheinen möge, daß die Häutungskleider in einer Zeit gefunden wurden, in der ein nahegelegenes Großbauprojekt umgesetzt wurde, ist nicht stichhaltig. Vielmehr ist es sogar naheliegend und plausibel, daß gerade in dieser Zeit Nattern durch das damalige Bauprojekt aus ihrem Habitat vertrieben wurden, statt ihnen den strengen von Recht und Gesetz geforderten Naturschutz angedeihen zu lassen.

Die Kritik von „Idstein wahrt sein Gesicht“ richtet sich daher eindeutig gegen die Fachbehörden, die hier – womöglich nicht zum ersten Mal – an höchst kritischer Stelle versagt haben; sowie gegen diejenigen Politiker der Stadtverordnetenversammlung, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen, das denkmalgeschützte historische Antlitz Idsteins nicht nachhaltig und schwerwiegend zu beschädigen.

Die Kritik des Aktionsbündnisses richtet sich dagegen ausdrücklich nicht, wie der Artikel suggeriert, gegen den Bauunternehmer Dietmar Bücher. Dieser wünscht zwar an der fraglichen Stelle die Erlaubnis, eine weder altstadtgemäße noch altstadtverträgliche moderne Flachdachbebauung umzusetzen; hat aber nicht die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis.

„Idstein wahrt sein Gesicht“ wird daher nicht nur bei diesem, sondern auch bei jedwedem vergleichbaren künftigen Projektbegehren – unabhängig von der Person des Bauherrn oder Investors – der behördlichen Sorgfaltspflicht genügendes und stadtpolitisch verantwortliches und nachhaltiges Handeln nachdrücklich einfordern.

Dr. Birgit Anderegg & Ursula Oestreich

Idstein

Fragen zur Bürgerversammlung

Zunächst möchten wir uns herzlich für die aktive Teilnahme bedanken.

Nachfolgend finden Sie die Fragen, die die ULI beim Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda fristgerecht eingereicht hat.
Die Bürgerversammlung findet am 28. Juni 2017 um 19.00 Uhr in der Idsteiner Stadthalle statt.

Sollte sich noch die eine oder andere Frage kurzfristig ergeben, so haben Sie bis zum 20.06.2017 Zeit, diese im Rathaus abzugeben (adressiert an den Stadtverordnetenvorsteher).

Download

Fragen zur Bürgerversammlung 28.06.2017

1.700 Bürgerinnen und Bürger – und mehrere Schlingnattern

Am 30.05.2017 tagte der Bau- und Planungsausschuß zum TOP „Änderung Bebauungsplan ‚Marktplatz 6 und Escher Straße 8 – 10‘ – Satzungsbeschluß“.

Selbiger wurde jedoch aufgrund eines zunächst zu erstellenden Umweltgutachtens zurückgestellt.

Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU), links, nimmt vor dem offiziellen Beginn der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses die mehr als 1.700 Unterschriften entgegen, die das Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ im Laufe von drei Wochen bei den Bürgerinnen und Bürgern eingesammelt haben, die nicht damit einverstanden sind, daß weitere vierstöckige Flachdachbauten die Altstadtsilhouette weitergehend beeinträchtigen.

Ein solches artenschutzrechtliches Fachgutachten ist inzwischen zwingend notwendig, da kürzlich bekannt wurde, daß auf dem fraglichen Grundstück womöglich die streng geschützte Schlingnatter vorkommt. Das Ergebnis des Gutachtens wird die Möglichkeiten und eventuellen Auflagen hinsichtlich der Bebaubarkeit des Grundstücks maßgeblich mitbestimmen, da Artenschutz (zumal bei derart streng geschützten Arten wie der Schlingnatter) vorrangig vor Baurecht ist.

Mangelnde Sorgfaltspflicht der zuständigen Behörden

Offen bleibt, warum die untere Naturschutzbehörde die Information über mehrere Datenbankeinträge, die der AG Amphibien und Reptilien (AGAR) Hessen vorliegen und die  das Vorkommen der streng geschützten Natternart über einen Zeitraum mindestens eines Jahrzehnts immer wieder belegen, nicht spätestens im Zuge der Offenlegung kommuniziert hat.

Es ist schon bemerkenswert, daß im Verlauf des Bebauungsplanänderungsverfahrens zwar etliche Behörden und Verbände befragt wurden und ihre Stellungnahmen abgegeben haben, sich dort aber offenbar niemand bemüßigt gefühlt hat, die einschlägigen Dokumentationen auf relevante Einträge zu prüfen. Man könnte durchaus an dieser Stelle die Frage stellen, ob weitere geschützte Tier- und/oder Pflanzenarten auf dem fraglichen Gelände vorkommen und bislang nur niemand sich der Mühe (die eigentlich eine Pflicht ist) unterzogen hat, die entsprechenden vorhandenen Datenbanksätze dahingehend zu sichten.

Bemerkenswert ist auch, in welcher Form etliche Vertreter der CDU und SPD ihrem Unmut darüber Luft machten, daß  das nunmehr im dritten Jahr befindliche Verfahren nicht vor der Sommerpause beschlossen werden kann, um dem Grundstückseigentümer, dem Idsteiner Bauunternehmen Bücher, die bislang von ihm geplanten 4-stöckigen Flachbauten zu genehmigen.

Ihre Kritik richtete sich allerdings  nicht gegen die Behörden, die den nun gegebenen Sachverhalt faktisch verschulden, sondern gegen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die die mangelhafte Behördenarbeit öffentlich gemacht und damit womögliche folgenschwere rechtliche Konsequenzen für die Stadt verhindert hat.

Die ULI meint, daß die vorgetragenen Unmutsäußerungen und mehr oder minder versteckten Unterstellungen mehr über die Denkungsart und das politische Selbstverständnis der jeweiligen Ausschußmitglieder sagen als über die Sachlage selbst.

Peter Piaskowski (CDU) findet es „lächerlich, daß dieser Fund zwei Tage (sic) vor dem Satzungsbeschluß hervorgezaubert“ worden sei.

Sein Fraktionskollege Tom Roels ist besorgt, daß ein artenschutzrechtliches Fachgutachten ja die Funde bestätigen könnte, so daß es „sein könnte, daß wir dann auch im Umkreis von vielleicht mehreren Kilometern keine Bauvorhaben mehr gewähren“ könnten; und fragt sich laut, ob man den Satzungsbeschluß nicht einfach trotz allem fassen könne.

Aussagen von CDU-Ausschußmitgliedern

Helmut Urban (SPD) denkt in die gleiche Richtung, indem er nachfragt, was denn eigentlich passieren könne, wenn man in der Tat nicht das jetzt zwingend notwendige verwaltungsrechtlich relevante Prozedere einleite und den Satzungsbeschluß bis auf weiteres auf Eis lege. Die spontane Antwort seines Fraktionskollegen Hans-Egon Baasch, es könne „nichts“ geschehen, wurde immerhin von Dr. Dr. Andrik Abramenko (FDP) richtiggestellt:

Die Rechtssicherheit könne bei Mißachtung des Artenschutzaspektes nicht als gegeben angesehen werden und es wäre nicht unwahrscheinlich, daß ein sog. Normenkontrollverfahren eingeleitet würde.

Aussagen von SPD-Ausschußmitgliedern

Dies sieht die ULI selbstverständlich ebenso, war aber doch irritiert, daß sich Abramenko zwar letztlich sich dem Antrag auf ein artenschutzrechtliches Fachgutachten anschloß; sich aber dennoch bemüßigt fühlte anzumerken, daß er ein „erhebliches Mißbrauchspotential“ sähe. Worin genau dieses bestehen könnte, führte Abramenko nicht aus, dessen Fraktion der FDP immerhin dem Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ angehört. Schwang womöglich ähnliches mit, als Urban laut darüber sinnierte, daß „man dann ja einfach dem Nachbarn ein geschütztes Tier in den Garten werfen“ könne, wenn man ein Bauvorhaben verhindern wolle?

Die ULI fragt sich da schon, wie man darauf kommt, unterstellend nahezulegen, daß jemand eine streng geschützte (weil mittlerweile sehr seltene) Tierart, die man sich wohl kaum an jeder Ecke beschaffen kann, mit einem Vorlauf von ca. 25 Jahren vor dem Beginn der aktuellen Diskussion und über einen Zeitraum von einem Jahrzehnt immer wieder vermeintlich gezielt plaziert.

Nein - wenn an dieser Debatte etwas, wie Piaskowski es nannte, lächerlich war, dann derartige Gedankengänge, Unterstellungen und Verschwörungstheorien, die das zwischen Amüsement und Empörung schwankende Ausschuß-Auditorium da zu hören bekam.

Leider haben CDU und SPD letztlich verhindert, daß der entscheidende Punkt 2. des Antrages von Bündnis90/Die Grünen beschlossen wurde (dito: Ablehnung von Punkt 4). Damit ist der Antrag so geschwächt worden, daß bei der ULI große Bedenken hinsichtlich vor allem der fachlich kompetenten und unabhängigen Erstellung des artenschutzrechtlichen Gutachtens bestehen.

Dieses Unbehangen wird verstärkt durch die Tatsache, daß nur Stunden nach dem abendlichen Beschluß des jetzt leider etwas kraftlosen Antrags bereits ein Auftrag an das Planungsbüro Boehm + Frasch GmbH für ein entsprechendes Umweltgutachten vergeben worden war – das heißt an dasselbe Büro, das auch schon den ersten, vielfach als mangelhaft und ungenügend kritisierten Umweltbericht erstellt hat.

 

Ohne Artenschutzrechtliches Fachgutachten keine Rechtssicherheit

Die ULI hofft sehr, daß allen Beteiligten bewußt ist, daß es diesmal nicht um eine KANN-, sondern um eine MUSS-Konstellation geht, in der nach den Regeln von Sachverstand, Sorgfaltspflicht und Unabhängigkeit, unter Beachtung aller relevanten Anforderungen von bundesdeutschem wie europäischem Natur- und Artenschutzrecht vorgegangen werden muß.

Schlußendlich muß das artenschutzrechtliche Gutachten ja Rechtssicherheit herstellen, d.h. auch dem womöglich prüfenden Verwaltungsgerichtshof standhalten können.

Warten wir es also ab, ob die Schlingnatter nachgewiesen wird oder, alternativ, hinlänglich nachweist, daß es die fraglichen Arten in dem Gebiet eben nicht gibt.

Thomas Steckel, Altstadtbebewohner ohne Parteizugehörigkeit und Aktiver im Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“, mit den über 1.700 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die sich damit für den Erhalt einer harmonischen Altstadtsilhouette und gegen die Bebauungsplanänderung „Marktplatz 6“ in der aktuell vom Grundstückseigentümer gewünschten Form ausgesprochen haben.

Sollte letzteres der Fall sein, wird die Diskussion dort wiederaufgenommen, wo die Mandatsträger sie verlassen haben: bei der bislang nicht gegebenen städtebaulichen Angemessenheit der Ausgestaltung der vom Grundstückseigner gewünschten Baukörper – die von über 1.700 Bürgerinnen und Bürgern mittels Unterschriftsbezeugung an dieser höchst sensiblen Stelle der Altstadtsilhouette abgelehnt wird.

Eintausendsiebenhundertachtzehn

Thomas Steckel vom Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“

Eintausendsiebenhundertachtzehn

1.718 Unterschriften (mehr sind unterwegs) wurden bis zum 30. Mai 2017 vom Aktionsbündnis „Idstein wahrt sein Gesicht“ gesammelt, um die geplante Änderung der Bebauungsplanes für den Bereich „Marktplatz 6/Escher Straße 8-10“ zu verhindern. Ein klares Signal an die Stadtverordneten, insbesondere von CDU und SPD, ihre gefasste Meinung noch einmal zu überdenken.

Die Unterschriften wurden vor Beginn der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses an den Stadtverordetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) übergeben.

Nachdem in der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses der Antrag der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen in modifizierter Form angenommen wurde, heißt es jetzt das Ergebnis des Artenschutzrechtlichen Fachgutachtens abzuwarten, um zu sehen wie es weitergehen wird. Ein detaillierter Bericht von der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses folgt in Kürze.

Wir bleiben auf jeden Fall am Ball !

Thomas Steckel übergibt die 1.718 Unterschriften an den Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU)

Sitzung des Bau- und Planungsausschusses 30.05.2017

Am 30.05.2017 (um 19.00 Uhr in der Stadthalle Idstein, Saal 3) tritt der Bau- und Planungsausschuss (BPA) zu seiner nächsten Sitzung zusammen.

Vor der eigentlichen Sitzung wird das Aktionsbündnis aus Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Idstein, FDP Idsteiner Land, Freie Wählergemeinschaft Idstein e.V. (FWG Idstein), Die LINKE im Idsteiner Land, Unabhängige Liste e.V. Idstein (ULI), unterstützt von der Bürgerinitiative „Meine Altstadt“ und zahlreichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die in den letzten 20 Tagen gesammelten Unterschriften gegen die geplante Änderung des Bebauungsplanes an den Stadtverordnetenvorsteher Thomas Zarda (CDU) übergeben.

Die Tagesordnung beinhaltet folgende Punkte:

1 Genehmigung der letzten Niederschrift
2 Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Russisch Orthodoxe Kapelle – Auf der Au“, Idstein
3 Bauvoranfrage zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit Tiefgarage, Taubenberg 12, Idstein
4 1. Änderung Bebauungsplan „Marktplatz 6 und Escher Straße 8-10“ – Satzungsbeschluss
5 Antrag der SPD-Fraktion betr. Beitritt der Stadt Idstein zur Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen (AGNH)
6 1. Änderung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Seelbacher Straße 70“
7 Mitteilungen des Magistrats
7.1 Bauvoranfrage zum Neubau eines Einfamilienwohnhauses, Am Pfarrberg 7a, Idstein-Heftrich
7.2 Bauantrag zum Neubau eines Fitnesscenters mit Praxen und Tiefgarage, Am Wörtzgarten 3, Idstein
7.3 Bauantrag zum An- und Umbau des Vereinsheims des SV 1920 Heftrich e.V., Sportanlage Idstein-Heftrich
7.4 Bauantrag zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, Am Hexenturm 2, Idstein
8 Sonstige Mitteilungen
9 Verschiedenes

Im Gegensatz zum Ortsbeirat Idstein-Kern, der diesen Punkt in seiner Sitzung vom 23.05.2017 mehrheitlich bis nach der Erstellung eines Artenschutzrechtlichen Fachgutachtens verschoben hat, kann es sein, dass der BPA mit der Stimmenmehrheit von CDU und SPD die Änderung des Bebauungsplanes „durchwinken“ wird. Der Ortsbeirat hat „nur“ eine beratende Funktion, im Gegensatz zum BPA, dessen Votum richtungsweisend für die Beratung in der Stadtverordnetenversammlung am 29. Juni 2017 sein wird. Dort, in der Stadtverordnetenversammlung, erfolgt die finale Entscheidung, ob der Bebauungsplan in der gewünschten Form geändert wird. Das Ganze findet vor dem Hintergrund des Antrages von Bündnis90/Die Grünen statt, was konkret heißt, dass das Bebauungsplanverfahren an dieser Stelle eigentlich zwingend erst einmal unterbrochen werden muss, bis das erforderliche Artenschutzrechtliche Fachgutachten vorliegt.

Da die Sitzung am 30.05.2017 öffentlich ist,
sollten Sie sich auf jeden Fall einen persönlichen Eindruck
von der Diskussion und der Entscheidung der Mandatsträger machen.